Manuel Faißt
Zwischen Schanze, Loipe und Fernstudium
Manuel Faißt geht im Trainingslager im sächsischen Klingental ans Telefon. Der Nordische Kombinierer (27) aus Oberried in Baden-Württemberg kommt gerade von der Mattenschanze. Die Vorbereitung auf die Wintersaison läuft so normal wie möglich – soweit es die Corona-Krise zulässt.
Ob die Saison von Ende November bis März letztlich wie geplant stattfinden kann, weiß niemand so genau. Manuel Faißt wartet ab und bleibt locker, auch weil er mit seinem Wirtschaftsstudium an der FernUniversität in Hagen einen Plan B hat: „Mir ist es wichtig, neben dem Profisport ein zweites Standbein zu haben.“
Der Traum von den Olympischen Spielen in Peking
Noch steht für ihn der Sport an erster Stelle. Saisonhöhepunkt soll Ende Februar die Heim-Weltmeisterschaft in Oberstdorf im Allgäu werden. „Es ist schon schade, dass diese vermutlich ohne Zuschauer stattfinden muss, gerade im eigenen Land, wo sonst immer Freunde und Familie mit dabei sind“, bedauert Faißt. Neben der WM sind die Olympischen Spiele 2022 in Peking sein großes Ziel. Diesen Traum möchte sich der Sportsoldat noch unbedingt erfüllen, es wären seine ersten Winterspiele.
Dafür trainiert der dreifache Junioren-Weltmeister und Weltcupsieger im Team seit seiner Kindheit hart. Im Moment drei bis vier Stunden täglich. Die Leidenschaft für die Nordische Kombination wurde ihm quasi in die Wiege gelegt. Sein Vater war früher selbst Kombinierer und Trainer seines Heimatklubs SV Baiersbronn. So fuhr Manuel Faißt bereits mit vier Jahren zum ersten Mal den Auslauf der Zehnmeter-Schanze hinunter und wagte mit fünf Jahren den ersten Sprung. Nach wie vor ist ihm die Schanze lieber als die Loipe. „Springen fällt mir leichter und macht auch mehr Spaß“, sagt er. „Doch erst die Kombination aus beiden Disziplinen macht den Reiz meiner Sportart aus.“
Abwechslungsreiche Quälerei
Auch deshalb nimmt er mittlerweile seit gut zehn Jahren die harten Einheiten im Springen und Laufen in Kauf. „Da muss man sich schon ordentlich quälen“, sagt Faißt. „Aber das Training ist abwechslungsreich und nie langweilig.“ Sein Weltcup-Debüt feierte er bereits mit 16 Jahren. Und auch mit 27 Jahren hat er noch nicht genug. In den beiden vergangenen Wintern wurde er jeweils Zehnter im Gesamt-Weltcup. Auch in dieser Saison möchte er wieder vorne angreifen.
Ehrgeizig ist Manuel Faißt nicht nur im Sport. Im Fernstudium schaut er ebenfalls, „dass die Noten ordentlich sind“. Nach dem Wirtschaftsabitur probierte er ein Präsenzstudium in Jura in Freiburg aus. „Das ließ sich mit dem Sport aber nicht vereinbaren“, erkannte er schnell. Nach seinem Wechsel an die FernUniversität blieb er der Rechtswissenschaft treu, hatte aber besonderes Interesse an den wirtschaftswissenschaftlichen Modulen im Studiengang. „Die haben mir am meisten Spaß gemacht und auch die Prüfungen sind gut gelungen.“ Der Wechsel zur Wirtschaftswissenschaft lag daher nahe.
Erst Bachelor, dann Master
Der Bachelor-Abschluss ist jetzt bereits in Reichweite, vielleicht will er sogar noch den Master dranhängen: „Das eröffnet mir verschiedene Möglichkeiten. Festlegen möchte ich mich während meiner Sportkarriere aber noch nicht.“ Längst hat er im Umgang mit dem Studienmaterial seine eigene Strategie entwickelt. Gelernt wird auch schon mal im Trainingslager, im Flugzeug oder Bus. „Alle Module werden an der FernUniversität im Winter und im Sommer angeboten. Das ist echt gut“, sagt er. „Mir kommt es als Sportler sehr entgegen, dass es kaum Präsenztermine gibt.“
So kriegt Manuel Faißt Fernstudium und Profisport gut unter einen Hut. Der Nordische Kombinierer ist eben nicht nur Profi auf der Schanze und in der Loipe, sondern auch als Fernstudent.
Stand Oktober 2020