„Man wird nicht als Führungskraft geboren“
Gute Führung kann man lernen. Prof. Brigitte Biehl zeigt einen innovativen Ansatz zur Ergänzung der Management-Ausbildung auf und erhielt dafür die Venia Legendi.
„Leaders are not born – they are made“, sagt Prof. Dr. Brigitte Biehl. Man wird nicht als Führungskraft geboren, sondern kann sich dahinentwickeln. Davon ist die Wissenschaftlerin überzeugt. Als Ergänzung zur klassischen Management-Ausbildung zeigt sie in ihrer Forschung zum „Leadership Development“, dass es sich lohnt, auch die Welt der Kunst und Kultur zu nutzen. Serien oder Filme können Menschen dabei helfen zu verstehen, wie gute Führung funktioniert und wie sie selbst führen möchten. Ihre Forschung will Mitarbeitende und Vorgesetze befähigen, Führung und Zusammenarbeit effektiver zu gestalten.
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Energie zahlt sich aus
Prof. Brigitte Biehl erhielt im Wintersemester 2021/2022 eine Gender-Gastprofessur an der FernUniversität, die am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbes. Personalführung und Organisation (Prof. Dr. Jürgen Weibler) angesiedelt wurde. „Ich habe den Lehrstuhlinhaber am Ende dieser Zeit darauf angesprochen, ob die Möglichkeit besteht, kumulativ zu habilitieren. Auf ein solches Ziel habe ich viele Jahre lang mit meinen Publikationen hingearbeitet.“ Und ihre Energie und ihre jahrelange Forschung haben sich ausgezahlt. Ihr Thema wurde an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der FernUni als Habilitationsschrift angenommen und es wurde ihr die Venia Legendi für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Management, Personal und Organisation, verliehen.
Brigitte Biehl war bereits Professorin an der SRH Berlin University of Applied Sciences und zugleich einige Jahre wissenschaftliche Mitarbeiterin am obigen Lehrstuhl, aber es fehlte noch die Habilitation. „Weiterentwicklung und Weiterqualifikation gehören ja für eine Karriere immer dazu. Inhaltlich hat sich meine Forschung mit der Teilzeitstelle am Lehrstuhl auch ergänzt. Ich bin fachlich noch weitergewachsen“, freut sich Biehl. Für ihre Habilitationsschrift hat die Wissenschaftlerin bereits existierende Fachartikel genutzt, diese aber nochmals substanziell erweitert und damit eine neue, eigenständige Perspektive für das Feld entwickelt. In einer kritischen Analyse reflektierte sie so die gegenwärtigen theoretischen und fachpraktischen Diskurse zur Führungskräfteentwicklung. Zusätzlich konzipierte sie die Studie „Mit Film für Führung lernen“. Hieran nahmen 54 Studierende der FernUniversität in Hagen und der SRH in Berlin teil. „Ich habe eine empirische Studie gewählt, denn Serien zu schauen ist momentan hochaktuell und sehr beliebt. Berufstätige und Studierende konnten ohne größere Barrieren an der Studie teilnehmen – anders als beim Tanzen oder Malen“, erklärt Biehl. Für die Teilnahme suchten sich die Studierenden eine Serie aus, die sie intensiv verfolgten und ihre Gedanken dazu festhielten.
Weltweite Krisen erfordern gute Führung
Die Entwicklung von Führungspersönlichkeiten ist eine wichtige Aufgabe – gerade in Zeiten von vielen Krisen und neuen Herausforderungen. „Führung ist nicht nur Chefsache, sondern betrifft alle. Auch jene, die noch keine Vorgesetztenposition haben, beeinflussen die Zusammenarbeit maßgeblich“, sagt Brigitte Biehl. Sie kennt die Kritik an der gängigen Literatur zum Thema Management: „Sie ist zu oft einseitig theorielastig und bietet zudem nicht genug Raum für die unterschiedlichsten Perspektiven sowie für individuelle Bedürfnisse und persönliche Fragen.“ Gerade der kunstbasierte Ansatz bietet eine neue Erfahrung: Filme und TV-Serien sind einfach zugänglich und anders als in Fachbüchern bieten sie Nahaufnahmen von verschiedenen Emotionen. Dort erleben die Protagonistinnen und Protagonisten realistische Situationen – sie weinen oder scheitern auch mal an einer Aufgabe. Biehl hat ein dreistufiges Rahmenwerk zum Lernen mit Film entwickelt, das Schritte aufzeigt und Hilfestellungen gibt.
Arbeit am Selbstbild
Filme und Serien zeigen auch neue Führungsmodelle auf: Es gibt diverse Charaktere, Frauen in Führungspositionen, Menschen mit einer Behinderung oder Personen mit einem Migrationshintergrund. „Die Teilnehmenden konnten sich an die Filmfiguren anschließen, die keine geborenen Leader sind und auch mal mit sich selbst und anderen ringen“, berichtet Biehl. Studierende, die sich vor der Studie wenig zugetraut haben, haben sich nach dem Anschauen der Serie eher in einer Führungsrolle gesehen. Brigitte Biehl möchte mit ihrer Forschung nicht zuletzt zeigen, dass man immer etwas dazulernen kann. „Man sollte nie die Neugier verlieren und neue Anreize nutzen“, sagt die Wissenschaftlerin abschließend.
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