Chancengerechtigkeitspreis für Psychologie-Studierende

Die Fakultät für Psychologie hat wieder zwei studentische Abschlussarbeiten prämiert, in denen es um Chancengerechtigkeit geht. Die Gewinner:innen freuen sich über je 500 Euro.


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Wissenschaftlicher Beitrag zum Thema Chancengerechtigkeit: Leo Oelscher (li.) und Caan Hollenbach

Zum dritten Mal würdigt die Fakultät für Psychologie zwei herausragende Abschlussarbeiten mit ihrem Chancengerechtigkeitspreis. Das Preisgeld beträgt jeweils 500 Euro aus Fördermitteln der Gesellschaft der Freunde der FernUniversität. Für die Bachelorarbeit ausgezeichnet wurde Leo Oelscher. Das Thema: Homophobie – Unterschiede in der Abwertung von männlicher und weiblicher Homosexualität. „Ich denke, Psychologie kann unter anderem dazu beitragen, Vorurteile abzubauen, Akzeptanz und gegenseitiges Verständnis zu fördern“, sagt Oelscher, „sowie Belastungen von Menschen, die von struktureller Benachteiligung betroffen sind, besser zu verstehen und zu verringern.“

  • „Lesbische, schwule und bisexuelle Personen erleben weltweit Marginalisierung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung. Diese soziale Ausgrenzung führt oftmals zur Verinnerlichung von negativen gesellschaftlichen Einstellungen, die bei sexuellen Minderheiten als internalisierte Homophobie bezeichnet wird. Durch internalisierte Homophobie kann erheblicher Stress ausgelöst werden, was wiederum zu psychischen Problemen führen kann.

    In diesem systematischen Review wird der Zusammenhang zwischen internalisierter Homophobie und depressiven bzw. Angstsymptomen untersucht. Zusätzlich werden die Geschlechtsunterschiede von cis Personen in Bezug auf internalisierte Homophobie untersucht. Hierfür wurde eine Literaturrecherche mit EBSCOhost durchgeführt, bei der 21 geeignete Primärartikel identifiziert wurden.

    Die Ergebnisse bestätigen, dass cis Männer höhere Ausprägungen von internalisierter Homophobie als cis Frauen zeigen. Zudem konnten die Zusammenhänge zwischen internalisierter Homophobie und depressiven sowie Angstsymptomen bestätigt werden. Die meisten Studien wurden jedoch in den USA durchgeführt, wodurch die Generalisierbarkeit der Ergebnisse eingeschränkt sein könnte. Zukünftige Forschung sollte sich daher vor allem auf Länder jenseits der USA konzentrieren und insbesondere die Geschlechtsunterschiede in Bezug auf internalisierte Homophobie weiter erforschen.“ (Leo Oelscher)

Von Flexibilität überzeugt

„Die Prämierung fühlt sich immer noch etwas surreal an. Gleichzeitig ist sie eine schöne Bestätigung dafür, dass ich mehr erreichen kann, als ich mir unbedingt zutraue“, freut sich Leo Oelscher. Oelscher arbeitet als wissenschaftliche Hilfskraft beim Deutschen Institut für Erwachsenenbildung, ist 24 Jahre alt und wohnt derzeit in einer WG im Ruhrgebiet. Der Preis wirkt auch als Ansporn, den eingeschlagenen Weg in der Forschung inhaltlich weiterzuverfolgen. „Ich überlege schon länger, ob ich langfristig in dem Bereich arbeiten bzw. forschen möchte“, teilt Oelscher berufliche Pläne. „Als nächstes möchte ich mit einem Praktikum am GenderLab der Universität Stockholm herausfinden, ob das Thema beruflich tatsächlich zu mir passt.“

Auch abgesehen vom Preis ist Leo Oelscher der FernUniversität dankbar. Oelscher schätzt die große Flexibilität: „Die FernUni gibt mir die Freiheiten, die ich brauche, um trotz meiner chronischen Erkrankungen erfolgreich das Studium meistern zu können.“ Die Abschlussarbeit ist im Lehrgebiet Psychologische Methodenlehre und Evaluation bei Dr. Maria-Therese Friehs entstanden.

Gerechte Sprache, gerechtes Arbeitsklima

Caan Hollenbach erhielt einen Preis für die Masterarbeit Der Einfluss geschlechtergerechter Sprache auf die Bewerbung in Organisationen. Auch Hollenbach ist überzeugt vom gesellschaftlichen Potenzial der Psychologie: „Sie bietet wertvolle Möglichkeiten, nachhaltige Veränderungen zu schaffen und eine diversere, inklusivere Gesellschaft zu gestalten.“

  • Potenzielle Vorurteile und Diskriminierung aufgrund des eigenen Geschlechts können zu Vorsicht bei der Wahl eines neuen Arbeitsplatzes führen. Im Bewerbungsprozess beeinflussen Hinweise auf die Sicherheit (Identity-Safety-Cues) oder Bedrohung (Identity-Threats) der sozialen Identität somit möglicherweise die Entscheidung für oder gegen einen neuen Job. In dieser Studie wurde untersucht, ob die Nutzung geschlechtergerechter Sprache im Vergleich zu exkludierender Sprache durch Organisationen ein solcher Hinweis für die eigene Sicherheit ist. Als Folge sollten dyadische cis Frauen sowie tian* Personen (trans*, inter*, nicht-binäre und agender Personen) bei der Nutzung von geschlechtergerechter Sprache eine größere Bereitschaft zeigen, sich in einer Organisation zu bewerben als bei der Verwendung von exkludierender Sprache. Für dyadische cis Männer hingegen sollte die geschlechtliche Sprachform keinen Einfluss auf die Bewerbungsabsicht zeigen. Zur Überprüfung wurden 602 Teilnehmende im Rahmen eines präregistrierten online Experiments einer von drei Bedingungen zugeordnet (sprachliche Selbstdarstellung der Organisation mit generischem Maskulinum, mit männlicher und weiblicher Form oder mit Genderstern). Im Anschluss beantworteten sie Fragen zur Bewerbungsbereitschaft und potenziellen Mediatoren (Vertrauen in die Organisation, prozedurale Fairness, antizipierte Stigmatisierung, Genderessentialismus der Organisation). Das Zusammenspiel von Geschlecht und geschlechtergerechter Sprache wurde für einzelne Gruppen bestätigt. Während alle dyadischen cis Personen nicht durch die geschlechtliche Sprachform in ihrer Bewerbungsabsicht beeinflusst wurden, sahen tian* Personen (teilweise) exkludierende Sprachformen als Identity-Threat. Es bestätigte sich die Mediation dieses Zusammenhangs durch den wahrgenommen Genderessentialismus, die antizipierte Stigmatisierung aufgrund des eigenen Geschlechts und die prozedurale Fairness, jedoch nicht über das Vertrauen in die Organisation. Schlussfolgernd ermöglichen geschlechterinklusive Formulierungen für Organisationen eine diskriminierungsärmere Sprache in Bewerbungsprozessen. (Caan Hollenbach)

An FernUni angekommen

„Ich habe mich sowohl über die Nominierung als auch die Auszeichnung riesig gefreut!“, sagt auch Caan Hollenbach. Seit 2019 arbeitet Hollenbach als Wissenschaftler:in im Lehrgebiet Community Psychology von Prof. Dr. Anette Rohmann, die auch die Masterarbeit betreut hat. „Die Wertschätzung meiner Arbeit durch den Preis motiviert mich ungemein, weiter zu forschen, und bestätigt meine Entscheidung, in der Community Psychology zu promovieren.“ Caan Hollenbach ist 39 Jahre alt und die erste Person, die in ihrer engeren Familie studiert hat. Nach einem Doppelbachelor (Syddansk Universitet/Unviersität Flensburg) in Internationalem Management, qualifizierte sich Hollenbach erst in verschiedenen Berufen – etwa in der soziologischen Forschung, Jugend- und Familienhilfe, der Personalentwicklung oder in der Projektkoordination – bis der Weg nach Hagen führte. „Währenddessen habe ich mir meinen Traum vom Psychologiestudium an der FernUni erfüllt“, sagt Hollenbach – nun auch mit offizieller Auszeichnung.

 

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Benedikt Reuse | 22.01.2025