American Football: Wenn die Leistung dahinschmilzt
Am 11. Februar steigt der Super Bowl. An der FernUni forscht Dr. Hendrik Sonnabend zum Zusammenhang von Hitze und Leistung. Dazu nutzt er Daten aus dem American Football.
Wie wirkt sich eigentlich Hitze auf unsere Arbeit aus? In Zeiten des Klimawandels wird diese Frage künftig eine größere Rolle spielen und Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. Gemeinsam mit Mario Lackner (Johannes-Kepler-Universität) erforscht Dr. Hendrik Sonnabend (Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, insbes. Wirtschaftspolitik an der FernUniversität) den Zusammenhang von Hitze und mentalen Fehlern im Leistungssport. Dazu untersuchten sie Spiele der National Football League (NFL). Führen sehr hohe Temperaturen dort dazu, dass die Spieler anfälliger für mentale Fehler werden?
Große Variation in der NFL
„Die NFL eignet sich aus verschiedenen Gründen gut für diese Forschung. Die Spiele werden auch bei extremen Wetterlagen sehr selten abgesagt und die Teams haben unterschiedliche Spielertypen“, sagt Hendrik Sonnabend. Innerhalb einer NFL-Saison finden Spiele in verschiedenen Bundestaaten der USA statt. Dort herrschen unterschiedliche Klimabedingungen. Ein Beispiel: Ein Team aus einer kälteren Region wie New York spielt im Winter im sonnigen Florida gegen die Mannschaft aus Miami. Zudem ist die Stadionlandschaft vielfältig – einige Teams spielen in einem „Open-Air-Stadion“, manche in geschlossenen Stadien (auch Domes genannt) und andere wiederum in Stadien mit einem „beweglichen“ Dach.
Wohlfühltemperatur liegt zwischen 18 und 22 Grad
Interessant an der NFL ist, dass der Body-Mass-Index der Spieler im Gegensatz zu anderen Sportarten näher an der Durchschnittsbevölkerung dran ist. Ein weiter Vorteil der Arbeit mit Daten aus dem Profisport sind die sehr hohen Anreize der Spieler, Fehler zu vermeiden. Insofern kann der dokumentierte Effekt der Forschenden auch auf die Gesamtbevölkerung interpretiert werden. Die Neigung mehr Fehler unter Hitze zu begehen, könnte daher bei „gewöhnlichen“ Menschen vermutlich noch größer sein. Die Forschenden untersuchten den Zeitraum der Jahre von 2000 bis 2022 (außer 2020 aufgrund der Corona-Pandemie) und werteten „Play-by-Play“-Daten der NFL aus. In diesen Datensätzen wird jeder Spielzug der Mannschaften erfasst – auch Regelverstöße. Dort setzt die Forschung an.
In medizinischen Untersuchungen wurde festgestellt, dass wir Menschen eine „Wohlfühltemperatur“ haben. Sie liegt zwischen 18 und 22 Grad. „Wenn es zu kalt oder zu warm ist, reagiert unser Körper mit einer Umleitung des Blutflusses. Bei Hitze fließt das Blut nach außen – die Folge ist: Wir schwitzen und weniger gekühltes Blut gelangt ins Gehirn“, erklärt Sonnabend. Das führt zu einer größeren Anfälligkeit für mentale Fehler.
Hitze verursacht Fehler
Sonnabend und Lackner haben sich die Regelverstöße angeschaut, die durch mangelnde Aufmerksamkeit oder Aggressivität entstehen – getrieben von der Hitze. Dazu gehören zum Beispiel ein Frühstart, eine falsche Formation (z.B. ein Spieler zu viel) auf dem Spielfeld oder das Foul „Unnecessary Roughness“. Das bedeutet, das ein Spieler eine „unnötige Härte“ zeigt, indem er beispielsweise einem gegnerischen Spieler in den Helm greift, was verboten im Football ist.
„Die Wahrscheinlichkeit, dass Spieler wegen Verstößen durch mentale Fehler bestraft werden, ist 24 Prozent höher bei Spielen mit Temperaturen über 85 Fahrenheit (29,4 Grad) im Vergleich zu Spielen mit niedrigeren Temperaturen“, erklärt der Forschende. Es sind Fehler, die damit zusammenhängen, dass die Sportler ihren Fokus verlieren. „Diese würden nicht passieren, wenn die Spieler einen frischen Kopf haben, da sie nur Nachteile für sie und ihr Team bringen“.
Ein Football-Spiel ist in vier Abschnitte zu je 15 Minuten aufgeteilt mit einer Halbzeitpause nach dem zweiten Viertel. Die hitzebedingte Zunahme von Fouls, die im Zusammenhang mit kognitiven Fähigkeiten stehen, passieren vor allem im ersten und dritten Teil. „Vor dem Spiel und in der Halbzeit halten sich beide Mannschaften in klimatisierten Räumen auf und gehen dann in die Hitze hinaus. Das ist gerade für Teams, die aus kälteren Regionen kommen, ein Nachteil.“ Kurze Unterbrechungen helfen jedoch den Spielern, sich wieder zu sammeln. Sonnabend konnte durch die Daten und Berechnungen feststellen, dass nach kurzen Pausen weniger mentale Fehler passieren. Wenn eine Mannschaft zurückliegt und aufholen muss, wirkt sich Hitze besonders negativ aus. Die Spielzüge müssen schneller erfolgen und es entstehen mehr Vergehen, die zu Strafen führen.
Die Forschenden führten zum Vergleich einen Placebo-Test durch und untersuchten gerade die Spiele, die in geschlossenen Stadien (Domes) stattfinden. Diese sind klimatisiert und die Temperatur dort liegt zwischen 21 bis 23 Grad. Hier konnten die Wissenschaftler klar erkennen, dass weniger mentale Fehler bei den Teams passieren und diese erst bei Spielen entstehen, in denen es wärmer als 30 Grad ist. Das ist oft bei den „Open-Air-Stadien“ in sonnigen Bundesstaaten der Fall.
BMI näher an der Durchschnittsbevölkerung
Sonnabend und Lackner teilten die Spieler in fünf unterschiedliche Gruppen je nach ihrem Body-Mass-Index ein. Denn in der NFL gibt es verschiedene Spielertypen. Einige sind sehr schlank und schnell – sie fangen oft die Pässe des Quarterbacks und laufen in die Endzone. Wiederum andere stehen in der ersten Reihe, diese Spieler sind oft sehr groß, bringen viel „Masse“ mit, um Spieler der gegnerischen Mannschaft zu blocken. Diese Spieler, die einen BMI von mehr als 31 haben, sind anfälliger für mentale Fehler als Spieler, die einen niedrigen BMI haben. Die Wissenschaftler möchten das Thema des Gewichts und den Zusammenhang mit mentalen Fehlern weiterhin untersuchen.
Wenn am Sonntag, den 11. Februar die Kansas City Chiefs auf die San Francisco 49ers im 58. Super Bowl aufeinandertreffen, wird die Hitze allerdings keine große Rolle spielen. In Las Vegas herrschen derzeit milde 14 Grad und das „Allegiant Stadium“ ist sowieso ein geschlossener Dome, der klimatisiert wird.
American Football für Anfänger
– Es stehen sich elf Spieler gegenüber. Das Team, das im Angriff und somit im Ballbesitz ist, muss möglichst weit nach vorne kommen, um die gegnerische Endzone zu erreichen. Das gelingt durch Läufe oder Pässe.
– Innerhalb von vier Spielzügen müssen mindestens zehn Yards überwunden werden, um weiterhin im Ballbesitz bleiben zu können. Gelingt dies, bekommt das Team für die nächsten zehn Yards weitere vier Versuche.
– Wenn sie die Endzone erreichen (der Bereich am Ende der gegnerischen Spielhälfte), haben sie einen Touchdown geschafft. Dafür gibt es sechs Punkte. Schaffen sie es nicht, verlieren sie den Ball und die gegnerische Mannschaft startet den Angriff.
– Nach dem Touchdown erhält der Kicker die Möglichkeit, den Ball durch die Torstangen zu schießen (Point after Touchdown). Gelingt dies, erhält die angreifende Mannschaft einen weiteren Punkt.
– Ein sogenanntes „Field Goal“ ist eine weitere Möglichkeit, Punkte zu erzielen. Ist die angreifende Mannschaft weit genug in der gegnerischen Hälfte, jedoch noch zu weit entfernt, um im letzten vierten Versuch die benötigte Yard-Zahl für einen neuen ersten Versuch oder Touchdown zu erzielen, kann der Kicker den Ball – ähnlich wie beim Point after Touchdown – versuchen, durch die Torstangen zu kicken. Bei Erfolg gibt es drei Punkte.
– Ein Football-Spiel dauert 60 Minuten und ist in vier Teile (auch „Quarter“/Viertel genannt) je 15 Minuten unterteilt. Das Team, dass am Ende mehr Punkte hat, gewinnt.
– Wie in anderen Sportarten gibt es Schiedsrichter. Wenn sie Regelverstöße sehen, werfen sie eine gelbe Flagge auf das Feld. Es gibt verschiedene Strafen bei Regelverstößen.