Prof. Dr. Christoph Ehmann: der Hochschul-Reformer

Biographisches

  • 1943 geboren in Bielefeld
  • 1971 bis 1974 Tätig­keit bei der „Hochschul­vereinigung für das Fern­studium“
  • 1974 bis 1975 Tätig­keit beim Deutschen Bildungsrat
  • 1977 Promotion über „Fernstudium in Deutsch­land“
  • 1976–1978 Leiter der Planungs­abteilung der FernUniversität
  • 1994 bis 1997 Staats­sekretär im Kultus­ministerium Mecklenburg-Vorpommern.
  • 2004 General­sekretär des euro­päischen Hochschul­netzwerkes Campus Europae, Luxemburg

Es war eine Aufbruchszeit, in der Christoph Ehmann 1976 Leiter der Planungsabteilung der FernUniversität wurde: „Wobei zwei Leute den Aufbruch bestimmten – Gründungsrektor Otto Peters und Gründungskanzler Ralf Bartz.“ Bartz war die treibende Kraft im Hintergrund: „Wenn man was wollte, musste man sich mit ihm verständigen.“

Zentrale Aufgabe der Planungsabteilung war die Entwicklung des neuen Lehrsystems: „Was muss da rein?“ Es ging jedoch nicht nur um Abläufe, Ehmann ging es um Menschen. Ihn reizte zu sehen, was man machen kann. Wie viele Frauen nehmen teil? Und Behinderte? Ein Kollege, eifriger Statistiker, konnte alles blendend ausrechnen und damit in den Sitzungen mit Bartz überzeugen: „Die hier sind verheiratet und haben Kinder. Und deshalb haben sie diese Arbeitszeiten oder Lernzeiten.“

Offene Hochschule

Ehmanns Credo: Fernstudium kann neue Schichten erreichen, die an traditionellen Hochschulen nicht ankommen können – „Das ist der eigentliche Vorteil der FernUniversität. Insofern ist sie ein wichtiger Demokratisierungsfaktor geworden.“ Er setzte sich für eine „offene“ Hochschule ein, ohne Abitur als zwingender Zugangsvoraussetzung. Doch sie hielt „krampfhaft fest“ an den Zulassungsbedingungen traditioneller Hochschulen. Die Lehrenden bestanden „heftigst“ darauf, dass möglichst alles, was dort mindestens galt, auch hier gelten sollte. Sich mit Fernstudiendidaktik zu beschäftigten, hielten die meisten für unnötig.

Der Bildungswissenschaftler Peters und Kanzler Bartz waren dagegen für den offenen Zugang, auch um zu zeigen, was machbar war. Aber: „Nicht alle Blütenträume reifen!“

Idealbild eines Fernstudierenden war, so Ehmann, für viele der Vollzeitstudent, der zuhause Berge von Fernlehrbriefen durcharbeitet und ohne Kommunikation mit anderen in drei, vier, fünf Jahren sein Diplom macht. Teilzeitstudierende waren zwar in der Organisation vorgesehen, aber eigentlich nicht beliebt. Dabei studierte von Anfang an über die Hälfte in Teilzeit, in Vollzeit weniger als zehn Prozent (der Rest waren Gasthörerinnen und -hörer). Die eigentlichen Adressaten hatten die Hochschullehrer, so Ehmann, also gar nicht im Auge.

 

Das Interview als Text

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Die eigentlichen interessanten Teile beginnen dann, wenn mein Studium anfängt 1965 in Marburg. Hab‘ mich dann sehr rasch in der Studentenpolitik engagiert, wurde dort stellvertretender AStA-Vorsitzender, Landesvorsitzender des Verbands Deutscher Studentenschaften in Hessen 1966, wurde dann AStA-Vorsitzender, wurde dann Vorsitzender des Verbands Deutscher Studentenschaften und habe mich dann auch schon sehr früh an diesen Bildungsaktivitäten beteiligt. Einige werden sich erinnern, dass Ralf Dahrendorf damals die Bildungskatastrophe ausgerufen hat. Daraufhin kam es dann zu einer Aktion „Student aufs Land“ oder „Aktion 1. Juli – Bildungswerbung“. Und zu diesem 1. Juli 1967 veröffentlichte der Sp… VDS eine kleine Broschüre, die u. a. ein kleines Abschlusskapitel hatte, in dem es um Fernunterricht ging. Und das war die Hoffnung, dass man mit diesem Fernstudium, Fernunterricht eine Öffnung für diejenige bekam, die während ihrer Jugendzeit keine Chancen hatten, zur Universität zu gehen.

Gleichzeitig fing 1967 an die Open University in Großbritannien, also mit einem großen Paukenschlag – einem offenen Zugang zum Studium für all‘ diejenigen, die studieren wollten: Wer kann, kann.

Das war natürlich für diejenigen, die eine Demokratisierung der Gesellschaft wollten, die das wir 68er nun wirklich vorgenommen hatten, war das die ideale Form einer Demokratisierung der Hochschule.

Otto Peters und Ralf Bartz

Mir bot sich dann die Möglichkeit dadurch, dass ich dann nach einer Phase beim Bildungsrat arbeitslos wurde, und füllte dann diese Zeit der Arbeitslosigkeit, indem ich meine Dissertation schrieb über das Fernstudium in Deutschland. Was dann erneut mich mit Otto Peters in Verbindung brachte, mit dem ich schon vorher am Institut für Fernstudien kleinere Sachen publiziert hatte. Er wurde nämlich mein Doktorvater für diese Arbeit. Die war dann auch fertig, und als die Arbeit so gut wie fertig war, gab es eine Stelle an der FernUniversität, die ausgeschrieben wurde, auf die ich mich bewarb. Und dann wurde ich Neuzehnhundert-… – jetzt muss ich überlegen – …sechsundsiebzig Leiter der Planungsabteilung der FernUniversität.

Das war eine Aufbruchszeit, wobei eben zwei Leute den Aufbruch eben bestimmten. Einmal der damalige Gründungsrektor Otto Peters und der Gründungskanzler Herr Bartz. Und Bartz war die treibende Kraft im Hintergrund, der auch das Geld in der Hand hatte und wusste, wo man es her holte. Wenn man was wollte, dann musste man sich mit ihm verständigen und dann klappte das auch. Also er ist wirklich eine herausragende Figur für die Geschichte der FernUniversität und ist das auch geblieben.

Aufgaben der Planungsabteilung

Ja, natürlich, aber Planung, das heißt, das Fernstudium zu planen. Also nicht die Gebäudeplanung machen, sondern was müssen wir machen, damit dieses Fernstudiensystem funktioniert. Also nicht, weiß ich was, für die Baulichkeiten, das machte der Verwaltungsdirektor viel besser oder weiß ich was. Nein, aber wir machen ein neues Lehrsystem. Und das muss funktionieren. Und das zu planen, was denn da rein muss: Wo muss man die Dozenten hinbringen? Wo muss man die Tutoren hinbringen? Wie viel Nahunterrichtszeit braucht man? Wie muss das mit der Zusendung der Lehrmaterialien geschehen? In welchem Zustand sollen der… ? Was muss man bedenken, wenn man Aufgaben hin und zurück schickt, ja? Wie viel Zeit vergeht da? Wann kriegen die denn eine Antwort, ob diese Lösung richtig war oder falsch war also? Wenn Sie einen normalen Test machen an der FernUni, schicken, dann ist mindestens 10 Tage, bis Sie die Antwort kriegen, ja. Was aber ist in den 10 Tagen, wenn der neue Lehrbrief kommt, der eigentlich auf die Prüfungsergebnisse in dem alten eingehen soll? Also solche, solche Phasen zu denken, das war eigentlich der Punkt. Und da auch zu denken: Ja das ist… Fernstudium ist da anders. Das geht nicht so schnell und es geht langsamer, es geht anders und es kann das und das passieren. Wollen wir über Poststreiks gar nicht reden, ja.

Also insbesondere ist diese Frage, wenn Sie im 4-Wochen-Rhythmus die Lehrbriefe zugeschickt kriegen: Wie lange sie dann für das erste Viertel, zweite Viertel, dritte Viertel, vierte Viertel brauchen. Wir haben dann damals überlegt: Die FernUniversität hatte eigentlich so einen Rhythmus, dass sie immer einen Lehrbrief nach dem anderen verschickte, ja. Also wenn der eine durchgearbeitet war, kriegte man den nächsten. Dann kam aber irgendjemand da drauf und sagt: „Das sind natürlich ziemliche Kosten, die man dann hat, ja. Wenn man die zusammenpacken würde, dann würde das leichter gehen.“

Das den Leuten klarzumachen, auch der Verwaltung klarzumachen, das Vereinfachungen oder Kostensenken auf der einen Seite auch Lehren, also dem Fluss der Didaktik, das Lernverhalten beeinflussen. Also es ist etwas anderes, ob ich jeden Tag in die Vorlesung gehe oder regelmäßig dahin muss, dann bin ich da und werde ich getaktet, ja. Und wenn diese Taktung ausfällt, weil das alles als einen Haufen geschickt wird, das führt auch zur Veränderung im Lernen, im Lernverhalten. Und diesen Zusammenhang deutlich zu machen, wie eng das verbunden ist und wie das den Lernerfolg beeinflusst, das war eine der, eine der Arbeiten, von denen ich meinte, das ich in der Planungsabteilung hätte leisten müssen.

Also, dass Fernstudium etwas ist, was erheblich Zeit oder Kosten spart, das würde ich heute nicht mehr behaupten. Sondern es ist etwas, was neue Schichten, neue Leute erreicht, neue Adressaten erreicht, die an den traditionellen Hochschulen nicht ankommen können, weil sie aus ihren beruflichen, familiären oder sonstigen Situationen daran gehindert sind. Das ist der eigentlich große Vorteil der FernUniversität. Insofern ist die FernUniversität ein wichtiger Demokratisierungsfaktor in unserer Gesellschaft geworden.

Bildungsplanung

Also dieser, diese, dieses Feld der Bildungsplanung, das war eigentlich das, was mich gereizt hat auch an dieser Tätigkeit an der FernUniversität in der Planungsgruppe. Zu sehen: Was kann man machen? Wie viel Frauen nehmen teil? Nehmen Behinderte teil? Was ist der? Wie ist die Altersgruppe, ja? Mein Kollege Heribert Möller war ein eifriger Statistiker, der das alles blendend ausrechnen konnte. Und damit konnten wir auch überzeugen in den wöchentlichen Sitzungen mit Bartz, dass es eben so wird: Das ist die Entwicklung! Deshalb müsst Ihr auf diese Gruppen achten. Und die sind verheiratet und haben Kinder. Und deshalb haben sie die und die Arbeitszeiten oder Lernzeiten. Und dieses alles, also das Soziale, den sozialen Hintergrund Eurer Studenten, die im wesentlichen Teilzeitstudenten sind, den bitte gibt in den Fokus und auch wenn Ihr im Zentrum für ZFE, Fernstudienentwicklung, Arbeiten macht und Didaktik, Lernschritte konzipiert und sonst was, geht eben damit … Habt das in Eurem Hinterkopf, dass Ihr wisst, das ist, das ist das Wichtige, ja. Auf solche Menschen trifft dieses Material, das Ihr da ausschickt.

Wir haben auch mit Wurster natürlich zusammengearbeitet. Fand‘ ich nicht so… Aber die haben dann sehr viel die Prüfungsfragen durchgesehen und die Texte überarbeitet, die Fernunterrichtstexte, didaktisch verändert oder besser gemacht.

Bei uns war das, war das ein bisschen auf die politische Ebene gehoben, ja. Also, was hat das für Auswirkungen? Die haben das didaktisch beguckt. Was passierte da? Während wir dann dachten: Was heißt das für die FernUniversität als System?

Meinungsverschiedenheiten

Das dauerte allerdings nur zweieinhalb Jahre. Dann gab es politische, ja Meinungsverschiedenheiten auch. Weil ich bestand weiterhin oder versuchte weiterhin zu favorisieren, dass diese FernUniversität ja nun auch eine offene Universität werden könnte, weil sie sich nach dem Beispiel der Open University immer wieder vorstellte. Die hieß damals zeitweise die „halb offene Universität“, aber sie war letztlich nicht halb offen, sondern die hielt krampfhaft fest an den Zulassungsbedingungen traditioneller Hochschulen. Also ein bisschen unterschiedlich, weil sie ja Gesamthochschule war, hatte sie also auch die Fachhochschulreife, nicht nur das Abitur, sondern auch die Fachhochschulreife als Zugangsvoraussetzung, aber der Lehrkörper bestand heftigst darauf, dass möglichst alles, was an der traditionellen Hochschule mindestens galt, also auch an der FernUniversität gelten sollte; an Voraussetzungen und an Bedingungen, nach dem man arbeiten musste.

Die FernUniversität hat diese große Chance, Leute zu Akademikern zu machen, die auch Erfahrung in anderen Feldern schon hatten. Die also über den Tellerrand hinweg gucken. Außer den Professoren, die hier lehren, die gucken natürlich nicht über den Tellerrand weg. Oder haben nicht, einige gibt es ja jetzt sicherlich. Aber auch, wenn man, sage ich mal so, auch wenn man zur Betonfraktion gehört, bedeutet das nicht, dass man vorher Maurer war.

Der FernUni-Student – Ideal und Wirklichkeit

Vor allen Dingen, also typischerweise war das, das Idealbild eines Fernstudenten war der sog. Vollzeitstudent. Also man stellte sich vor, dass ein Student, der an einer traditionellen Hochschule nicht angekommen war – aus welchen Gründen auch immer, Numerus clausus, die nahmen drastisch zu, deshalb war das auch eine Möglichkeit, neue Studienplätze zu schaffen – dass der zuhause sitzen würde, diese Aktenberge oder Berge von Fernlehrbriefen durcharbeitet, 8 Stunden am Tag, ohne Kommunikation mit anderen, und dann auf diese Weise in den vorgesehenen 3, 4, 5 Jahren sein Diplom machen würde. Die Vorstellung, dass die Hauptgruppe der Studenten Teilzeitstudenten sein würden – also Leute, die nebenher arbeiteten –, war zwar in der Organisation der FernUniversität vorgesehen, aber eigentlich waren die Teilzeitstudenten nicht sehr beliebt.

Aber es waren schon von Anfang an… war über die Hälfte oder die Hälfte der Studenten waren Teilzeitstudenten. Und der Rest war Gasthörer und dann gab’s eine minimale Gruppe von meist unter 10 Prozent, die Vollzeitstudenten waren. Also der eigentliche Adressat war eine andere Gruppe, als die, die die Hochschullehrer im Auge hatten.

Ich habe mich dann sehr intensiv an der FernUniversität um die Studentenvertretung gekümmert. Das liegt in meiner eigenen Biografie begründet, als Studentenvertreter. Dass die dann eben auch wirkungsvoll im Senat vertreten waren. Dass die dann auch im Senat initiativ werden konnten. Ich war dann selbst als Vertreter des Personals in den Senat gewählt worden. Allerdings eben nur noch kurze Zeit, bevor ich dann wegging.

Aber die Studenten waren schon sehr aktiv. Das waren auch welche, die sahen, was sie als eine Besonderheit hatten. Also welche Chance ihnen das gab, dass da was Neues geschaffen wurde, an dessen Gestaltung sie beteiligt waren.

Keine Frage der Kapazität

Eine Zeit lang hat man die Planungsgruppe sehr dazu drängen wollen, Kapazitätsuntersuchungen zu machen. Also sich sozusagen in die Numerus-clausus-Sache rein zu fieseln. Ich habe das abgelehnt und gesagt: Das ist nicht unser Dingen, wir haben keine Kapazitätsprobleme, ja. Der Fernunterricht hat die nicht. Das Fernstudium, wenn Ihr das richtig wollt, habt Ihr sie nicht.

Mein Argument war: Ihr erreicht die gar nicht, die da zur Universität gehen wollen und nicht können. Also im Sinne „Numerus-clausus-Entlastung“. Sondern Ihr erreicht neue Zielgruppen und die… Das sind mehr Studenten als vorher und nicht stattdessen, ja. Also wie viele der Vollzeitstudenten wirklich das Fernstudium benutzt haben, anstatt an einer Universität zu gehen? Ich halte den Anteil für irrelevant für alle Numerus-clausus-Debatten. Das war nie. Das hat nie funktioniert und das soll auch gar nicht funktionieren, weil sie dafür nicht geschaffen sind. Obwohl, das Argument ist richtig. Das Argument hat eine große Rolle gespielt.

Verschwörungstheorien

Wissen Sie, wir waren ja nur wenig jünger als diese jung berufenen Professoren. Und einige von uns hatten auch eine Studentenvertreter-Vergangenheit hinter sich. Und sie hatten in der Zeit mit ganz anderen Leuten geredet, ja, als mit diesen „Jungschen“ da. Das muss man so sehen. Es war … Und mit einmal spielten die sich auf, hatten von Verwaltung keine Ahnung, von Politik sowieso nicht. Hatten gute Dissertationen, Habilitationen geschrieben, waren wissenschaftlich ohne Zweifel anerkannte, wertvolle Gestalten. Aber zu behaupten, sozusagen jetzt können sie alles... Das ging noch nicht. Haute nun mal nicht hin. Didaktisch waren sie sowieso auf dem Holzweg.

Aber sie hatten sich nicht mit Didaktik beschäftigt. Das war ihnen ja nicht vorzuwerfen. Vorzuwerfen war ihnen, dass sie sich nicht mit Didaktik beschäftigen wollten. Das sie meinten, sie wüssten schon alles. Und alles besser natürlich.

Das Schlimme war ja eben, dass… Ich saß im Haus, der Pressereferent saß im Haus, der persönliche Referent des Rektors saß im Haus und dann dieser Zuschläger von Rolf Bartz, der ja eigentlich nicht persönlicher Referent war, sondern der so… Der Kanzler durfte ja keinen persönlichen Referenten haben. Das geht, solche Bezeichnungen gönnen die ihm im Ministerium nicht. Der musste ja also irgendwie anders heißen. Ja, und dann gab es eine schöne Kaffeeecke. Und dann haben dann Leute gedacht: Da tagt die Verschwörung täglich, die uns immer Steine in den Weg legen und die Universität daran hindern, zu einer Universität alten Stils zu werden.

Fernstudium als Chance

Und wenn ich auch immer wieder darauf zurückkomm‘ und sag‘, der offene Hochschulzugang, das ist eine Frage auch, wie man der Würde des Menschen gerecht wird. Nämlich warum… Es ist unter der Würde, dass man Menschen nur wegen der sozialen Herkunft benachteiligt. Und wenn das einige Hochschullehrer nicht einsahen, dann hatte, dann war meine Kritik an ihnen sicherlich nicht nur einfach eine über einen kleinen Antrag, den man hier haben, sondern auch eine tiefe Kritik an ihrer gesamten Einstellung. Also ich glaubte nicht, dass mit diesen Leuten wirklich eine gute Demokratie zu schaffen sei. Deshalb war das auch mit ein Grund, warum ich dann die FernUniversität ganz gerne verließ. Obwohl ich eigentlich mit großem Herzen an dieser Idee gehangen habe. Und immer noch hänge, aber wie gesagt …

Das ist eine große Bewegung gewesen, auch schon Anfang der 70er Jahre mit dem sogenannten „Open Learning“. Das ist im Wesentlichen in den Vereinigten Staaten gemacht worden. Und die FernUniversität hat auch mit Otto Peters und damals mit Friedrich Edding als Vorsitzendem dieser Kommission ein Projekt des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung – damals hieß es, glaube ich, Bildung und Wissenschaft – gemacht über dieses offene Lernen. Und offenes Lernen heißt, dass man alle Situationen, in denen die Menschen sind, nutzt dazu als Lerngelegenheit.

Universität ohne Mauern, hieß das damals, „University without Walls“. Also das ist eine… Dafür passt dieses Fernstudium auch, ja. Wenn man es richtig will.

Otto Peters war so offen, solche Projekte überhaupt zu sich zu nehmen. Also die Verantwortung dafür zu übertragen, denn man musste ja eine Institution haben, die das machen wollte, die das abrechnen wollte auch. Und die Universität, FernUniversität hatte eben in diesen ersten Jahren – ganz sicherlich auch immer im Zusammenspiel mit Bartz – diese Offenheit, diese Bereitschaft, was zu tun. Auch um zu zeigen, dass da mehr gemacht werden konnte.

Es ist nicht so alles gekommen. Nicht alle Blütenträume reifen.

Das war eine Aufbruchszeit, wobei eben zwei Leute den Aufbruch eben bestimmten. Einmal der damalige Gründungsrektor Otto Peters und der Gründungskanzler Herr Bartz. Und Bartz war die treibende Kraft im Hintergrund, der auch das Geld in der Hand hatte und wusste, wo man es her holte, wenn man was wollte, dann musste man sich mit ihm verständigen und dann klappte das auch. Also er ist wirklich eine herausragende Figur für die Geschichte der FernUniversität und ist das auch geblieben.

 

Über das Projekt Zeugen der Zeit

Interviews und Redaktion:
Dr. Almut Leh (Institiut für Geschichte und Biographie)

Produktion:
Jennifer Dahlke, Alexander Reinshagen, Sascha Senicer (Zentrum für Medien und IT)

Texte:
Carolin Annemüller, Susanne Bossemeyer, Gerd Dapprich, Anja Wetter, Multimediale Umsetzung: Oliver Baentsch (Dezernat 7 Hochschulstrategie und Kommunikation)

Fotos:
Jakob Studnar, Stefanie Loos, Archiv der FernUniversität

Plakate:
Gabriele Gruchot (Dez. 5 Technische Medienadministration)