Neuerscheinungen aus dem Institut für Neuere deutsche Literatur- und Medienwissenschaft
Auf dieser Seite weisen wir auf neu erschienene Bücher hin, die von Mitgliedern und externen Promovendi des Instituts für Neuere deutsche Literatur- und Medienwissenschaft geschrieben oder herausgegeben wurden, sowie auf wissenschaftliche Publikationen von Studierenden, die in den Schriftenreihen des Instituts erschienen sind. Die jüngst erschienene Publikation steht dabei immer an erster Stelle.
Irina Gradinari (Hg.), Feministische Literaturwissenschaft und ihre Folgen. Münster: Lit Verlag 2024.
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Slapstick
Ein Kompendium. Teil I
Hagen 2024, 263 Seiten
ISBN (PDF): 978-3-98767-012-1
ISBN (Print): 978-3-98767-482-2
Der Slapstick-Kurzfilm der Stummfilmzeit (bis 1927) ist die Herkunft der genuinen Filmkomik und auch der erste Modus, in dem das Kino ‚volkstümlich‘ ist. Er ist fokussiert auf die Komik des beweglichen und bewegten menschlichen Körpers und auf den damit verbundenen sight gag. Unter einem Kompendium versteht man seit dem 16. Jahrhundert gemeinhin ein kurzgefasstes Handbuch oder Lehrbuch. Ein Kompendium soll einen Überblick bieten, ohne eine Systematisierung vorzunehmen, und so verhält es sich auch in diesem Slapstick-Kompendium, das einen Überblick über den Slapstick unter einem bestimmten Gesichtspunkt bieten möchte: Der Gesichtspunkt ist der menschliche Körper in der sichtbaren, modernen Welt – der Körper mit seinen Kulturtechniken, in bestimmten Situationen und in bestimmten Milieus. Daher umfasst dieses reich bebilderte Kompendium Artikel über das Gehen und das Klettern, aber auch über Drehtüren und Männerhüte, über die Mahlzeit und den Strand, über Motorradfahren und Schießen. In den im Slapstick gezeigten komischen Abweichungen, die bei all diesen Tätigkeiten und im Umgang mit diesen Dingen vorkommen können, wird allererst sichtbar, wie es sich mit diesen Tätigkeiten und Dingen überhaupt verhält. Die Einträge erfolgen schlicht alphabetisch, ohne jede Hierarchisierung. Zwar ist die Auswahl der neunzehn Stichworte nicht beliebig, aber höchst unvollständig und vorläufig: Dies ist der erste Teil, dem ein zweiter folgen wird. Fast alle Filme, die in diesem Kompendium als Beispiele herangezogen werden, sind im Internet verfügbar. Daher können die Beobachtungen, die von den Autorinnen und Autoren dieses Kompendiums gemacht werden, jederzeit nachgeprüft, ergänzt und erweitert werden. Und für die Behauptungen, die hier aufgestellt werden, lassen sich vielleicht auch Gegenbeispiele finden. Das Kompendium lädt dazu ein. Es repräsentiert kein fertiges Wissen, sondern versteht sich als Erkundung und Sondierung.
Was ist ein Genre
Eine Untersuchung in 463 Bemerkungen
Hagen 2024, 278 Seiten
ISBN: 978-3-98767-480-8
Wissen wir nicht bestens darüber Bescheid, was ein Genre ist, weil wir das Wort richtig verwenden? Daraus folgt jedoch nicht, dass wir uns über den Begriff des Genres im Klaren sind. Denn wir überblicken unseren Gebrauch dieses Wortes nicht. Wie unterscheiden wir beispielsweise das Genre von der Gattung, von der Sorte, vom Format oder vom Modus? Das Wort findet in ganz unterschiedlichen Künsten und Medien Verwendung, wenn es darum geht, Gruppen zu bilden: in der Literatur, im Film, im Fernsehen, in der Malerei, in der Photographie, in der Musik, im Computerspiel. Was kann alles zum Genre werden: das Klassenfoto, und auch das Zielfoto? Das Kochrezept, und auch die Todesanzeige? Die Disziplin, die in erster Linie – und mit großem Erfolg – Genretheorie betrieben hat, ist die Filmwissenschaft. Doch wir verwenden das Wort keineswegs immer so, wie es dort vorgesehen ist. Eher hat die Vorstellung, Genres wären immer ungefähr das, was die Genretheorie des Films über diesen Begriff denkt, für theoretische Verwirrung gesorgt. Es gilt, erstmals die vielfältige Landschaft des tatsächlichen Gebrauchs dieses Wortes zu besichtigen, um zu begreifen, dass wir uns von einem Genre keinen Begriff, sondern nur ein Bild machen können.
Opferdramaturgien nach dem bürgerlichen Trauerspiel
Band I: Zur Viktimologie der Geschlechter in Drama, Libretto und Prosa
Würzburg 2024, 276 Seiten
ISBN: 978-3-8260-7631-2
Zwischen 1760 und 1850 werden die Gründe für noch gegenwärtige Opferdiskurse gelegt. Seit dem bürgerlichen Trauerspiel besetzt in einer expliziten Engführung zwischen Geschlecht und tragischer Funktion meist das weibliche Opfer die tragische, männliche Täterschaft komplementär die antagonistische Position: Die Dramen überhöhen die ›Victimae‹ zu ›Sacrificia‹ und bringen das Opfer mit der seinerzeit akuten Geschlechteranthropologie in Verbindung. Lessings Emilia Galotti hatte ein wirkmächtiges Schema geprägt, das die nachfolgende Dramatik von Lenz, Caroline Schlegel, Schiller oder Goethe, über Kleist, Werner und Grillparzer bis hin zu Hebbel, Hauptmann oder Hofmannsthal in mimetischer Anknüpfung und Absetzung fortschreibt. Oft beobachten auch Romane das enge Band zwischen Gender, Tragödie und Opfer. Bis hin zu Elfriede Jelinek, Botho Strauß oder Lars von Trier wirkt der Zwiespalt zwischen aufgeklärter Opferkritik und ästhetischem Opferkult nach. Ob die Darstellung des Opfers den Darstellungscharakter schon des realen Opfers erhellt, und damit auch die Darstellungsfunktion von Geschlecht, oder ob sie vom Opfer entfachte Leidenschaften nährt, bleibt bis heute fraglich.
Das Naturschöne in Beispielen
Zur Genealogie eines Problems der Ästhetik
Berlin 2024, 274 Seiten
ISBN: 978-3-86599-573-5
Von Schönheiten der Natur ist allenthalben die Rede: Sonnenuntergänge, die Rose am Wegesrand, eine singende Nachtigall vielleicht, pittoreske Landschaften wie die Toskana sind schön. Also muss es doch das Naturschöne geben, das Schöne von Natur aus! Wenn die Ästhetik die Lehre oder Theorie vom Schönen sein soll, muss sie über die Beschaffenheit eben dieses Naturschönen Auskunft geben können. Tatsächlich hat sich aber die Ästhetik als Disziplin von Anfang an – also seit sie Mitte des 18. Jahrhunderts aus der Taufe gehoben wurde – schwer mit dem Naturschönen getan. Während sie ihre begrifflichen Gebäude zum Kunstschönen errichtete, hat sie gleichsam vergessen oder verdrängt, bestenfalls dialektisch negiert, dass sich das Kunstschöne der Unterscheidung vom Naturschönen verdankt. Das Naturschöne aber lässt sich letztlich in keine Systematik bringen, und es kommt überhaupt den Systemen der Ästhetik immer wieder in die Quere, kurzum: es ist ein Problembegriff. Jedes Problem hat seine Genealogie. Dieses Buch möchte sich dem Naturschönen sozusagen von der Seite oder vom Rand aus nähern: Das ist die Seite der Beispiele, die in den Ästhetiken zwischen 1750 und 1850 immer wieder für das Naturschöne gegeben werden. Es von seinen Beispielen her zu lesen, nimmt jenen Aspekt des Problems ernst, bei dem ein Begriff oder eine Theorie eine Prüfung erfährt, die eben nicht allein auf Seite der logischen Argumentation stattfindet. An Beispielen muss sich aufweisen oder zeigen lassen, was das Naturschöne sei. Diese Beispiele sind dazu geeignet, zumindest einen übergreifenden Aspekt zu bündeln, der noch in unseren heutigen Vorstellungen des Naturschönen herumgeistert. Das Buch erhebt keinerlei enzyklopädischen Anspruch, sondern möchte im Gegenteil Forschende und Lesende dazu ermutigen, mit den Beispielen zu lesen und zu denken.
Arbeiteraristokratie und Lumpenproletariat in Georg Weerths Skizzen aus dem sozialen und politischen Leben der Briten
Hagen University Press 2024
132 Seiten
ISBN (PDF): 978-3-98767-013-8
ISBN (Print): 978-3-98767-484-6
Georg Weerth gehört zu den eher unbekannten Autoren im Vormärz. Dabei gilt der Dichter, Journalist, international tätige Kaufmann und Sozialist als Freund von Marx und Engels. Die Untersuchung widmet sich der im Forschungsfeld der literarischen Ökonomik und auch in der aktuellen Weerth- und Vormärzforschung artikulierten Frage nach der begrifflichen und sozialen Konstitution eines Kollektivs namens „Arbeiterschaft“ im Mutterland der Industrialisierung. Dass diese Klasse in sich differenziert war, darauf weisen schon Marx und Engels im Kommunistischen Manifest mit ihrer Rede vom „Lumpenproletariat“, der nicht arbeitenden Unterschicht, und Marx 1867 im Kapital mit dem Begriff der „Arbeiteraristokratie“ hin. Weerth findet in den Skizzen (1843–1848) ein plastisches Bild für die dynamischen Binnendifferenzierungen der Arbeiterschaft: In der Allegorie vom Baum der englischen Glückseligkeit stellt er den sozialen Stoffwechsel in der kapitalistisch geprägten Moderne nach dem Modell eines botanischen Organismus dar. Den sozialen Fragen begegnet er literarisch in einer modern anmutenden Collagetechnik und schildert vor dem Problemhorizont der durch „Hungerlöhne“ verursachten Armut die Arbeiterschaft emphatisch nicht nur nach materiellen, sondern auch nach kulturellen und ethnischen Distinktionsmerkmalen.
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- Bd. 14 in Serie: Beiträge zur Literatur- und Medienwissenschaft
z.B. Zeitschrift zum Beispiel
Nummer 6 : Themenheft Beispiel und Erzählen
Hagen: Hagen University Press 2024
Einerseits ist das explizite Beispielgeben im Akt des Erzählens ein Fremdkörper. Wer ein Beispiel gibt, argumentiert oder expliziert, aber er erzählt nicht. Betont zirkulär ausgedrückt: Wenn eine Erzählinstanz sagt, dass sie ein Beispiel gibt, unterbricht sie das Erzählen und wechselt in einen anderen Diskursmodus, indem sie einer anderen Form der Themenentfaltung, wie die Textlinguisten sagen, Raum gibt. Andererseits weiß man seit Aristoteles’ Rhetorik, dass das Beispielgeben zu einem wesentlichen Teil narrativ ist und dass Erzählungen als Beispiele aufgefasst werden können. Inwieweit Erzählinstanzen Beispiele geben, unter welchen Voraussetzungen, in welchen erzählenden Textsorten, und mit welcher Wirkung dies geschieht, wird im Themenschwerpunkt dieses Hefts anhand von Beispielen (von Robert Musil bis Mark Z. Danielewski, von Thomas Mann bis Juli Zeh) erkundet. Mit Beiträgen von: Rüdiger Campe | Ben Dittmann | Andreas Jörg | Simon Meisch und Stefan Hofer-Krucker Valderrama | Michael Niehaus | Ralph Olsen | Oliver Simons
Queere Nation?
(Re-)Imaginationen des Nationalen im queeren deutschen Film der Nachwendezeit
Welchen Platz nimmt Queerness in der deutschen Post-Wende-Nation ein? Und welche Erzählungen von Nation und Queerness bieten queere deutsche Filme in der Nachwendezeit an? Jeanette Roche zeigt aus intersektionaler Perspektive, dass dort eine Reihe von Möglichkeiten queerer Subjektpositionen für das Verhältnis zur Nation nach '89 entstehen. Sie reflektiert dabei die im Film aufkommenden Ambivalenzen zwischen Normalisierungsnarrativen und deren Umformung. Dabei wird deutlich: Der Diskurs um Nationalismus findet immer auch sexualisiert und vergeschlechtlicht statt.
Weihnachtsfilme lesen II
Von Krisengeschichten und Wunschszenarien
Weihnachtsfilme lesen lohnt sich! Im zweiten Band der Genreanalyse geht es um Krisengeschichten. Entgegen dem Klischee, dass Weihnachtsfilme von einer heilen Welt erzählen, zeigen sich häufig Verwerfungen in Familie und Liebesbeziehungen sowie verunsicherte Genderrollen und ökonomische Probleme. Die weihnachtliche Harmonievorstellung bildet lediglich den Hintergrund, vor dem sich private wie soziale Krisen abzeichnen. Sind Krisen also sogar genrekonstitutiv? Die Beiträger*innen diskutieren Deregulierung und Verunsicherung als ästhetische Phänomene des Weihnachtsfilms. Dazu nehmen sie diskursive Verhandlungsprozesse der (De-)Stabilisierung sowie genrespezifische Mechanismen der Krisendarstellung in den Blick und zeigen: Weihnachten und Krisen gehören zusammen.
Unterschreiben
Zur Geschichte und Theorie literarischer Eigenhändigkeit
Brill | Fink Verlag 2023
393 Seiten
ISBN 978-3-7705-6635-8
E-Book ISBN 978-3-8467-6635-4
Mit dem eigenhändigen Unterschreiben geht es zu Ende. Zunehmend übernehmen digitale Signaturen ihre Rolle. Was aber wird überhaupt die individuell-eigenhändige Unterschrift gewesen sein?
Die materiale Form, in der Unterschriften heute gegeben werden, ist nicht kontingent, sondern Ergebnis komplexer historischer Transformationen. Unterschreiben ist deshalb nur vorderhand ein einfacher Schreibakt, was bereits daran zu erkennen ist, dass selbst berühmte Philosophen wie Friedrich Nietzsche, Walter Benjamin oder Jacques Derrida sich an ihr abarbeiten und zwar nicht allein in der Theorie: Sie unterschreiben selbst, zum Teil unter Pseudonym oder als Gott Dionysos. Zentraler Ort, an dem der komplexe Rechtsakt des Unterschreibens verhandelt wird, ist die Literatur. Wer den Geschichten zwischen Literatur und Recht folgt, kann lernen, Unterschriften zu lesen und begreifen, dass sie auch im Recht operative Fiktionen sind.
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- Literatur und Recht, Band: 9
Komik der Lüste
Ergebnisse des Kassler Komik-Kolloquiums
Aisthesis Verlag 2023
528 Seiten
ISBN 978-3-8498-1917-0
E-Book ISBN 978-3-8498-1918-7
Kulinarik und Sexualität sind biologisch, individuell und sozial von existenzieller Bedeutung. Als Ensemble zahlreicher kultureller Praktiken bedienen sie menschliche Bedürfnisse in verschiedenen Spannungsfeldern wie Obsession und Tabu, Verführung und Verbot, Freiheit und Zwang, Macht und Unterdrückung, Wollen und Können. Vor diesem Hintergrund untersuchen die Beiträge des Bandes die spezifische, sich historisch und diskursiv wandelnde Komik der Lüste, die Eros, Sex und Erotik sowie dem Essen, Trinken und Schwelgen in lukullischen Genüssen eigen ist. Dabei zeigt sich, dass komische Darstellungen und gezielte Akte subversiver Komisierung von Kulinarik und Sexualität die Auflösung habitualisierter, standardisierter und routinemäßiger Einstellungen, Automatismen oder bewusster Handlungsweisen leisten können.
20 Beiträge untersuchen Filme, Serien und TV-Comedies, Late-Night-Shows und Stand-up-Comedy, Comics als Hefte und Reihen, literarische Texte (Gedichte, Dramen, Erzählprosa, Kolumnen, Manifeste) sowie Witz-Sammlungen, computerlinguistische Korpora und ein ganzes Online-Wörterbuch. Diese mediale Diversität spiegelt die interdisziplinäre Vielfalt des Bandes: Im Zeichen der
Komik- und Humorforschung treten literaturwissenschaftliche, linguistische und soziologische mit film-, medienkulturwissenschaftlichen und anthropologischen Ansätzen in wechselseitigen Austausch und den Dialog mit literarischen Reflexionen über die Komik der Lüste, u. a. von Nora Gomringer, Katja Lange- Müller, Stefanie Sargnagel und Michalis Pichler.
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- Kulturen des Komischen Band 10
Heinrich Grunholzers dokumentarischer Anhang in Bettina von Arnims Königsbuch (1843)
Ein Text aus dem Vormärz als Vorform der Protokoll-Literatur
Hagen University Press 2023
167 Seiten
ISBN 978-3-98767-008-4
Im Auftrag Bettina von Arnims besucht Heinrich Grunholzer 1843 die ersten Mietshäuser der Berliner Vorstadt, in denen zahllose unter den Auswirkungen der Frühindustrialisierung leidende Handwerkerfamilien in elenden Verhältnissen leben. Um aufzuzeigen, dass diese Menschen auch bei bestem Arbeitswillen ihren Unterhalt nicht aus eigener Kraft verdienen können, bedient sich der Schweizer Sekundarlehrer u. a. der Stilelemente des Protokolls. Den institutionellen Schein, den diese Textsorte ausstrahlt, macht sich auf ähnliche Weise eine Protokoll-Literatur zunutze, die in Deutschland in den 1960er-Jahren entsteht. Als Vorform dieser Protokoll-Literatur stellen Grunholzers Armenprotokolle ein aus jener Zeit herausragendes Plädoyer gegen die arbeitende Armut dar. Bei näherer Betrachtung zeigt sich allerdings, dass die von Grunholzer befragten Personen kaum eine eigene Stimmhaftigkeit entfalten können. Grundlegend werden vier Vermittlungsstufen identifiziert, auf denen die Autorinstanz einer Protokoll-Literatur auf das Gesprächsmaterial einwirken kann.
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- Bd. 11 in Serie: Beiträge zur Literatur- und Medienwissenschaft
Religion und ihr Konflikt mit Magie im Fantasy-Genre
Hagen University Press 2023
90 Seiten
ISBN 978-3-98767-007-7
Im Fantasy-Genre hat Religion eine marginale Position: Wenn sie überhaupt eine Rolle spielt, ist es meist eine bösartige, oft im Konflikt mit einer dominanten Magie. Das steht im Gegensatz zu den Rollen, die beide in der realen Geschichte spielen: Hier ist Magie meist in der marginalen Position gegenüber der Religion, vor allem im europäischen Mittelalter, aus dem Fantasy so viel Inspiration zieht. Um dies zu verstehen, müssen die schwierigen begrifflichen Abgrenzungen und die widersprüchliche Geschichte zwischen Religion und Magie durchblickt werden. Anhand beispielhafter Werke – J.R.R. Tolkiens Silmarillion, Terry Pratchetts Small Gods, Ursula K. Le Guins Earthsea-Reihe und Marion Zimmer Bradleys The Mists of Avalon – zeigt sich, wie Konflikte um Religion und Magie in Fantasy-Welten reale Konflikte um die Legitimierung von Macht austragen. Fantasy ermöglicht eine Weltflucht zu einer anderen Macht- und Weltordnung, die von der Vergangenheit inspiriert, aber nicht an sie gebunden ist.
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- Bd. 10 in Serie: Beiträge zur Literatur- und Medienwissenschaft
Religion und Humanität, Ironie und Skepsis in Thomas Manns Erzählung Das Gesetz
Hagen University Press 2023
161 Seiten
ISBN 978-3-98767-006-0
Thomas Manns Erzählung „Das Gesetz“ ist als Teil einer Anthologie gegen Hitler im Zweiten Weltkrieg erschienen; sie hat durch den russischen Angriffskrieg eine bei Erstellung dieser Untersuchung ungeahnte Aktualität erhalten. Die Erzählung ist allerdings vielschichtig konzipiert und kann in unterschiedlichster Weise gelesen werden: Als Bibelkommentar, als Suche nach der Grundlage einer Universalethik und als Faschismus-Kritik. Prägendes Merkmal des Texts, das jede einseitige Interpretation verbietet, ist die Ironie. Die ironische Unterminierung jeder eindeutigen Aussage steht in einem Spannungsverhältnis zu dem Versuch der Herleitung einer Universalethik. Zugleich stellt die ironische Distanz, die skeptische Grundhaltung selbst einen Aspekt von Humanität dar, indem sie sich als Gegenstück zu entmenschlichenden totalitären Weltbildern positioniert. Die vorliegende Untersuchung widmet sich dem komplexen Verhältnis zwischen ironischer Denkweise und universalethischem Anspruch in der Erzählung.
- zum Buch
- Bd. 9 in Serie: Beiträge zur Literatur- und Medienwissenschaft
Weihnachtsfilme lesen
Familienordnungen, Geschlechternormen und Liebeskonzepte im Genre
Bielefeld: transcript 2022
288 Seiten
ISBN 978-3-8376-6424-9
Weihnachtsfilme lesen lohnt sich! Denn ästhetisch stellen sie als transgenerisches Phänomen eine Besonderheit dar. Sie erlauben Einblicke in sozialpolitische Prozesse der geschlechtsspezifischen, ethnischen und klassenspezifischen Subjektivierung bis hin zur nationalen Gemeinschaftsbildung. Und sie machen deutlich, dass Weihnachten einem kulturhistorischen und medienästhetischen Wandel unterliegt. Die Beiträger*innen sezieren dieses kulturelle Schwergewicht und fokussieren konstitutive Wechselbeziehungen von Genre mit den Kategorien gender, race und class. Als Material nutzen sie dazu u.a. romantische Komödien, Märchen-, Familien-, Trick-, Horror-, Kinder- und Actionfilme.
Beispiele des Hässlichen in der Ästhetik
(1750–1850)
Göttingen: Wallstein 2022
Über das Hässliche lässt sich nur in Beispielen sprechen: Mit ihnen betritt man die Systemgebäude der Ästhetik durch einen Seiteneingang, der über deren Ausschlüsse und Grenzen letztlich mitten hinein führt in die normative Konstitution des modernen Geschmacks.
Im Rahmen der philosophischen Ästhetik (1750-1850), deren erklärter Leitbegriff die Schönheit ist, erscheint das Hässliche als randständiger und eigentümlich prekärer Begriff. Auch die Beispiele sind als solche etwas, das abseits des Systematischen liegt. Jessica Güsken widmet sich den Entwürfen der Hässlichkeit aus Perspektive der Beispiele, die in den Texten der Ästhetik zirkulieren und als vermeintlich »bloßes Beiwerk« philosophischer Theorie bislang keine genauere Untersuchung erfahren haben. Dabei ist die Ästhetik darauf angewiesen, Beispiele zu geben: Sie avancieren zu unverzichtbaren Agenten der Herstellung und Sicherung von Evidenz. Zugleich haben sie den Übergang von der Theorie in die Praxis ästhetischen Urteilens zu vermitteln, sodass Beispiele als Medien sichtbar werden, die aus dem Text herausführen, Körper und Sinne in Bewegung setzen und dabei auf die Ausbildung des ästhetischen Subjekts als »Mensch von Geschmack« sowie dessen disziplinierende Einübung zielen. Die diskursanalytische Untersuchung erlaubt neue Einsichten in die Konstitution der modernen Ästhetik und die Kehrseiten ihres humanistischen Geschmacksideals, und fordert dabei auch immer wieder zu der Frage heraus, inwieweit sich der ästhetische Blick auf Oberflächen, Haut und Körper bis heute von der normativen Exklusivität des klassi(zisti)schen Schönheitsbegriffs entfernt hat.
Siebenmal Die Richterin
Über eine Novelle von Conrad Ferdinand Meyer
Hannover 2022, 144 Seiten
ISBN: 978-3-86525-963-9
Der vorliegende Band präsentiert sieben Lektüren von Conrad Ferdinand Meyers Die Richterin (1885). Der Literaturkritik und der Literaturwissenschaft, die das Werk diskutiert hat, ist es stets unbehaglich mit Meyers Novelle gewesen. Die Dokumente zur Entstehungsgeschichte weisen bereits auf einige Schwierigkeiten hin, die der Text aufwirft. Meyer schwankte nicht nur lange, an welchen Ort und in welche Zeit er die Handlung verlegen sollte, sondern zog auch die Form eines Dramas für seinen Stoff in Erwägung. Schließlich siedelte er die Handlung im Rätien zur Zeit Karls des Großen an und verknüpfte einen in der Vergangenheit verübten Gattenmord der Protagonistin, die als herrschende Richterin eine neue politische Ordnung errichten möchte, mit dem Motiv eines möglichen Geschwisterinzests in der nächsten Generation. Meyers Novelle formt aus seinem Stoff einen [...]
Mit Beiträgen von Maximilian Bergengruen, Michael Niehaus, Nicolas Pethes, Armin Schäfer, Peter Schnyder, Hubert Thürung und Christine Weder.
z.B. Zeitschrift zum Beispiel
Nummer 5 : Themenheft Beispiel-Tiere
Hagen: Hagen University Press 2022
Seit jeher tauchen in verschiedenen Wissensdiskursen Tiere als Beispiele auf. Das gilt für die Hunde oder die Bienen in der politischen Theorie Platons oder Aristoteles’ ebenso wie für die mittelalterlichen Bestiarien in der Tradition des Physiologus, aber auch die Paradoxien der modernen Quantenphysik wurden von Erwin Schrödinger bekanntlich an einer Katze exemplifiziert. Das z.B.-Themenheft widmet sich der fundamentalen Rolle und den mannigfaltigen Funktionen, die Tiere als Beispiele in ganz unterschiedlichen Diskursen einnehmen, und dabei auf verschiedenen Feldern zu Agenten des Wissens werden oder bestimmte Techniken sowie Körperpraktiken anleiten: So etwa das Lesenlernen, aber auch die Sprechakttheorie, die Gattungstheorie der Fabel, oder eine postmoderne Theorie der Kindheit. Die Tiere – vom Axolotl bis zum Wolf, von der Krähe bis zum Oktopus – erweisen sich dabei nicht nur immer wieder als besonders geeignete Vermittler, die für ein komplexes Wissen einstehen, das anders gar nicht zu haben ist. Auch sie selbst wandern dabei durch die Diskurse – häufig von der (literarischen) Fiktion in wissenschaftliche Texte und zurück. Die Beiträge des Themenhefts leisten erstmals eine Verbindung der Beispielforschung mit zentralen Fragestellungen der Animal Studies, und sind daher für diese wie für jene gleichermaßen interessant. Mit Beiträgen von: Ben Dittmann | Jennifer Gerber | Elias Kreuzmair | Peter Risthaus | Maria-Anna Schiffers | Sebastian Schönbeck | Vera Thomann.
Erzählen ohne Worte. Eine Erkundung
Hagen: Hagen University Press 2022
Erzählen ereignet sich gewöhnlich als sprachliches Verhalten. Erzählen ohne Worte muss im Vergleich dazu künstlich wirken. Dennoch gibt es ganz verschiedene Formen des Erzählens, die ohne Worte auskommen – erzählt wird in Bildern, in der Pantomime, im Comic, im Film. Dieses Buch widmet sich dem weiten Feld des Erzählens ohne Worte ausgehend von Beispielen. Das Nachdenken über die Beispiele involviert aber auch in einige Grundfragen des Erzählens: Ab wann wollen wir von einer Geschichte sprechen? Was heißt es, dass eine Geschichte bekannt sein muss? Welchen konstruktiven Anteil an der Übermittlung einer Geschichte ist dem Rezipienten zuzuschreiben? Auf welcher Ebene sollen denn im Erzählen die Worte fehlen? Inwiefern setzt ein Erzählen ohne Worte immer eine Welt mit Worten voraus? Solche Fragen werden in diesem Buch sozusagen vom Rand aus angegangen. Es geht weniger darum, ‚Erzählen ohne Worte‘ als einen sauber abzutrennenden Bereich auszuweisen, als vielmehr anhand der Beispiele zu analysieren, worauf ein Erzählen ohne Worte zurückgreifen kann, welche Möglichkeiten es birgt und was es uns – als sprechende Wesen – bedeuten kann. Und es geht darum, das Erzählen ohne Worte als Rätsel und als Abgrund erscheinen zu lassen. Vielleicht enthüllt sich das Gemeinsame dieses Ohne-Wort-Seins für uns in einer Herausforderung oder gar in einem Anspruch.
> Open Access frei abrufbarIrina Gradinari / Michael Niehaus (Hg.)
Störung, Verunsicherung, Destabilisierung. Filmanalysen
Hagen: Hagen University Press 2022
Die Begriffe Störung, Verunsicherung und Destabilisierung beziehen sich zwar auf unterschiedliche Register, bezeichnen aber alle drei Zustandsveränderungen, die vormals geordnete Verhältnisse infrage oder auf die Probe stellen. Die Beiträge dieses Bandes versuchen, diese Kategorien für die Analyse von Filmen fruchtbar zu machen. Zunächst einmal lässt sich feststellen, dass filmische Narrationen (wie Narrationen generell) überhaupt erst durch Störungen in Gang gesetzt werden, dass Zuschauende etwa durch eine gestörte Informationsvergabe oder durch eine unklare Genrezuordnung verunsichert werden können und dass Filme destabilisierte Welten vor Augen stellen können. In welcher Weise ein Film mithilfe der Trias von Störung, Verunsicherung und Destabilisierung konkret erschlossen werden kann, lässt sich vorab nicht festlegen. Die Geschlechterordnung kann ebenso gestört, verunsichert und destabilisiert werden wie die politische Ordnung oder das Genresystem. Zwar legen die meisten Beiträge dieses Bandes den Schwerpunkt auf eine der drei Kategorien, aber aussagekräftig sind sie nur in ihrer Verknotung: Es gibt eine Art Dialektik von Störung und Destabilisierung, während die Verunsicherung ein wenig als Symptom für die Wirksamkeit dieser Dialektik fungiert. Teils werden in den Beiträgen Filme analysiert, die in ihren filmischen Verfahren als sehr konventionell wahrgenommen werden können, aber die Frage nach Verunsicherung und Destabilisierung ins Zentrum stellen; teils widmen sich die Beiträge Filmen, bei denen Störung und Verunsicherung in erster Linie von den filmischen Verfahren ausgehen. Letztlich betrifft die Frage nach Störung, Verunsicherung und Destabilisierung aber stets sowohl die Seite der Darstellung wie die Seite des Dargestellten.
> Open Access frei abrufbarMirna Zeman (Hrsg.)
Dinggeschichten I. Zyklographische Erzählungen des 18. und 19. Jahrhunderts
Hagen: Hagen University Press 2022
Dinggeschichten sind zyklographische Erzählungen des 18. und 19. Jahrhunderts, die erstmals im deutschsprachigen Raum in einer kommentierten Anthologie erscheinen. Dr. Mirna Zeman ist Literatur- und Medienkulturwissenschaftlerin mit Forschungsschwerpunkten u.a. zu Moden und Hypes, kultureller Zyklographie und Dingtheorie, Stereotypenforschung, kritischer Nationalismusforschung und Nation Branding.
> Mehr Infos zur Reihe "Kabinettstücke. Sammlung literarischer Skurrilitäten" bei der HagenUP
»Zů schyff Zů schyff brůder: Eß gat / eß gat«: zur Performanz des Exemplarischen im Narrenschiff.
Ein Sonderband der z.B. Zeitschrift zum Beispiel.
Hildesheim: Olms 2021
Fragt man, aus was für einem Material 1494 Sebastian Brant »diß schiff gezymberet« hat, so wird die Antwort lauten müssen: aus Exempeln. Das Narrenschiff zählt nicht weniger als 471 Exempel. Dennoch hat die Forschung diesem 'Baumaterial' bislang wenig systematische Aufmerksamkeit geschenkt. Beispiele, exempla, sind für Texte, die rhetorisch etwas bewirken wollen (belehren, appellieren, warnen), unverzichtbare Bestandteile der Argumentation. Gleichzeitig haben sie aber die Tendenz, sich in der Veranschaulichung eines Allgemeinen unter der Hand zu verselbständigen. Was nun aber, wenn ein programmatisch moraldidaktischer Text seine Rede zum aus Beispielen gezimmerten Schiff formt, die Rezeption als Fahrt darauf inszeniert – und dann die exemplarischen Planken zu arbeiten beginnen, in Spannung zueinander treten, aus den Fugen gehen? Eine solche Lektürefahrt auf dem Narrenschiff unternimmt der erste Sonderband der z.B. Zeitschrift zum Beispiel: im Kielwasser des Irrfahrers Odysseus, hin und her geworfen zwischen Schrift und vexierend sich wiederholenden Bildern, genarrt von der Weisheit an Bord und zuletzt gar dem in den Bordüren zu findenden Autor »Sebastianus Brant« – und immer und immer wieder konfrontiert mit dem Eigensinn der Exempel.
Die z.B. Zeitschrift zum Beispiel wird von Jessica Güsken, Christian Lück, Michael Niehaus und Peter Risthaus herausgegeben. Institutionell ist die Zeitschrift an das Institut für Neuere deutsche Literatur- und Medienwissenschaften der FernUniversität in Hagen angebunden.
Interessanter Podcast zum Band unter:
https://pergament-mikrofon.blogs.ruhr-uni-bochum.de/formate/coffeetalk/coffeetalk-051/
Genre und Race
Mediale Interdependenzen von Ästhetik und Politik und Ästhetik
Wiesbaden: Springer 2021
Die Kategorie Race gewinnt aktuell wieder stärker an politischer Sichtbarkeit, bedingt vor allem durch die Black-Lives-Matter-Bewegung, Migration und Flucht, nicht zuletzt auch durch Theorieansätze wie Postcolonial Studies, Critical Race Theory, Intersektionalität oder Decolonizing der Gender Studies. Vor diesem Hintergrund gilt es zunächst medienspezifische Strategien in ihrer Vielfalt sowie historischen Entwicklung kritisch zu befragen, die zu rassistischem Denken und rassistischer Politik beigetragen haben und bis heute beitragen. Die Kategorie Genre als eine ambivalente und komplexe Wahrnehmungs- und Sinngebungsstruktur an der Schnittstelle von Produktion, Rezeption und Ästhetik bietet sich besonders an, um sich medientechnologischen Traditionen und Mitteln anzunähern, die Race politisch wirksam machen, verschiedene Ideologien bedienen, Affekte produzieren und zugleich jedoch immer auch Widerstände oder neue Sichtweisen und Artikulationsformen hervorbringen. Der Band versammelt unterschiedliche theoretische und analytische Ansätze, die anhand ausgewählter Gegenstände Einblicke in die Geschichte des Wechselbezugs von Genre und Race gewähren sowie sich mit dessen internationaler und nationalspezifischer Akzentuierung beschäftigen, wobei stets grundsätzliche Fragen nach dem Verhältnis von Visualität und Race sowie die epistemologische Kraft des Blickes im Fokus stehen.
Mit Beiträgen von Lisa Andergassen, Thomas Bedorf, Julia Bee, Kyung-Ho Cha, Julia Dittmann, Irina Gradinari, Irmtraud Hnilica, Karina Kirsten, Michaela Ott, Johannes Pause, Nele Rein, Ivo Ritzer, Drehli Robnik, Peter Scheinpflug und Michaela Wünsch.
Paradigmen des Idyllischen
Ökonomie – Ökologie – Artikulation – Gemeinschaft
Bielefeld 2021, 244 Seiten
ISBN: 978-3-8376-5473-8
Die Idylle ist allgegenwärtig: Unabhängig von der literarischen Gattung finden sich ihre Elemente sowohl in unterschiedlichen textuellen Formationen als auch in anderen kulturellen Artefakten sowie der Alltagskultur. Aktuelle Phänomene wie z.B. das Wiedererstarken von Nationalismen, die Sehnsucht nach dem »einfachen Leben« oder das Verhältnis von Mensch und Umwelt sind in spezifischer Weise mit idyllischen Motiven, Topoi oder Deutungsmustern verbunden. Die Aufsätze dieses Bandes werfen einen kulturwissenschaftlichen Blick auf die vier paradigmatischen Bereiche Ökologie, Ökonomie, Artikulation und Gemeinschaft. Sie untersuchen, wie idyllisierende Verfahren in unterschiedlichen historischen Kontexten zum Einsatz kommen, um Ordnungen, Naturverhältnisse und Diskurse zu strukturieren. Dabei entwickeln sie kulturwissenschaftliche Perspektiven auf aktuelle Debatten, die die zentrale Rolle der Idylle als Wunsch- und Gegenbild kritisch in den Blick nehmen.
Erzähltheorie und Erzähltechniken
zur Einführung
Hamburg 2021, 286 Seiten
ISBN: 978-3-96060-325-2
Die Erzähltheorie hat sich inzwischen stark ausdifferenziert und dabei eine ganze Reihe von Erzählmedien unterschieden. Gleichwohl geschieht Erzählen als menschliches Verhalten bzw. kulturelle Praxis zunächst einmal mit Worten. Gegenstand dieser Einführung ist das Erzählen mit einer sprachlichen Erzählinstanz und insbesondere das literarische Erzählen. Sie geht davon aus, dass die Grundfragen des Erzählens sowohl eine allgemeine, theoretische wie auch eine konkrete, technische Seite haben. Die Kategorien und Begriffe der Erzähltheorie müssen durch die Texte auf die Probe gestellt werden, und die konkrete Erzähltechnik der Texte involviert in theoretische Fragen, so dass sich beide Seiten dieses Verhältnisses gegenseitig irritieren und bereichern. Diesem Spannungsverhältnis trägt die Darstellung durch eine ungewöhnliche, dialogische Form Rechnung.
Erfolg
Institutionelle und narrative Dimensionen von Erfolgsratgebern (1890–1933)
Bielefeld 2021, 302 Seiten
ISBN: 978-3-8376-5573-5
Zwischen 1890 und 1933 etabliert sich im deutschen Sprachraum ein neues Genre der Ratgeberliteratur, in der Erfolg als etwas vorgestellt wird, das jeder durch Selbstformung erreichen kann. Zum Programm dieser Texte gehören neben Techniken der Rationalisierung oder Willenssteigerung auch unterschiedliche Lehrformate, Adressierungsstrategien und Erzählungen, die von erfolgreichen Unternehmern, ewigen Pessimisten und nervenstarken Aufsteigern handeln.
In diesem Buch geben ein theoretischer Aufriss und 14 Einzelanalysen repräsentativer Erfolgsratgeber Einblicke in das Zusammenspiel institutioneller und narrativer Vermittlungsebenen, das bis heute die Selbstoptimierungsliteratur maßgeblich prägt.
Europas Außengrenzen
Interrelationen von Raum, Geschlecht und »Rasse«
Bielefeld: Transcript 2021.
Europas Außengrenzen sind tödlich. Ausgehend von dieser Gegenwartsdiagnose untersuchen die Beiträger_innen des Bandes Zusammenhänge von topographischen und symbolischen Grenzziehungsprozessen Europas in der Frühen Neuzeit, der Moderne und der Gegenwart. Der weite historische Bogen zeigt auf, dass die Konstruktion »Europa« auf eine wechselhafte Geschichte zurückblickt, in der die Fragen unserer Gegenwart (Was ist Europa? Wer gehört dazu?) schon immer verhandelt wurden. Grenzen sind dabei nicht nur ›physische‹ Grenzen, sondern auch Formen visueller Bedeutungsproduktion und diskursive Praktiken. In dieser Perspektive rücken symbolische Grenzziehungen, etwa entlang der Differenzkategorien ›Rasse‹ und Geschlecht, in den Blick.
Vexierbilder
Autor:inneninszenierung vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart
Paderborn 2021, 325 Seiten
ISBN: 978-3-7705-6648-8
Inszenierungspraktiken strukturieren sämtliche Funktionsstellen von Literatur: Sie prägen Figurationen von Autor:innenschaft ebenso wie Text- und Schreibverfahren – und nicht zuletzt das Geschäft der Interpretation.
Autor:innenbilder und -inszenierungen nehmen Einfluss darauf, wie wir Texte lesen. Diesen ‚Bild-Text-Relationen‘ widmet sich der Sammelband: Er fragt danach, wie die Bilder, die wir von Autor:innen haben und die diese und andere entwerfen, sich zu deren Texten verhalten. Im Fokus stehen Formen und Funktionen intra- und extraliterarischer Inszenierung von Autor:innenschaft sowie Medien und Medialität der Inszenierung. Untersucht werden Historizität, Typologie und Formenrepertoire von Inszenierungspraktiken ebenso wie Dynamiken von Innovation und Nachahmung. In den Blick rücken mediale Formate wie Literatur, Brief, Blog, Poetikvorlesung, Comic und Fotografien vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart.
Syndrome
Fiktionen und Pathologien
Hannover 2021, 288 Seiten
ISBN: 978-3-86525-796-3
Manche Krankheitsbilder haben sprechende Namen: Das Hiob-Syndrom bezieht sich auf die alttestamentarische Gestalt und bezeichnet eine Hauterkrankung; das Undine-Syndrom verweist auf das mythologische Wasserwesen und beschreibt eine Störung der Atemregulation; das Felix-Krull-Syndrom rekurriert auf Thomas Manns fabulierenden Hochstapler und verdeutlicht den pathologischen Lügner; und das Truman-Syndrom verknüpft die Filmfigur Truman Burbank mit einer paranoischen Störung. Die Bezeichnung solcher und anderer Syndrome leitet sich nicht wie üblich aus der Ätiologie oder der Pathogenese ab. Die literarischen und filmischen Narrative entwickeln eine derart starke Dynamik, dass sie Elemente eines medizinischen Wissens werden.
Jeder Beitrag des Bandes stellt ein Syndrom in den Mittelpunkt, um das Nachleben eines historischen, literarischen und medialen Wissens in der medizinischen Nomenklatur zu untersuchen. Dabei wird deutlich, inwiefern Literatur und Film einen Zugang zu Akteuren, Leiden und Erleben einer Krankheit ermöglichen. Offensichtlich wird aber auch, inwiefern die Geschichte der ›literarischen‹ und ›filmischen‹ Syndrome eine Geschichte der Überinterpretation, Irrwege und Missverständnisse ist.
Christoph Schlingensief
Resonanzen
München 2020, 232 Seiten
ISBN: 978-3-96707-409-3
Kunst oder Quatsch? Schlingensiefs Arbeiten werfen noch immer Fragen auf: Handelt es sich um Zeitdiagnosen? In welchen Traditionslinien stehen sie? Inwiefern sind sie selbst traditionsbildend geworden? Und: Worin liegt ihre Aktualität begründet?
Christoph Schlingensief bewegte sich, mit dem Ruf des "enfant terrible" des deutschen Kulturbetriebs spielend, souverän in ganz unterschiedlichen Medien – und oftmals auch jenseits der Grenzen des "guten Geschmacks". Ob er als Regisseur seine ganz eigene Geschichte der deutschen Wiedervereinigung schrieb, als Opernregisseur zu Wagners Musik einen Hasen im Zeitraffer verwesen ließ oder als Autor und Theatermacher seine Krankheit und sein Sterben thematisierte – im besonderen Maße provokant und berührend wirkte all dies, weil Schlingensief sich selbst der Öffentlichkeit aussetzte, sich ins Zentrum seiner Arbeiten stellte und das Spiel mit der Ununterscheidbarkeit von Person und "persona" in beeindruckender Konsequenz bis zum Schluss fortführte.
Bei seinem Publikum sorgte diese Kunst für eine Resonanz, die bis heute fortwirkt. Schlingensiefs Arbeiten, das zeigen die Beiträge dieses Bandes, sind nicht vergessen. Zehn Jahre nach seinem Tod werden Texte von Weggefährt*innen und Wissenschaftler*innen versammelt, die an Schlingensiefs Werk erinnern und dieses auf seine Aktualität für die Gegenwart befragen.
Zeitschrift für interkulturelle Germanistik
11. Jahrgang, 2020, Heft 2: Das Meer als Raum transkultureller Erinnerungen
Hrsg. von Irina Gradinari und Elisa Müller-Adams, Bielefeld: transcript Verlag, 2020.
Das Themenheft der Zeitschrift für interkulturelle Germanistik, herausgegeben von Irina Gradinari und Elisa Müller-Adams, widmet sich dem Meer als Raum transkultureller Erinnerungen. Vor dem Hintergrund der Globalisierung, der Erweiterung der Kommunikationswege, der grenzüberschreitenden Mobilität, der Themen Migration und Flucht sowie der Entstehung der Europäischen Union bietet das Meer einen besonderen Schwellen- und Übergangsraum, in dem Verflechtungen und Verschiebungen, kulturelle Entdifferenzierungen und Verschmelzungen mit dem Anderen, also auch neue Genealogien und (erinnerungs-)politische Paradigmen gestiftet werden können. Das Meer wird so zum Ort des epistemischen Wandels und zu einem Verhandlungsraum inter- und transkultureller Identitäten.
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Kinematografie der Erinnerung.
Band 2: Den Zweiten Weltkrieg erzählen
hrsg. von Irina Gradinari, Wiesbaden: Springer VS, 2021.
Anhand paradigmatischer sowjetischer, ost- und westdeutscher Kriegsfilme über den Zweiten Weltkrieg, die die kollektive Gewalterfahrung und vor allem die zentralen Ereignisse der Erinnerungs- und somit Identitätspolitik jeweiliger Staaten verarbeiten, erfasst die Studie genuin filmische Strategien, mit welchen Geschichte und Erinnerung gestaltet wird. Die Filme, so die zentrale These, erfüllen für das kollektive Gedächtnis drei wichtige Funktionen, die auch auf ästhetische Phänomene zurückzuführen sind: Sinnkonstitution, Bewältigung und Emotionalisierung. Schwerpunkt von Band 2 des insgesamt zweibändigen Werkes bilden die Analysen ausgewählter Kriegsfilme aus Ost- und Westproduktionen.
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Kinematografie der Erinnerung.
Band 1: Filme als kollektives Gedächtnis verstehen
hrsg. von Irina Gradinari, Wiesbaden: Springer VS, 2020.
Anhand paradigmatischer sowjetischer, ost- und westdeutscher Filme über den Zweiten Weltkrieg, die die kollektive Gewalterfahrung und vor allem die zentralen historischen Ereignisse der jeweiligen Staaten nach 1945 verarbeiten und so entsprechend Erinnerungs- und somit Identitätspolitik medienspezifisch mitformen, erfasst der Band filmische Strategien, mit welchen Geschichte und Erinnerung gestaltet werden. Das kollektive Gedächtnis, so die zentrale These, ist genuin filmisch. Die Filme erfüllen für das kollektive Gedächtnis dabei drei wichtige Funktionen, die auch auf ästhetische Phänomene zurückzuführen sind: Sinnkonstitution, Bewältigung und Emotionalisierung. In Band 1 des zweibändigen Werkes wird die Theorie des kollektiven Gedächtnisses entworfen.
Verlagslink: VS Springer
Filmisches Erinnern. Zur Ästhetik und Funktion der Rückblende
hrsg. von Irina Gradinari und Michael Niehaus, Dortmund: readbox unipress 2020.
Obwohl die Rückblende bzw. der Flashback ein verbreitetes ästhetisches Mittel filmischen Erzählens darstellt, besteht bislang in dieser Hinsicht ein auffallender Mangel an theoretischer Reflexion und filmhistorischer Forschung. Flashbacks scheinen vor allem mit erinnerungspolitischen und genrespezifischen Implikationen zusammenzuhängen, und sie werden somit je nach ästhetischen oder politischen Anforderungen an den Film unterschiedlich (viel) eingesetzt. Der Band versucht mit Beispielanalysen dieses Forschungsdesiderat ein Stück weit zu schließen, indem Formen und Funktionen von Flashbacks in verschiedenen historischen Epochen und Genres sowie im Hollywood- und europäischen Autorenfilm untersucht werden. Nach einer systematisch-historischen Einleitung liefern die sieben Aufsätze des Bandes anhand der Analyse von Filmen aus den Jahren 1933 bis 2016 eine grundlegende theoretische Fundierung der filmischen Rückblende.
Der Band ist im Buchhandel unter der ISBN 978-3-96163-167-4 zum Kauf verfügbar und als e-Book online zugänglich.
Kafkas Dinge (Forschungen der Deutschen Kafka-Gesellschaft Bd. 6, 2019)
hrsg. von Agnes Bidmon und Michael Niehaus, Würzburg: Königshausen & Neumann 2019.
Dinge im alltäglichen Wortsinn gehören offensichtlich nicht zu den zentralen Gegenständen von Kafkas Texten. Sie werden kaum explizit mit Bedeutung aufgeladen oder auratisiert, bleiben eher unscheinbar und peripher, aber auch sperrig und insistierend. Gerade deshalb kann es der Kafka-Forschung neue Perspektiven eröffnen, wenn die Aufmerksamkeit auf sie gelenkt wird. Dies gilt auch deswegen, weil sich teils merkwürdige Dinge – abgesehen von dem Romanfragment ‚Der Verschollene‘ – vor allem in Kafkas Kurztexten, Fragmenten und Erzählansätzen finden. Der Band vereinigt Beiträge, die sich auf ein konkretes Ding in einem bestimmten Text oder Textfragment konzentrieren, um dessen Auftauchen und Kontext möglichst präzise in seiner Dinglichkeit zu beschreiben und zu analysieren sowie aus einer kulturwissenschaftlichen Perspektive heraus in weiterführende Problemzusammenhänge und Hintergründe einzubetten. Und so fällt der Blick nicht nur auf den Regenschirm, den Koffer und die Fotografie der Eltern in ‚Der Verschollene‘ sowie auf die Schnapsflasche im „Bericht für eine Akademie“, sondern auch auf ein rätselhaftes Brot, ein einfaches Geduldspiel, eine besondere Visitenkarte, einen leeren Kübel, einen sich drehenden Kreisel und anderes mehr.
Idylle. Eine medienästhetische Untersuchung des materialen Topos in Literatur, Film und Fernsehen.
von Nils Jablonski, Stuttgart: J.B. Metzler 2019.
Die Monographie liegt als eBook sowie als Softcover-Ausgabe vor. Studierende der FernUniversität in Hagen können über die Universitätsbibliothek sowie über die Verlagsseite kostenlos auf die digitale Version als pdf-Dokument zugreifen.
Die Idylle steht im Spannungsfeld von Kitsch und Katastrophe, das Nils Jablonski durch medienkomparatistische close readings literarischer, filmischer und televisiver Texte untersucht. In der Perspektive einer materialen Topik wird das vielfältige Verkommen der Idylle anhand ihrer Poetizität, Medialität und Serialität analysiert – beginnend bei den Anfängen in der Antike, über die Popularisierung der Idylle im 18. Jahrhundert bis zu gegenwärtigen Filmen und TV-Serien. Die herausgearbeitete Spezifik idyllischer poiesis kennzeichnet zudem die richtungsweisenden Reflexionen zur Idylle um 1800. Mit kritischem Bezug auf die idyllischen Verfahren der Überlagerung, Idealisierung und Beschränkung bei Jean-Jacques Rousseau, Friedrich Schiller und Jean Paul wird die enge gattungstheoretische Bestimmung der Idylle revidiert, um den kulturkonstitutiven Aspekt des materialen Topos strukturell zu erfassen.
Weitere Informationen zur Idylle finden sich auf der Mitarbeiterseite von Nils Jablonski.
Doppel-Themenheft über „Handgreifliche Beispiele“ der z.B. Zeitschrift zum Beispiel
Hrsg. von Jessica Güsken und Peter Risthaus. Münster: MV Wissenschaft, 2019.
Das Themenheft umfasst zwei Ausgaben, die beide sowohl als Print on Demand erworben werden können, als auch online kostenfrei als PDF zugänglich sind:
- z.B., Nr. 2: Themenheft Hangreifliche Beispiele: Erste Lieferung. 126 Seiten, 4 Abbildungen.
- z.B., Nr. 3: Themenheft Hangreifliche Beispiele: Zweite Lieferung. 194 Seiten, 14 Abbildungen.
Ankündigungstext zur „Ersten Lieferung“:
Dieses Themenheft, dem mit der nächsten z.B.-Ausgabe eine Fortsetzung folgt, beschäftigt sich mit handgreiflichen Beispielen. Mit handgreiflichen Beispielen sind solche gemeint, in denen Berühren und berührbare Dinge die Hauptrolle spielen und wo von ‚reiner Theorie‘ zur tangiblen, körperlich-praktischen Erfahrung übergegangen werden soll: Solche Beispiele haben Aufforderungscharakter und versprechen häufig eine Evidenz, die der Text allein offenkundig nicht liefern kann. Die Beiträge beider Themenhefte sind Ergebnisse der internationalen Fachtagung „Tangibilität. Handgreifliche Beispiele ästhetischen Wissens“, die im Juli 2017 an der Ruhr-Universität Bochum und an der FernUniversität in Hagen stattgefunden hat. Die Tagung widmete sich in grundsätzlicher Weise dem Substitutionsverhältnis von Seh- und Tastsinn sowie den Beispielen, durch die es ebenso entworfen wie auch vermittelt wird: Sie greifen letztlich selbst in das Verhältnis zwischen Rhetorik, Ästhetik und Epistemologie ein, indem sie nicht nur etwas veranschaulichen und evident machen, sondern zum Praktisch-Werden, zur Handgreiflichkeit auffordern. Die nun in der ersten Lieferung des Doppelthemenhefts versammelten Beiträge beschäftigen sich zunächst schwerpunktmäßig mit handgreiflichen Beispielen, die in Erkenntnistheorie, Phänomenologie, Sinnesphysiologie und Ästhetik kursieren. Die Beiträge von Rüdiger Campe und Thomas Bedorf werden im nächsten Heft fortgesetzt.
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Ankündigungstext zur „Zweiten Lieferung“:
Das Verhältnis zwischen Seh- und Tastsinn ist prekär. Das wird vielleicht ganz besonders in einer Zeit offenbar, in der sich das Verhältnis der Sinne durch digitale Medien umstellt, denn Hand und Finger (digitus) sind hier nicht nur symbolisch auf Benutzeroberflächen im Spiel. Aber schon die Moderne des 20. Jahrhunderts sah sich bekanntlich mit Erfahrungen konfrontiert, die in der Theorie mit dem berühmten haptisch-taktilen Schlagwort des Schocks begriffen werden: Das gilt für die massenhafte Reizüberflutung in der Großstadt ebenso, wie für die neuen Medien Fotografie und Film, die nicht mehr kontemplative, sondern grundlegend andere Wahrnehmungsweisen verlangen. So hat Walter Benjamin nicht nur eine eigentümlich taktile Qualität des Films in seiner revolverhaften Bilderfolge bemerkt, sondern am Beispiel der handlichen Kodak ‚Schnappschuss‘-Kamera auch die quasi arbeitsteilige Entkopplung von Auge und Hand reflektiert, die aus der fotografischen Praxis resultiert und zur Geste avanciert: Das Knipsen wird dabei zum Paradigma technischer Reproduzierbarkeit, eines abrupten Handgebrauchs, an dem sich auch das Schlag- und Schockartige moderner Arbeitswelt exemplifizieren lässt. Diesem und vielen weiteren handgreiflichen Beispielen geht nun die „Zweite Lieferung“ unseres Themenhefts nach, unter anderem mit Beiträgen zu Beispielen aus den Diskursen der Kulturtheorie, der Technikphilosophie sowie auch der Psychoanalyse: so etwa zu Martin Heideggers Sputnik, Paul Válerys Händen oder Jaques Lacans Borromäischem Knoten. Diese zweite knüpft also an die „Erste Lieferung“ unseres Themenhefts an, deren Beiträge sich schwerpunktmäßig mit handgreiflichen Beispielen in Texten der Erkenntnistheorie, Phänomenologie, Sinnesphysiologie und Ästhetik beschäftigten. Darüber hinaus werden im vorliegenden Heft auch die Fortsetzungen der Beiträge von Rüdiger Campe (nun zu implikativ handgreiflichen Beispielen sowie damit verbundenen operativen Experimentalpraktiken bei Ernst Mach) und Thomas Bedorf (der die Geschichte des Beispiels des Händedrucks in der Phänomenologie nun von Maurice Merleau-Ponty bis Jaques Derrida weitererzählt) geliefert.
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Hans-Jürgen Schrader: Literatur und Sprache des Pietismus. Ausgewählte Studien
Mit einem Geleitwort von Bischöfin Petra Bosse-Huber. Hrsg. von Markus Matthias und Ulf-Michael Schneider. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 2019 (Arbeiten zur Geschichte des Pietismus, Bd. 63). 832 Seiten.
Die Wirkungen des Pietismus als der wichtigsten Reformbewegung des deutschen Protestantismus, der im 17. und 18. Jahrhundert die Mehrheit der Bevölkerung erfasst hat, auf die deutschsprachige Literatur zwischen Sturm und Drang und Romantik sind in Umrissen erforscht und bekannt. Sie erklären grundlegende Unterschiede gegenüber den europäischen Nachbarkulturen, die spezifische Eigenart der deutschen Aufklärung, erste Anstöße zu konfessioneller Toleranz, auch gegenüber den Juden, Traditionen empfindsamer Innigkeit, Herzenssprache und inspirativ-ekstatischer Poetologie. Gegenüber den theologischen sind aber literaturwissenschaftliche Zugriffe auf das pietistische Schrifttum selbst, auf die pietistische Lyrik, die Lebenszeugnisse, Bibelübersetzungen, auf die pietistische Sondersprache und ihre Argumente, noch rar.
Eine Auswahl einschlägiger Pilotstudien des auf diesem Feld mannigfach hervorgetretenen Genfer Germanisten aus den letzten 30 Jahren, von dreien seiner vormals Göttinger Schüler neu vorgelegt, soll dazu dienen, dieses Defizit zu verringern. Das Verhältnis zur Aufklärung wird neu vermessen, Gedichte so eigengeprägter Autoren wie Hoburg, Haug, Rock, Zinzendorf und Tersteegen lassen erkennen, dass stärkste literarische Anregungen vom radikalen Flügel des Pietismus und seinen hermetischen Traditionen ausgehen. Charakteristische Gattungen, Denkvorgaben und Sprachprägungen werden analysiert, christlich-jüdische und deutsch-amerikanische Interaktionen reflektiert, und der Blick wird gelenkt auf oft übersehene literaturgeschichtliche Zusammenhänge.
- Petra Bosse-Huber ist Vizepräsidentin und Bischöfin des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Leiterin der Hauptabteilung Ökumene und Auslandsarbeit.
- Dr. Markus Matthias ist Professor für Theologie und Geschichte Luthers und des Luthertums an der Protestantisch Theologischen Universität Amsterdam-Groningen.
- Dr. Ulf-Michael Schneider ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Neuere deutsche Literatur- und Medienwissenschaft der FernUniversität in Hagen.
Verlagsseite mit Leseprobe (PDF, 417 KB) (darin Inhaltsverzeichnis, Geleitwort und Einleitung der Herausgeber)
Konformieren. Festschrift für Michael Niehaus.
Hrsg. von Jessica Güsken, Christian Lück, Wim Peeters und Peter Risthaus. Heidelberg: Synchron. Wissenschaftsverlag der Autoren, 2019. 430 Seiten, 24 Illustrationen.
Der Band versammelt Beiträge von Weggefährten, Kolleginnen und Kollegen und aus dem Schülerkreis zu Ehren des 60. Geburtstages von Michael Niehaus.
Ankündigungstext:
Mit etwas konform zu gehen meint: Verhaltensweisen oder Argumenten zuzustimmen, ihnen beizupflichten, sich bedingungslos an vorgegebene Regeln zu halten. Der konformistische Typus schlechthin ist der Jasager. Er schließt sich Aussagen oder Umgangsformen an, fügt sich überall geschmeidig ein, geht bei allem mit, häufig ganz passiv, automatisiert und reaktiv nickt er einfach alles ab oder winkt es durch. Auf der anderen Seite stehen das protestierende „Nein!“ und die Mächte der Negativität, die Nonkonkonformisten und Außenseiter. Sie bejahen die Anpassungslosigkeit, bleiben sich darin treu. Mit dem Ausdruck konformieren sollen beide Seiten zugleich beleuchtet werden: Wer gibt überhaupt jene Formen vor, bei denen man mitgehen muss? Zweifelsohne sind es primär Institutionen, also jene Einrichtungen, die menschliche Lebensformen erst ermöglichen. Man bekommt eine Lebensbahn verordnet, die für Bildung genauso vorsorgt wie für Berufe oder die Bestattung. Auch für den Fall, dass von dieser Bahn abgewichen wird, sei es durch Verbrechen oder Streik, warten bereits allerlei Gesetze oder Regelungen. Wer aber nicht Zuviel konformiert werden möchte, wird Alternativen suchen müssen. Sie lassen sich hier finden: in der Literatur und im Film genauso wie in der Theorie und an den Grenzen der Maschine.
Inhaltsverzeichnis (PDF 48 KB)
Als Band 2 der Reihe „Hagener Beiträge zur Literatur- und Medienwisssenschaft“ ist die erste Nummer der Online-Zeitschrift
z.B. Zeitschrift zum Beispiel
hrsg. von Jessica Güsken, Christian Lück, Michael Niehaus und Peter Risthaus erschienen. Sie finden sie im Portal "deposit_hagen" der Universitätsbilbiothek Hagen.
Ankündigungstext:
„Diese neue Zeitschrift soll dem Beispiel gewidmet sein – genauer: dem Beispielgebrauch. Wir benötigen und gebrauchen Beispiele. Das gilt – sobald wir etwas explizieren, veranschaulichen oder begründen wollen – für unseren alltäglichen Sprachgebrauch, für das Sprechen innerhalb von Institutionen und für wissenschaftliche Diskurse aller Disziplinen. Niemand kann bezweifeln, dass der Beispielgebrauch in all diesen Bereichen ein würdiger Gegenstand des Nachdenkens ist. Er hat eine überragende praktische Bedeutung. Wie viele Beispiele wandern durch die Grammatiken und Schulbücher, durch Einführungen in die Logik oder anderswo, ohne eigens als solche ›bemerkt‹ zu werden? Sie versehen dort stumm ihren Dienst, um dafür zu sorgen, dass überhaupt etwas gelernt werden kann. Die Beispiele aus dieser vermeintlichen Stummheit herauszuheben, sie alle zu sammeln und zum Sprechen zu bringen, ist das Begehren von Beispielforschern. Die in dieser ersten Nummer der Zeitschrift z.B. versammelten Beiträge sollen eine Vorstellung davon vermitteln.“
Michael Niehaus: Was ist ein Format?
Hannover: Wehrhahn Verlag 2017.
Wir alle führen das Wort Format ständig im Munde und wissen ganz gut, was wir von Fall zu Fall darunter zu verstehen haben. Aber gerade der reibungslose Gebrauch dieses Wortes bedarf der Klärung. Die längste Zeit hat man unter einem Format vor allem das Verhältnis von Länge zu Breite eines rechteckigen Gegenstandes verstanden. Erst in den letzten fünfzig Jahren hat sich seine Verwendung im Zuge der Ausbreitung der digitalen Medien auf zahlreiche andere Bereiche ausgedehnt – als ein terminus technicus der Alltagssprache. Dieser Allgegenwart des Formatbegriffs steht ein weitgehender Mangel an theoretischer Reflexion gegenüber. Über das Format gibt es bislang wenig zu lesen.
Das Buch Was ist ein Format? – der erste Band der neuen Reihe Kleine Formate – entwickelt die Umrisse einer allgemeinen Theorie des Formats entlang seiner vielfältigen Anwendungsfelder. Ausgehend von der Feststellung, dass kein Medium ohne Formatierung auskommt, wird das Format als formale Institution gefasst. Zugleich wird die Karriere dieses Begriffs seit dem Ende des 19. Jahrhunderts nachgezeichnet: Wie wird der Formatbegriff verwendet, was leistet er und wofür ist er ein Symptom? Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei dem Verhältnis von Format und Programm, Format und Genre sowie von Format und Serialität. Am Ende wird erklärt, warum weniger das Medium als vielmehr das Format die Botschaft ist, die es zu analysieren gilt.
E.T.A. Hoffmann: Meister Floh. Ein Mährchen in sieben Abentheuern zweier Freunde (1822)
Mit Kommentaren von Michael Niehaus und Thomas Vormbaum. Berlin / Boston: de Gruyter 2018 (Juristische Zeitgeschichte. Ant. 6: Recht in der Kunst - Kunst im Recht, Bd. 50)
„Meister Floh“ ist das letzte Werk des Schriftstellers, Komponisten und Kammergerichtsrates Ernst Theodor Amadeus Hoffmann. Fast ein Jahrhundert lang war es nur in unvollständiger Gestalt erhältlich. Erst 1906 wurden die fehlenden Teile veröffentlicht. Und gerade sie sind es, die für den Juristen und Rechtshistoriker von besonderem Interesse sind – nicht nur, weil sie ein beredter Reflex der zeitgenössischen Demagogenverfolgungen sind, sondern auch, weil sie zeigen, wie problematische Seiten des Strafverfahrens, wenn sie schon nicht "zeitlos" sind, sich doch bis heute "forterben". In der Frage, ob die damals unterdrückten Passagen des Werkes – die sog. "Knarrpanti-Episode" – organische Bestandteile des Ganzen oder entbehrliche Versatzstücke sind, treffen sich die Interessen der juristischen Zeitgeschichte und der Literaturwissenschaft. Beide Disziplinen stellen jedoch auch eigenständige Fragen, wie die beiden hier versammelten Kommentare deutlich machen.
- Verlagsseite: de Gruyter - Meister Floh
Fernweh nach der Romantik. Begriff - Diskurs - Phänomen
Hrsg. von Irmtraud Hnilica, Malte Kleinwort und Patrick Ramponi. Freiburg i. Br.: Rombach 2017 (= Rombach litterae, Bd. 222).
Fernweh gehört zu jenen schillernden Wörtern des Deutschen, die kaum in andere Sprachen übersetzbar sind. Als Schlagwort der Alltagskommunikation ist es intuitiv verständlich und in hohem Maße anschlussfähig, aber semantisch unscharf. Weder als Begriff noch als Diskurselement oder als mediales Phänomen ist Fernweh bislang systematisch und historisch untersucht worden. Diesem Desiderat begegnet der vorliegende Sammelband mit literatur-, film- und kulturwissenschaftlichen Beiträgen, deren Untersuchungsergebnisse vielfach quer zu einem alltäglichen Vorverständnis des Fernwehs stehen. Sie zeigen: Fernweh ist Bestandteil einer seit der Romantik virulenten literarischen Gefühlskommunikation, deren emphatische Topoi wie Sehnsucht, Wander- und Reiselust durch die nachromantischen literarischen und künstlerischen Fernweh-Figurationen nachhaltig in Bewegung geraten sind. Im Fernweh der sich globalisierenden Moderne offenbaren sich so unterschiedliche psychopolitische Triebdynamiken wie etwa die Topophilie des Kolonialismus und Exotismus oder das transgressive Begehren zwischen Heimat und Ferne oder zwischen Sexualität und Tod.
- Verlagsseite: Rombach Verlag - Fernweh nach der Romantik
Populäre Piraten. Vermessung eines Feldes
Hrsg. von Irmtraud Hnilica und Marcel Lepper. Berlin: Kulturverlag Kadmos 2017 (= Kaleidogramme, Bd. 124).
Piraterie rückt auf die Agenda der Debatten um internationale Sicherheit und Datenverkehr. Völkerrechtlich, urheberrechtlich gilt der Pirat als prekäre Figur, »the enemy of all«.
Der Sammelband greift die ökonomischen, rechtsgeschichtlichen Anregungen auf, rückt die Debatte um die Figur des Piraten aber in genrespezifische Fragestellungen ein, indem er die narrativen und ikonographischen Muster der Piratenliteratur in den Mittelpunkt stellt. Wie wird der Pirat, der in der politischen Theorie als hostishumani generis, »Feind aller« gilt, in der Populärkultur zum Freund vieler? Wie entsteht das Piratengenre, wie gestalten sich dessen Zyklen?
Kombiniert werden kulturwissenschaftlich informierte Detaillektüren von Piratentexten mit einer diachronen Vermessung des populären Piratengenres seit dem späten 17. Jahrhundert, Verfahren des close reading und des distant reading. So geraten auch Textkorpora in den Blick, die erst in Ansätzen bibliographisch erfasst, allenfalls aus der Perspektive der Sozialgeschichte der Literatur und der Trivialliteraturforschung kursorisch gesichtet wurden. Die Frage nach den Bedingungen und Modi der Popularität ermöglicht, das Genre in seinen Verzweigungen bis in die Gegenwart in Film, Comic, Mode und bildende Kunst hinein zu verfolgen. Literatur- und kulturwissenschaftliche Ansätze werden am Material mit Konzepten u.a. aus Filmwissenschaft und Gender Studies zum Abgleich gebracht.
- Verlagsseite: Kulturverlag Kadmos - Populäre Piraten
- Inhaltsverzeichnis aus dem Katalog der Deutschen Nationalbibliothek (PDF, 110 KB)
Thomas Fehling: Öffentlichkeit als Partner? Das Online-Projekt 'Morgen mehr' von Tilman Rammstedt
Münster: MV Wissenschaft 2017 (Hagener Beiträge zur Literatur- und Medienwisssenschaft, Bd. 1)
Drei Monate schrieb der Schriftsteller Tilman Rammstedt unter der Schirmherrschaft seines Verlages und im Angesicht einer digitalen Öffentlichkeit an seinem neuen Roman Morgen mehr. Im Kontext des Projektes wurde die Zukunft des Schreibens und Lesens genauso diskutiert wie zukünftige Formen der Literaturvermittlung. Über jeden innovativen Ansatz hinweg zielte das Schreibprojekt vor allen Dingen auf mediale Resonanz. Dieses Buch rekonstruiert zum einen das strategische Ringen der Beteiligten um öffentliches Interesse. Es beleuchtet zum anderen die Rolle von Aufmerksamkeit als wertschöpfende Größe und verdeutlicht, auf welche Weise sie den jeweiligen Akteuren des Literaturbetriebs dienlich ist.
Der Band eröffnet die Reihe "Hagener Beiträge zur Literatur- und Medienwisssenschaft".
- Inhaltsverzeichnis aus dem Katalog der Deutschen Nationalbibliothek (PDF, 110 KB)
- Das Buch ist als Print on demand ganz regulär auf dem Buchmarkt erhältlich und steht gleichzeitig als Open access auf dem Server der Universitätsbibliothek Hagen zur Verfügung und kann von der Seite Universitätsbibliothek Hagen - UB-deposit - Fehling kostenfrei heruntergeladen werden.
W.G. Sebald-Handbuch. Leben - Werk - Wirkung
Hrsg. von Claudia Öhlschläger und Michael Niehaus. Heidelberg : J.B. Metzler Verlag in Springer-Verlag GmbH - J.B. Metzler 2017.
Trotz seines schmalen Œuvres wurde kein deutschsprachiger Autor der Gegenwartsliteratur international so intensiv und kontrovers diskutiert wie W.G. Sebald, der fünfzehn Jahre nach seinem Tod bereits zum kanonischen Autor geworden ist. Die Beiträge namhafter Sebald-Forscher erschließen in diesem Handbuch die verschiedenen Facetten und Ebenen des gesamten literarischen und essayistischen Werks. Sebalds Themen (Trauma und Erinnerung, die Naturgeschichte der Zerstörung, Holocaust, Heimat) werden ebenso beleuchtet wie die Merkmale seines Schreibens (Intertextualität, Bastelei, Verbindung von Text und Bild, Stil), seine Leitmotive (Melancholie, Reisen) sowie die Präsenz anderer Medien und Künste (Photographie, Malerei, Architektur) in seinen Texten. Eigene Teile sind den für Sebald wichtigsten Referenzautoren und der nationalen und internationalen Rezeption gewidmet.