Ausstellung: Fernes Hagen. Kolonialismus und wir
Wie prägen koloniale Traditionen deutsche Städte und ihre Erinnerungskultur? Wo zeigen sich koloniale Spuren im lokalen Raum? Und welche Herausforderungen ergeben sich für die Regionalgeschichte? Vielfältige Bezüge verschränken die Kolonialzeit mit der Regionalgeschichte und exotisierenden Vorurteilen, auch mit der Stadt Hagen.
Die Ausstellung „Fernes Hagen. Kolonialismus und wir“ macht das koloniale Erbe Hagens als Teil der regionalen (Kultur-)Geschichte sichtbar. Ziel ist es, zu einer kritischen Kolonialgeschichte „vor Ort“ beizutragen. Als Wanderausstellung konzipiert, fördert die Ausstellung den Austausch mit historischen und postkolonialen Initiativen in anderen deutschen Städten und zwischen den Campusstandorten.
Mehr zur Vielfalt kolonialer Verankerungen erfahren:
Das lokale Erbe des Kolonialismus ist im städtischen Raum präsent, vielfach existiert es jedoch ‚unsichtbar‘ und ist einem allgemeineren Geschichtsbewusstsein entzogen. Dieses Erbe prägt als Teil einer größeren Kolonialgeschichte bis heute westliche Vorstellungen vom „Eigenen“ und „Fremden“. Die lokalen kolonialen Spuren sind dabei mit Traditionen des Imperialismus, Exotismus und Rassismus verschränkt.
Diese Verbindungen werden in Hagen durch Sammelobjekte aus „Übersee“, durch Soldaten in Kolonialkriegen und aus ethnologischen Projekten deutlich. An der Selbstdarstellung Hagener Unternehmen zeigt sich, wie beharrlich und wirkmächtig exotisierende und koloniale Bildtraditionen sind. Der Nachlass eines Hagener Missionars steht exemplarisch für die materiell greifbaren Verweise zwischen Ostafrika und Nordrhein-Westfalen. Im Hasper Schulalltag waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts die deutschen „Schutzgebiete“ durch großformatige Wandbilder präsent.
Welche Fremdheit – welches Wir? Zur Spezifizierung von Exotismus und Rassismus
Aus welcher Perspektive man auf diese koloniale Geschichte blickt und inwiefern sie den heutigen Alltag berührt, ist unterschiedlich. Das „Wir“ im Ausstellungstitel „Fernes Hagen. Kolonialismus und wir“ ist also divers und gebrochen. Es ist geprägt von unterschiedlichen Erfahrungen, kulturellen Hintergründen und sozialen Positionierungen, die der Kolonialismus als Herrschaftsform selbst mit hervorgebracht hat.
Das „Wir“ steht jedoch auch für einen gemeinsamen lokalen Bezugspunkt von Stadtgeschichte und geteilter Gegenwart. Wissenschaft und Stadtgesellschaft – so divers sie auch sind – können somit gemeinsam dazu beitragen, historisch-koloniale Erinnerungen vor Ort zu diagnostizieren und gesellschaftliche Folgewirkungen zu reflektieren.
Die Ausstellung ist in sechs Themenbereiche gegliedert:
- Exotistische Diskurse in Hagener Firmen
- „Weltkunst“ im Museum Folkwang
- Nachlass des Entwicklungshelfers Alfred Kunigk
- Eine Biografie als Spiegel der Weltpolitik
- Kolonialpropaganda an Schulen
- Kolonialkrieg und Revisionismus
Termine und Orte
Als Wanderausstellung konzipiert, wird die Ausstellung ab Oktober 2022 bis 2024 an mehreren bundesweiten Campusstandorten der FernUniversität gezeigt. Über Begleitveranstaltungen finden an verschiedenen Ausstellungsorten zudem Dialoge mit Vertreter:innen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Initiativen zur (de-)kolonialen Stadtgeschichte statt.
Campus Hagen | 18. Oktober 2022 – 14. April 2023 | Universitätsbibliothek, Universitätsstraße 23 58097 Hagen | Am Campus Hagen ist die Hauptausstellung zu sehen. Hier werden zusätzlich zu den Tafeln der Wanderausstellung auch Exponate gezeigt. | |
Campus Berlin | 15. November 2022 – 15. März 2023 | Neues Kranzler Eck / Kurfürstendamm 21 10719 Berlin | ||
Campus Bonn | 12. Juli 2023 – 28. Juli 2023 | Gotenstraße 161 53175 Bonn | Nachbericht | |
Campus Hamburg | 14. Oktober 2023 – 20. Januar 2024 | Amsinckstraße 57 20097 Hamburg | ||
Campus München | 20. Oktober 2023 – 31. Januar 2024 | Arcisstr. 19/EG 80333 München | Nachbericht | |
Campus Karlsruhe | 15. Mai 2024 – 15. August 2024 | Kriegsstraße 100 |
Ausstellungspublikation
Zur Ausstellung „Fernes Hagen. Kolonialismus und wir“ erscheint eine gleichnamige Publikation, die in der ersten Hälfte die sechs Themenkreise der Ausstellung auf Hagen bezogen vertieft. In der zweiten Hälfte wird eine Gesamtschau über die Ausstellungen versucht, die bislang im deutschsprachigen Raum stadtbezogen den Kolonialismus aufgearbeitet haben. In einer Übersicht werden alle diese Ausstellungen beschrieben. In 13 Essays beschreiben dann die Ausstellungsmacher:innen selbst Entstehung und Rezeption ihrer jeweiligen Ausstellung, beispielsweise für Oldenburg 2005, Köln 2008 und Stuttgart 2021.
Interessierte können ein kostenfreies Exemplar dieser Publikation bestellen. Senden Sie einfach eine Postanschrift an: hagen.postkolonial@outlook.de
Entstehungshintergrund
Inhaltlich fußt die Ausstellung auf der Publikation „Koloniale Vergangenheiten der Stadt Hagen“, die 2019 von Fabian Fechner und Barbara Schneider herausgegeben wurde. Die Publikation ist das Ergebnis eines Studienprojekts am Lehrgebiet Geschichte Europas in der Welt der FernUniversität in Hagen. In Folge wurde der Arbeitskreis Hagen postkolonial gegründet. Die Ausstellung schließt an diese transferorientierte Lehre und Forschung an.
Ausstellungsmacher/innen und Kontakt
Dr. Fabian Fechner
E-Mail: fabian.fechner
Dr. Fabian Fechner ist Historiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrgebiet Geschichte Europas in der Welt an der FernUniversität in Hagen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen v.a. im Bereich der Kulturtransferforschung und kultureller Übersetzungsprozesse, der Geschichte administrativer Praktiken sowie der Negativen Memoria und Prozessen des Vergessens in globaler Perspektive. Sein aktuelles Habilitationsprojekt trägt den Titel „Zwischen Niger und Kongo: Dynamiken der geographischen Wissenserzeugung (1700-1900)“.
Barbara Schneider
E-Mail: barbara.schneider
Barbara Schneider ist Historikerin und Lehrbeauftragte am Lehrgebiet Geschichte Europas in der Welt an der FernUniversität in Hagen. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen u.a. Kulturelle Transfer-, Transformations-, Rückwirkungs- und Verflechtungsprozesse im Zuge der Europäischen Expansion, Regionale und lokale Kolonialgeschichte in Deutschland (NRW) sowie Weibliche Reiseberichte und Genderkonstruktionen. Sie promoviert zum Thema „Von der „Beethovenisierung“ der Welt. Historische Betrachtungen zu musikalischen Interaktionsprozessen zwischen Europa, Japan, Korea und China“.
Dr. Jeanine Tuschling-Langewand
E-Mail: jeanine.tuschling
Dr. Jeanine Tuschling-Langewand ist Fachreferentin an der Universitätsbibliothek der FernUniversität in Hagen, wo sie unter anderem für Konzeption und Durchführung des kulturellen Veranstaltungsprogramms der Bibliothek zuständig ist.
Förderung und Unterstützung
Die Ausstellung wird durch folgende Einrichtungen der FernUniversität unterstützt: