Mit Niederlagen Geschichte schreiben
Um Facetten des Scheiterns drehte sich die 10. Hagener Geschichtswoche. Geehrt wurden die besten Abschlussarbeiten. Eine Doktorarbeit würdigte das Historische Institut posthum.
Von den einst blühenden Imperien, die im Staub der Geschichte zerfielen, bis hin zu zerplatzten Lebensträumen im Laufe eines Menschenlebens – das Scheitern hat als tragische Episode seit jeher seinen Platz in der Welt. Es ist ein universelles Phänomen, das Epochen, Kulturen und Individuen gleichermaßen geprägt hat. Doch bei genauer Betrachtung kann das vermeintliche Scheitern auch einen lang überfälligen Wendepunkt bedeuten, der den entscheidenden Neuanfang einleitet.
Mit den Hintergründen des Scheiterns aus historischer Sicht hat sich jetzt die Hagener Geschichtswoche befasst. In verschiedenen Veranstaltungsformaten und Vorträgen ging es um die vielfältigen Erscheinungsformen des Scheiterns über die Grenzen von Epochen und Regionen hinweg. Es war nicht nur eine abwechslungsreiche Woche, ausgerichtet vom Historischen Institut der FernUniversität in Hagen, das Format feierte in diesem Jahr auch ein Jubiläum. Alle zwei Jahre lädt das Historische Institut seine Studierenden auf den Hagener Campus ein – in diesem Jahr zum zehnten Mal. Der große Höhepunkt ist traditionell die Absolvent:innen-Ehrung.
Hagener Geschichtspreis verliehen
Im Rahmen dieser Feierstunde begrüßte zunächst der Dekan der Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften die rund 150 Studierenden und Gäste. „Sie sind die Hüterinnen und Hüter des Gedächtnisses in Zeiten von Fake News. Nutzen Sie Ihr Wissen für den Erhalt der Gesellschaft“, appellierte Prof. Dr. Michael Stoiber an die anwesenden Bachelor- und Master-Absolvent:innen sowie Doktorand:innen und Promovierten. Anschließend wurden unter viel Applaus die besten historischen Abschlussarbeiten der vergangenen eineinhalb Jahre mit dem Hagener Geschichtspreis ausgezeichnet.
Das Preisgeld kommt vom Lions Club Attendorn. Club-Präsident Dr. Manfred Kemmerling gratulierte den beiden Preisträgern: Marcel Biehringer erhielt 200 Euro für seine Bachelorarbeit über das Thema „Die Ethnogenese der Allemannen“. Die Masterarbeit von Dr. Klaus Richter zum Thema „Die ‚Unbedingten‘: Hintergründe, Ursachen und Merkmale“ wurde mit 300 Euro ausgezeichnet. Beide Absolventen stellten ihre Themen anschließend in eigenen Vorträgen vor. Für beschwingte Musik sorgte das Trio Hagenovo.
Ein Moment des Innehaltens
Besonders berührend war die Würdigung von Oliver Heis, der mit großem Engagement als Doktorand an der FernUni seine Doktorarbeit verfasst habe, doch dann das fertige Werk nicht mehr in Händen halten konnte: Ausgerechnet an dem Tag, an dem die vollendete Arbeit in der Buchbinderei auf ihren Einband wartete, sei er überraschend verstorben. Die Fakultät setzt sich nun dafür ein, dass die Arbeit mit dem Titel „Black Caucasians in White Australia. Die Biological Absorption Policy unter dem Einfluss nationaler und internationaler Rassenanthropologie“ bei einem Verlag erscheint.
Ein wertschätzender Umgang, ein vielfältiger Blick auf historische Themen – das zeichnete auch die zehnte Hagener Geschichtswoche aus. Die vielen studienpraktischen Angebote sprechen für sich. Ein weiteres Highlight neben dem Institutsfest und der Ehrung der Abolvent:innen samt Preisvergabe waren die Buchparty zum Thema „Jerusalem und die Moderne. Verflechtungen und Transformationen im 20. Jahrhundert“ in der Universitätsbibliothek sowie der Abendvortrag „Besiegte Feldherren, Bankrotteure, Wahlverlierer. Das Scheitern von Aristokraten in der römischen Republik“ von Dr. Jan Timmer. Wer sich den Termin für die nächste Geschichtswoche schon vormerken möchte: 5. bis 9. Oktober 2026.