Digital Health Community: Forschung für die Gesundheitsversorgung von morgen
E-Rezept und elektronische Patientenakte, Telemedizin und durch küstliche Intelligenz unterstützte Behandlungen – die Zukunft der Gesundheitsversorg scheint digital.
Noch schreitet die Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems im internationalen Vergleich eher langsam voran. Dabei gibt es technologische Trends mit großem Potenzial: für Diagnostik und Therapie einerseits sowie für Aus- und Weiterbildung der Beschäftigten im Gesundheitswesen andererseits.
Der interdisziplinäre Blick
„Der Gesundheitssektor ist hochreguliert, da es immer auch um sensible Daten geht“, sagt Prof. Jenny S. Wesche von der FernUniversität. „Gleichzeitig erfahren wir im Kontakt mit der Praxis eine hohe Bereitschaft und große Offenheit für den Einsatz von Technologien, um bessere Arbeit im Gesundheitswesen leisten zu können.“ Daran möchte die neue Digital Health Community der FernUni mitwirken. Wissenschaftler:innen aus fast allen Fakultäten der FernUni bündeln hier ihre interdisziplinären Forschungskompetenzen und praxisorientierten Anwendungskenntnisse zur Digitalisierung des Gesundheitswesens.
Die Initiative dafür hat die Wirtschaftspsychologin Jenny S. Wesche ergriffen: Als Mitglied der wissenschaftlichen Leitung des Forschungsschwerpunkts Arbeit – Bildung – Digitalisierung (ABD) hat sie das ABD-Themenfeld ‚Digitale Gesundheit‘ nach außen geöffnet und gezielt aktiv Forschende aus der ganzen FernUni ins Boot geholt. „Da gab es in der FernUni verstreut viel Interesse und schon viele Forschungsarbeiten.“ Inzwischen kommen Kolleg:innen von selbst auf die Community zu. Alle vier Wochen trifft sie sich zum Austausch. „Sehr wertvoll ist, dass viele engagierte Post-Docs mit ihren Projekten dabei sind.“ Unterstützung bekommt Wesche, die aktuell Sprecherin der Community ist, von Dr. Anita Mörth als Koordinatorin der Community.
„Wir werden komplementär zur klinischen beziehungsweise medizinischen Expertise, etwa von Universitätskliniken wahrgenommen“, beschreibt Wesche. „Denn neben dem klinisch-medizinischen Wissen ist für eine erfolgreiche Einführung digitaler Anwendungen auch die technologische und organisationale, aber auch beispielsweise die ethische und juristische Perspektive gefragt.“
In bereits laufenden Projekten geht es unter anderem um die Akzeptanz von Telekonsilen, geschützte Kommunikationskanäle für den Austausch zwischen Ärzt:innen verschiedener Disziplinen über eine elektronische Fallakte, oder die Akzeptanz von digitalen Gesundheitsanwendungen, also „Apps auf Rezept“. Die unterstützen Patient:innen dabei, bestimmte Therapieziele zu erreichen. Ein weiteres Projekt beschäftigt sich mit dem Einsatz von Eye-Tracking(-Brillen) für beatmete und stark eingeschränkte Intensivpatient:innen, um ihnen über Augenbewegungen unter anderem Kommunikation zu ermöglichen.
Wie VR und AR zur kollegialen Fachberatung über eine räumliche Entfernung hinweg eingesetzt werden können, möchten Forschende ebenso untersuchen wie den Einsatz von VR in der Hörrehabilitation für Patient:innen mit Hörimplantaten. „Virtuelle Welten ermöglichen es, dass Patient:innen durch die dreidimensionale Simulation von visuellen und akustischen Reizen schrittweise und individuell angepasst in einer geschützten Umgebung allein oder gemeinsam mit Therapeut:innen an ihrer Rehabilitation arbeiten“, erläutert Jenny S. Wesche den Vorteil von VR-Anwendungen zu Therapie- oder Rehabilitationszwecken.
Patient:innen in Bites und Bytes
In der Reihe „Gespräche am Weinberg – Wissenschaft und Wirtschaft im Dialog” am FernUni-Campus Stuttgart diskutierten Forschende der Digital Health Community mit Vertreter:innen aus der Gesundheitsbranche und zahlreichen Interessierten über: „Patient:innen in Bites und Bytes: Die digitale Revolution des Gesundheitswesens im Fokus von Wissenschaft und Praxis“. Die Veranstaltung wurde mitgeschnitten: https://video.fernuni-hagen.de/Play/23185
Theorie trifft Praxis: Metaverse meets Health
Dafür arbeitet die Digital Health Community eng zusammen mit Akteur:innen der digitalen Gesundheit in NRW, die ebenfalls in Hagen ansässig sind: dem Zentrum für Telematik und Telemedizin und dem Virtuellen Krankenhaus NRW. Dazu kommt als Praxispartnerin das Beratungsnetzwerk HealthCare Shapers. Der Fokus auf die Praxis wurde auch auf der gemeinsamen Veranstaltung „Metaverse meets Health“ an der FernUni deutlich. Neben Keynotes, Podiumsdiskussionen und einem World-Café zeigten Austeller:innen konkrete Anwendungsmöglichkeiten von AR/VR im Gesundheitssektor. Für das Treffen waren Anwender:innen aus ganz Deutschland angereist, darunter auch von der Berliner Charité.
Für die Veranstaltung nutzten die Organisator:innen den neuen Immersive Collaboration Hub (ICH) an der FernUni. „Der ICH ist sehr wertvoll für uns, wir können hier zum einen weitere Expertise im Umgang mit VR/AR aufbauen“, knüpft Jenny S. Wesche an. „Zum anderen macht der Raum die technologische Expertise an der FernUni nach außen sichtbar und dient als physischer Ort für Vernetzung.“
Beitrag aus dem Wissenschaftsmagazin fernglas 2024/2025.
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