Forschung zu Stereotypen: Laura Froehlich erhält Venia Legendi
Die Psychologin hat in ihrer Habilitation Stereotype zu Ethnizität und Geschlecht erforscht. Ihr ist wichtig, dass Menschen das persönliche Potenzial besser ausschöpfen können.
Menschen neigen zu Schubladendenken. Auch ihre soziale Umwelt sortieren sie oft entlang oberflächlicher Muster. Für das Zusammenleben hat das handfeste Folgen. „Stereotype über Gruppen sind stark verbunden mit dem Status, den sie in der Gesellschaft haben“, weiß PD Dr. Laura Froehlich. „Zu Gruppen mit höherem Status bestehen auch positivere Stereotype.“ Die Wissenschaftlerin der FernUniversität in Hagen hat jahrelang intensiv zum Thema geforscht. Jetzt hat ihr die Fakultät für Psychologie die Venia Legendi verliehen. Froehlichs Habilitation besteht aus mehreren Einzelstudien und trägt den Titel Stereotypes about Ethnicity and Gender and their Consequences in the Educational and Occupational Domain within and across Cultures. „Der Fokus liegt auf Stereotypen in Bezug auf Ethnizität und Geschlecht“, skizziert die Sozialpsychologin die zwei Hauptstränge ihrer Arbeit. Beim Begriff Ethnizität geht es um die kulturelle Identität und Herkunft von Personen. „Ich habe mir die Konsequenzen von Stereotypen im Bildungs- und im beruflichen Bereich angeschaut.“ So untersuchte sie schwerpunktmäßig Schüler:innen mit Migrationshintergrund und Geschlechterungleichheiten in der Jobwelt.
„Menschen sollten ihr persönliches Potenzial so gut es geht ausnutzen – und Stereotype können dem entgegenstehen und Bildungswege beeinflussen.“ Werden Personen mit Migrationshintergrund zum Beispiel immer wieder mit ihrer Gruppenzugehörigkeit und dem Vorurteil konfrontiert, sie sprächen nicht gut Deutsch, kann das ihre Leistung in Tests schmälern. Je mehr über solche psychologischen Zusammenhänge bekannt ist, desto wirksamer lässt sich gegensteuern.
Kulturumspannende Sicht
Als Wissenschaftlerin setzt sich Laura Froehlich für mehr Diversität und Chancengleichheit ein. Ihre Arbeit ist von einer interkulturellen Sichtweise geprägt, die sich schon während ihres Studiums zwischen Bielefeld, Tokio und Hamburg ausgebildet hat. „Durch meinen Aufenthalt in Japan ist mir bewusst geworden, wie krass die Kulturunterschiede in der Wahrnehmung der Welt teilweise sind. Das ist natürlich ein super spannendes Forschungsthema.“ 2011 erlangte Froehlich ihr Diplom. „Nach meinem Psychologiestudium habe ich mich dann mit bildungsbezogener Ungleichheit beschäftigt und an der Schnittstelle zwischen empirischer Bildungsforschung und Psychologie gearbeitet.“ Von 2012 bis 2015 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Konstanz – wo sie auch promovierte. 2015 kam Froehlich als Postdoc an die FernUni ins Lehrgebiet Sozialpsychologie von Prof. Dr. Stefan Stürmer.
Kontinuität bei CATALPA
Inzwischen ist sie Teil des Leitungsteams der zentralen Forschungseinrichtung CATALPA – Center of Advanced Technology for Assisted Learning and Predictive Analytics. Auch hier spinnt sie den roten Faden ihrer Forschung konsequent weiter: Seit 2021 leitet sie die Nachwuchsgruppe Stereotype Threat, ist Co-Projektleitern bei DECIDE (Detriments and Benefits of Choice in Distance Education) und dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft-geförderten Projekt MULTIDIVERSE-CSCL (Effekte multiattributionaler Diversität in Computer-Supported Collaborative Learning erklären und gestalten). Ihre Erfahrungen aus den Bereichen Schule und Job erweitert Froehlich auf den digitalen Hochschulkontext. Denn auch Online-Lehre ist nicht per se frei von Stereotypisierung: „Wenn man sich nicht persönlich, sondern nur im digitalen Raum begegnet, stehen Gruppenzugehörigkeiten wie Alter, Geschlecht oder Herkunft teils sogar noch stärker im Vordergrund.“
Online-Lehre gezielt voranbringen
In verschiedenen Team-Konstellationen sucht Laura Froehlich daher nach Wegen, wie sich Individualität, Austausch und Zusammenhalt von Studierenden stärken lassen – wovon mittelbar auch die Fernlehre an der FernUniversität profitieren kann. „Bei DECIDE schauen wir uns zum Beispiel an, wie wir im Fernstudium Wahlmöglichkeiten und Unterstützungsangebote gestalten können, um den Grundbedürfnissen verschiedener Studierendengruppen noch gezielter entgegenzukommen.“ Froehlich liegt es am Herzen, den Lernenden, aufbauend auf ihrer psychologischen Analyse, mit konkreten Maßnahmen den Rücken zu stärken. „Ich habe deshalb in den letzten Jahren auch angefangen, mit der Informatik zusammenzuarbeiten, um mehr in Richtung Technologieentwicklung gehen zu können.“
Durchlässigkeit in der Bildung steigern
Die Expertin ist sich sicher: „Stereotype bestimmen mit, wie weit jemand im Bildungssystem kommt.“ Wie blickt sie angesichts dessen auf aktuelle politische Debatten um Einwanderung und Fachkräftemangel? „Deutschland ist ein attraktives Einwanderungsland, weil der Lebensstandard relativ hoch ist.“ Die Tatsache allein reicht jedoch nicht aus für erfolgreiche Bildungsbiografien: „Unser Bildungssystem ist leider nicht so durchlässig im internationalen Vergleich.“ Das mache es vielen Migrant:innen unnötig schwer, sich zu qualifizieren. Festgefahrene Muster spielen auch hier eine Rolle. „In Deutschland ist die kulturelle sehr mit der sozioökonomischen Herkunft verknüpft. Das ist eine Beobachtung, die in Zukunft sicher noch weiter Thema sein wird.“
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