„Hate Speech“ – der Film
Im Forschungsschwerpunkt digitale_kultur loten Forschende soziotechnische Phänomene in der Reihe Theorie|Apparate aus. Die erste Episode zum Thema Hassrede ist nun erschienen.
Cybermobbing, Trollen, Shitstorms – die Kommentarspalten in den Sozialen Netzwerken sind voll davon. Neue Formen der Herabsetzung entstehen und werden mit großer Öffentlichkeit geteilt. Woher kommt der Hass, der sich häufig mit voller Wucht entlädt und insbesondere marginalisierte Gruppen trifft? Wie kann man darauf reagieren? Das sind Fragen, mit denen sich Wissenschaftler:innen an der FernUniversität in Hagen auch filmisch auseinandersetzen. Die erste Folge hatte bei den Wissenschaftsgesprächen der Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften ihre Premiere.
Gesetz über digitale Dienste
Das Thema Hassrede könnte aktueller nicht sein: Die Europäische Union hat Mitte Februar den Digital Services Act in Kraft gesetzt. Mit dem Gesetz über digitale Dienste justiert die EU die rechtlichen Weichen im Netz nach. Die Grundrechte von Verbraucher:innen im Web sollen dadurch gestärkt und Social-Media-Plattformen enger reguliert werden, um Falschinformation, Manipulation und Hassinhalte einzudämmen. Außerdem sind die Plattformbetreiber ab sofort dazu verpflichtet, mit zivilgesellschaftlichen Forschungseinrichtungen zu kooperieren.
Facebook und der Wut-Button
Auf genau diesem Weg sehen sich die Forschenden. Sie wollen den von der EU angestoßenen Prozess aus der Wissenschaft heraus aktiv begleiten. „Die Frage, wie wir mit digitalen Technologien unser Zusammenleben gestalten möchten, geht uns alle an“, sagt Jun.-Prof. Dr. Jennifer Eickelmann im Film. Gemeinsam mit Dr. Thorben Mämecke und dem Zentrum für Lernen und Innovation (ZLI) der FernUniversität hat sie den Film über „Hate Speech“ produziert.
Der Film liefert keine finalen Antworten auf Eickelmanns Frage. Vielmehr spürt er dem Phänomen Hassrede aus verschiedenen fachlichen Blickwinkeln nach, ohne sich dabei zu empören oder zu emotionalisieren. Es fließen die im Forschungsschwerpunkt vertretenen medienwissenschaftlichen, philosophischen und rechtswissenschaftlichen Ansätze ein und werden mit Expertisen außeruniversitärer Initiativen verknüpft. „Der Wut-Button bei Facebook triggert fünf Mal mehr als der Like-Button. Facebook wollte den hohen Grad an Interaktion“, weist Anne Mollen von AlgorithmWatch im Film auf Facebook-Leaks hin. Daten sind die Währung der Plattformökonomie.
Podiumsdiskussion zu Wissenschaftskommunikation
„Wir haben während des Filmens eine gemeinsame kritische Perspektive gefunden, die sich differenziert mit Hate Speech auseinandersetzt und die auch die Komplexität des Phänomens aufzeigt“, fasste Jennifer Eickelmann, Leiterin des Lehrgebiets Digitale Transformation in Kultur und Gesellschaft an der FernUni, in der Podiumsdiskussion zusammen, die sich an die Filmvorführung anschloss. „Wir stellen strukturiertes Wissen zu einem komplexen Sachverhalt zur Verfügung“, ergänzte Thorben Mämecke, Geschäftsführer des FSP digitale_kultur.
Die Videoreihe Theorie|Apparate
In einer Reihe eigenständiger Episoden steht jeweils ein technologisches Phänomen im Mittelpunkt. Jede Episode spiegelt dabei Erkenntnisse des Forschungsschwerpunktes digitale_kultur wieder und verbindet sie mit weiterführenden Recherchen.
„So kann man wissenschaftlich informiert in technologie-politische Debatten gehen.“ Denn: Der Film ist nicht nur für den akademischen Raum gemacht, er wendet sich bewusst an ein breites Publikum. „Gut so“, kommentierte Benedikt Reuse, der als Online-Redakteur der FernUni auf dem Podium saß: „Der Kern von Wissenschaftskommunikation ist es, Übersetzungsarbeit zu leisten.“
„Der Film wird was in Gang setzen“, ist sich Jennifer Eickelmann sicher. „Wir werden dafür Feedback bekommen, sicher auch kritisches.“ Das Thema des Films wird außerhalb des Mediums weitergespielt, die Inhalte können – übers Web – weiterverbreitet werden. Die Diskussion über das Phänomen Hassrede läuft. Das ist Wissenschaftskommunikation im besten Sinne.