Manuela Kölbl
„Das Studium hat mich und mein Leben verändert“
Es ist gar nicht so einfach, einen Interview-Termin mit Manuela Kölbl zu vereinbaren: Zwischen Lerngruppen, Vorlesungen, ihrem Vollzeit-Job als Tagesmutter sowie dem wöchentlichen Tanztraining bleibt nicht viel Platz. Angesprochen auf ihr umfangreiches Pensum, lacht die gebürtige Südtirolerin: „Das macht mir alles einfach Spaß. Deshalb fühlt sich das gar nicht nach so viel an.“
Manuela Kölbl stammt aus einer klassischen Arbeiterfamilie: Ihre Eltern betrieben einen landwirtschaftlichen Obstanbau, der beiden viel Zeit und Kraft abverlangte. „Meinen Eltern war Bildung schon wichtig. Aber finanziell war es eher knapp bei uns. Ich sollte auch deshalb möglichst bald mein eigenes Geld verdienen“, erinnert sich Manuela Kölbl. Eigentlich möchte sie schon damals studieren, hatte aber Sorge, ihre Eltern mit diesem Wunsch zu überfordern. Also entscheidet sie sich zunächst für eine Ausbildung.
„Wenn man etwas tut, dann muss man es mit vollem Einsatz machen“
Nach ihrem Hauptschulabschluss besucht Manuela Kölbl die Fachschule für Damenkleidermacher und schließt die Ausbildung als Schneider-Gesellin ab. Kurz darauf geht sie nach Deutschland, um in München die Meisterschule zu absolvieren. Ihre Ausbildung finanziert sie sich als Kellnerin. „Mir war es wichtig, die Ausbildung mit dem höchstmöglichen Abschluss zu beenden, also als Meisterin. Denn ich denke, wenn man etwas tut, dann muss man es mit vollem Einsatz machen“ betont Kölbl. Danach eröffnet sie als Schneider-Meisterin ihr eigenes Geschäft in Innsbruck.
Kinderbetreuung entpuppt sich als Traumjob
Zu ihrem Studium an der FernUniversität ist es zu diesem Zeitpunkt noch ein weiter Weg. Aber eine Überraschung in Manuela Kölbls Leben stellt die ersten Weichen: Mit 35 Jahren wird sie unerwartet schwanger. Sechs Jahre später folgt das zweite Kind. Um ihre Berufstätigkeit mit ihren Verpflichtungen als alleinerziehende Mutter besser vereinen zu können, entschließt sie, selbstständig als Tagesmutter zu arbeiten.
„Und da habe ich ganz schnell gemerkt: Ich blühe richtig auf. Ich habe gleich einen tiefen Sinn in dieser Arbeit gespürt. Und: Ich habe irgendwie auch ein Naturtalent im Umgang mit kleinen Kindern“, sagt Manuela Kölbl, und lacht. Immer mehr Eltern aus der Umgebung melden ihre Kinder für die Betreuung bei Manuela Kölbl an. „Und die Eltern haben mich dann auch sehr oft um Rat in der Erziehung gefragt. Den habe ich gern gegeben, aber immer aus dem Bauch heraus, ohne fachliches Wissen. Das hat mich gestört.“
„Ich hatte jahrelang Angst vor dem Internet“
Manuela Kölbl möchte sich weiterbilden. Aber wie, neben Berufstätigkeit und Familie? Einige Jahre später wird sie auf das Studienangebot der FernUni aufmerksam. Es gibt zu diesem Zeitpunkt aber ein Problem: Manuela Kölbl ist nicht online unterwegs, sie hat eher Angst vor dem Internet: „Ich hatte deshalb so meine Befürchtungen mit dem Fernstudium. Ich und online studieren – wie soll das denn gehen, dachte ich. Aber dann habe ich mir gesagt: Du hast eine Arbeit, die dir Spaß macht. Und dir kann in deinem Alter nicht mehr viel passieren. Also mach es!“ Mit 60 Jahren beginnt sie ihr Studium der Bildungswissenschaft an der FernUniversität in Hagen.
Und sie schafft es, online mitzuhalten. „Ich nehme zum Beispiel an vielen Lerngruppen teil, und die Kommilitoninnen und Kommilitonen unterstützen mich einfach so toll. Bei meiner letzten Hausarbeit hatte ich Schwierigkeiten mit Word, da hat mir eine Mitstudentin direkt geholfen. Von diesem Zusammenhalt untereinander profitiere ich sehr.“ Inzwischen hat sich Manuela Kölbl zu einem Word-Kurs angemeldet, den der AStA der FernUni anbietet. Auch an der Schreibwerkstatt für wissenschaftliches Schreiben nimmt sie teil. „Ich fühle mich an der FernUni wirklich gut unterstützt“, betont Manuela Kölbl. „Es gibt viele hilfreiche Tutorien, und zu allen Fragen auch eine Ansprechperson.“
„Mittlerweise ist mein Ehrgeiz geweckt“
Wenn alles nach Plan läuft, hat Manuela Kölbl in rund zwei Jahren ihren Bachelor-Abschluss. Dann steht sie kurz vor ihrem 65. Geburtstag. Und fängt gleichzeitig gerade erst an: „Ich möchte unbedingt das weiterbildende Studium zum Kinderschutz an der FernUni absolvieren. Und die Weiterbildung im Bereich Entwicklungspsychologie. Das sind Themen, die mir sehr am Herzen liegen.“ Die Tagesmutter ergänzt: „Viele Menschen sind sich gar nicht bewusst, wie wichtig die ersten Lebensjahre für die Entwicklung eines Menschen sind.“
Durch ihr Studium fühlt sich Manuela Kölbl bereichert. Nicht nur intellektuell, sondern auch persönlich: „Das Studium hat mich und mein Leben verändert: Ich bin selbstsicherer, offener und klüger geworden“, sagt die 63-Jährige. In ihrem Beruf profitiert sie schon jetzt sehr vom Studium: „Ich begegne den Eltern jetzt viel mehr auf Augenhöhe, gerade denen aus dem akademischen Bereich.“
Angst vor der Zukunft hat die Studentin keine. Schließlich gibt es für sie genug zu tun. Die Flexibilität des Studiums an der FernUni kommt ihr dabei entgegen. „Einige meiner Bekannten haben zu mir gesagt: Bist du verrückt? In deinem Alter noch studieren – warum tust du dir das an? Genieße doch dein Leben!“ Manuela Kölbl lächelt. „Dabei ist es doch so: Jetzt, mit dem Studium, genieße ich mein Leben noch viel mehr.“
Stand: Juli 2023