Lena Melzig
Für Pilotin ist Mathestudium Plan B
„Mathe war mal mein Plan A“, lacht Lena Melzig (30). Schon in der Schule war Mathe eines ihrer starken Fächer. „Daran wollte ich beruflich anknüpfen.“ Bis sie eine Infoveranstaltung in Klasse 12 besuchte, auf der eine Pilotin von ihrem Beruf erzählte.
Lena Melzig war fasziniert, geflogen war sie bis dahin nur als Passagierin. Nach dem Abitur wagte sie den Sprung ins kalte Wasser und begann im Sommer 2008 ihre Flugausbildung bei Lufthansa. Auch hier kamen Physik und Mathematik nicht zu kurz.
Fliegen als Lebensart
„Es geht nicht nur darum, ein Instrument im Cockpit korrekt abzulesen, sondern auch darum, seine Funktionsweise genau zu kennen. Daher gab es natürlich sehr physikalisch geprägte Fächer wie Instrumentenkunde, Elektronik und Aerodynamik.“ Ergänzt wurde dies durch Meteorologie, Navigation, Luftrecht und etwas Psychologie. „Pilotin zu sein ist mehr als ein Beruf, es ist eine Lebensart. Man ist permanent unterwegs.“ Sie mag diese Mobilität.
Aber: Die Lizenz zum Fliegen hängt unter anderem von der Gesundheit ab. „Mathe ist mein Backup.“ Als sie in der Zeitung eine Meldung zum Start der Einschreibefrist sah, schrieb sie sich im August 2011 an der FernUniversität in Hagen ein. „Den Namen kannte ich und wusste von Kolleginnen oder Kollegen, die BWL oder Psychologie an der FernUni studieren“, erinnert sie sich.
Steckenpferd Kryptografie
Mathematische Zahlenspiele fand Lena Melzig immer spannend; da setzt sie einen Schwerpunkt im Studium. „Satz des Pythagoras, Primzahlen…das macht mir total Spaß. Seit es PCs gibt, sind die vorher eher belächelten Primzahlen plötzlich in den Fokus gerückt.“ Ihre Bachelorarbeit plant sie daher, im nächsten Semester über Kryptografie zu schreiben.
Das Studium passt sich ihrem Arbeitsrhythmus problemlos an. Der Dienstplan wird jeden Monat neu festgelegt. „Alles, was regelmäßig sein muss, funktioniert deshalb nicht. Wöchentliche Vorlesungen wären überhaupt nicht möglich, selbst der zweiwöchige Bearbeitungszeitraum der Skripte war in einigen Monaten schon eine Herausforderung. Aber ohne diese Struktur würde mir wahrscheinlich die Selbstdisziplin fehlen.“ Für ein gewisses Maß an Planbarkeit sorgt ihr gewähltes Teilzeitmodell als Pilotin: Sie nimmt Blockmonate und hat damit 30 Tage am Stück frei. „Das ist immer die Zeit, in der ich Studieninhalte vernünftig aufarbeiten und vertiefen kann.“
Lernen im Nieselregen
Ihre Studienunterlagen fliegen auf ihren Touren stets mit. Allerdings: Bei einladendem Wetter in Athen ist Melzig eher nicht im Hotel zu finden… „Bei Nieselregen in Hannover sieht es schon anders aus. Aber ich lerne auch gerne mal irgendwo in einem netten Café – dann komme ich gleichzeitig etwas raus.“ Die 30-Jährige sitzt als 1. Offizierin bei Lufthansa auf den Kurzstrecken in Deutschland und Europa im Cockpit der Airbus A320-Familie. Ihre Basis ist München, ihr Wohnort Bremen, ihr Heimatort Lippstadt.
Studieren kann sie von jedem Ort aus. „Im Zweifel liegt alles elektronisch vor, auch wenn ich durchaus Papier mag und am besten mit den gedruckten Skripten lernen kann.“ Die Einsendeaufgaben für Mathe kann sie hochladen oder einschicken. Da sie sich selbst als „Alleinlern-Typ“ bezeichnet, vermisst sie etwa Lerngruppen nicht allzu sehr. Dafür nutzt sie Studientage für den persönlichen und fachlichen Austausch. „Die waren gerade am Anfang sehr hilfreich, um sich ins Fernstudium einzufinden.“
Lizenz für Kurzstreckenflüge
Ihre beruflichen Touren und Ziele kann sie mitgestalten. „Ich kann über ein elektronisches Request-System genau auswählen, welche Touren ich fliegen möchte und Tage eingeben, an denen ich gern frei hätte.“ Natürlich muss das am Ende mit allen anderen Kolleginnen und Kollegen zusammenpassen, aber insgesamt kann Melzig recht viel beeinflussen.
Sie fliegt alles an, was in dem Gebiet zwischen Island, Russland, Nordafrika liegt. Skandinavien mag sie besonders: kalte Winter und kühlere Sommer. „Die Menschen sind entspannt und strukturiert, das kommt mir entgegen“, sagt sie. „Außerdem bin ich aus skandinavischen Städten schnell in der Natur. Den Ausgleich brauche ich zum technischen Arbeitsplatz im Cockpit.“
Grundsätzlich ist sie vom Fliegen bis heute fasziniert. „Das wird niemals langweilig. Ich bin jedes Mal geflasht von der Perspektive. Wenn dann noch die Sonne aufgeht…Das ist nach wie vor ein unglaublicher Anblick – und wird es auch in 20 Jahren noch sein.“
Für eine Weile werden Lena Melzig die Unterlagen der FernUniversität dabei noch begleiten.
Stand: Februar 2019