Technische Anforderungen
Das Studium an der FernUniversität in Hagen bietet insbesondere Blinden und Sehbehinderten große Chancen, birgt aber auch an der ein oder anderen Stelle Fallstricke. Diese sollte man im Vorfeld kennen und nach Möglichkeit ausräumen.
- Grundlegende technische Voraussetzungen
- Studiumsrelevante Anwendungen
- Kommunikations- und Kollaborationsplattformen
- Studiengangsspezifische Softwarelösungen
Grundlegende technische Voraussetzungen
Im Fernstudium gehen Sie mit unterschiedlichen – teils FernUni-eigenen – Online-Portalen und Anwendungen um, die mit modernen Technologien gestaltet wurden. Zu einem sehr großen Teil sind diese mit Bildschirmvergrößerungssoftware und/oder Screenreader sehr gut nutzbar. Deshalb sollten Ihrerseits folgende Gegebenheiten unbedingt vorhanden sein, um technische Widrigkeiten zu reduzieren:
- PC: mind. 2,0 GHz Dual Core-Prozessor, i5 oder höher (bzw. Vergleichbares); mind. 4 GB RAM; diese Empfehlungen sollten möglichst nicht unterschritten werden
- Monitor: Das Gerät sollte eine Bildschirmdiagonale aufweisen, die auch mit Sehbehinderung längere, ermüdungsarme Bildschirmarbeit ermöglicht; bei Blindheit ist es hilfreich, sehende Hilfe in Anspruch nehmen zu können
- Betriebssystem: Windows 10 / mind. MacOS 11 / aktuell gehaltene Linux-Distribution
- Internetbrowser: Microsoft Edge / Firefox / Chrome / Vergleichbares, möglichst aktuell (viele maßgebliche FernUni-Internetseiten unterstützen den Internet Explorer nicht mehr!)
- Office-Paket: mind. Office 2016 zum Anfertigen von Hausarbeiten, Präsentationen u.Ä. sowie zum Lesen ausgegebener Dokumente; kann von Studierenden preiswert erworben werden
- Bildschirmvergrößerungssoftware / Screenreader: max. eine Upgradestufe sollte fehlen (Beispiel: im Jahr 2024 sollte spätestens 2023 zuletzt eine Aktualisierung vorgenommen worden sein)
- PDF-Lesesoftware: diese sollte auf dem aktuellen Stand sein und assistive Technologien unterstützen
- videofähiger Medienplayer: VLC Player oder Vergleichbares, der sich mit assistiven Technologien gut bedienen lässt
- DAISY-Player oder -Software: ein DAISY-Player beispielsweise von Bones oder HumanWare oder den DAISY-Leser des "dzb lesen" zum Abspielen von Studienbriefen im Audioformat
Bitte sehen Sie davon ab, dem Fernstudium nur mit iPhone und/oder iPad oder Vergleichbarem zu begegnen. Insbesondere als blinde*r Studierende*r stoßen Sie mit den systemeigenen Screenreadern schnell an Ihre Grenzen. Komplexeren Internetseiten können Sie hierdurch nicht mit adäquaten Navigationsmöglichkeiten begegnen und benötigen dadurch unnötig viel Zeit.
Wir empfehlen bei ausreichenden Blindenschriftkenntnissen zusätzlich zur Sprachausgabe den Einsatz einer Braillezeile. Den enormen Textmengen und formalen Anforderungen bei schriftlichen Leistungsnachweisen können Sie dadurch besser gerecht werden.
Studiumsrelevante Anwendungen
Die FernUni-Plattformen Virtueller Studienplatz, Moodle, das Online-Prüfungssystem sowie die Seite der Universitätsbibliothek für Literaturrecherche und den Zugriff auf diverse fachbezogene E-Books gehören untrennbar zum Studienalltag dazu. Sie sind mit Screenreader und/oder Bildschirmvergrößerung großteils sehr gut nutzbar.
Darüber hinaus können Ihnen studiengangsabhängig folgende Anwendungen begegnen:
Kommunikations- und Kollaborationsplattformen
- Adobe Connect
- Microsoft Teams
- Zoom
Diese Anwendungen können mit assistiven Technologien gut bis sehr gut genutzt werden. Setzen Sie sich möglichst frühzeitig mit den jeweiligen Lehrenden oder Lehrgebieten in Verbindung und fragen Sie nach der eingesetzten Plattform.
Wichtige Eigenschaften der getesteten Plattformen im Detail
Hinweis: Die Ergebnisse der getesteten Anwendungen sind nicht mit allen Barrierefreiheitsrichtlinien konform und beziehen sich in erster Linie auf sehbehinderungsrelevante Einstellungen.
Die Angaben zu den getesteten Varianten fokussieren sich auf die Punkte:
- Tastaturbedienbarkeit
- visuelle Anpassungen
- Wortmeldungen und nonverbale Reaktionen
- Bildschirm- und Dokumentfreigaben
- Chat-Funktionalitäten
- akustische Wahrnehmbarkeit
Adobe Connect (ab Version 11.2)
Getestete Variante:
Webanwendung (in Verbindung mit Mozilla Firefox)
Einschätzung:
Die Anwendung ist durchgehend mit Anweisungen versehen, um per Tastatur ans Ziel zu gelangen. Schriftgrad und -art sowie Zoomfaktor lassen sich direkt in der Anwendung anpassen. Funktionen für Wortmeldung oder Abstimmungen sind gut bedienbar und freigegebene PDF-Dokumente lassen sich mit Screenreader auslesen. Einer aktiven Teilnahme an virtuellen Veranstaltungen steht nichts im Weg
Einschränkung:
Trotz guter Zugänglichkeit wird empfohlen, sich vor Beginn virtueller Veranstaltungen mit der Anwendung vertraut zu machen. Bildschirmfreigaben und Dokumente (außer PDF) lassen sich mit Screenreader nicht auslesen. Eingehende Chatnachrichten sowie das Eintreffen oder Verlassen anderer Teilnehmender wird nicht akustisch signalisiert.
Microsoft Teams
Getestete Variante:
App für iOS, Windows-Desktop-App
Einschätzung:
Trotz seiner Komplexität ist Microsoft Teams mit gängigen Assistenztechnologien sehr gut bedienbar. Zugeordnete Tastenkombinationen werden bei der jeweiligen Funktion angezeigt und können als Gesamtübersicht im Hilfebereich aufgerufen werden. Teilnahmen an Chats und (videobasierten) Konferenzen, Wortmeldungen sowie nonverbale Reaktionen sind gut beschriftet und lassen sich unkompliziert auslösen. Bei Zugehörigkeit zu mehreren Teams innerhalb der Anwendung ist unter iOS sowie in Verbindung mit JAWS der Wechsel sehr gut machbar.
Einschränkung:
Sehbehinderungsrelevante Einstellungen wie Änderung von Schriftart und -grad oder Anpassung des Zoomfaktors sind, soweit uns bekannt ist, nicht möglich. Bildschirm- und Dokumentfreigaben können vom Screenreader nicht ausgelesen werden. In Verbindung mit NVDA gestaltet sich der Teamwechsel etwas anspruchsvoller, ist aber trotzdem möglich. Wortmeldungen sowie das Hinzukommen oder Verlassen anderer Teilnehmender werden nicht akustisch signalisiert. Bei reinen Audiokonferenzen und gesperrtem Smartphone-Bildschirm ist der Wechsel zwischen Sprechen und Stummschaltung nicht möglich. Hierfür muss man erst das Smartphone entsperren und den Wechsel in der App direkt vornehmen. Wir empfehlen, sich mit der Anwendung im Vorhinein eine Weile vertraut zu machen, sofern sie noch nie im Einsatz war. Sehende Assistenz kann bei der ersten Orientierung dienlich sein.
Zoom
Getestete Variante:
App für iOS, Windows-Desktop-App
Einschätzung:
Mit Assistenztechnologien lässt sich Zoom sehr gut nutzen. Die Tastenkombinationen für gängige Funktionen werden in der Windows-App angezeigt. Teilnahmen an Chats und (videobasierten) Konferenzen, Wortmeldungen sowie nonverbale Reaktionen sind gut beschriftet.
Einschränkung:
Wortmeldungen und nonverbale Reaktionen sind insbesondere in der iOS-App etwas umständlich auffindbar, dann aber gut auszulösen. Sehbehinderungsrelevante Einstellungen wie Änderung von Schriftart und -grad oder Anpassung des Zoomfaktors sind, soweit uns bekannt ist, nicht möglich. Bildschirm- und Dokumentfreigaben können vom Screenreader nicht ausgelesen werden. Wortmeldungen sowie das Hinzukommen oder Verlassen anderer Teilnehmender werden nicht akustisch signalisiert. Bei reinen Audiokonferenzen und gesperrtem Smartphone-Bildschirm ist der Wechsel zwischen Sprechen und Stummschaltung nicht möglich. Hierfür muss man erst das Smartphone entsperren und den Wechsel in der App direkt vornehmen. Wir empfehlen, sich mit der Anwendung im Vorhinein kurz vertraut zu machen, sofern sie noch nie im Einsatz war.
Studiengangsspezifische Softwarelösungen
SPSS:
Wird in den Sozialwissenschaften und der Psychologie unter anderem genutzt, um statistische Auswertungen vornehmen und visualisieren zu können. Die Software ist bedingt mit dem Screenreader JAWS nutzbar. Wir empfehlen den Einsatz der Statistiksoftware R.
R:
R ist ein Open-Source-Programm und steht für mehrere Plattformen (Windows, Mac und Linux) kostenfrei zur Verfügung. Mit Blick auf Aufbereitung, Visualisierung, Analyse von Daten und Ankopplung an Datenbanksysteme fungiert R als Programmierumgebung, die für unterschiedlichste Aufgaben genutzt werden kann.
R ist methoden-agnostisch und es existieren Erweiterungspakete sowohl für die quantitative (z.B. Regression, Faktorenanalyse) als auch für die qualitative Sozial- und Bildungsforschung (z.B. Qualitative Comparative Analysis). Die Software bietet umfangreiche Möglichkeiten und Anpassungen für Screenreadernutzer*innen.
LaTeX:
Eine Beschreibungssprache, um mathematisch-naturwissenschaftliche Sachverhalte und Texte darstellen und setzen zu können. Sie wird an der FernUni häufig in der Mathematik, der Informatik und den Wirtschaftswissenschaften eingesetzt, um Skripte und Einsendeaufgaben zu formatieren. Insbesondere bei Studiengängen an den Fakultäten Mathematik und Informatik sowie Wirtschaftswissenschaften empfiehlt sich für blinde Studierende, LaTeX lesen und schreiben zu lernen bzw. zu können, um ausgegebene Unterlagen lesen und Einsendeaufgaben bearbeiten zu können.
IDEs (= Entwicklungsumgebungen):
Insbesondere im Informatikstudium verwendete Anwendungen für die Softwareentwicklung. Eclipse (Java usw.) und Microsoft Visual Studio (C#, C, C++, ...) seien hier wegen ihrer guten Tastaturbedienbarkeit vorrangig erwähnt. Um sich dem Thema detailliert zu widmen, wäre ein eigener Artikel erforderlich.
Aktuelle Änderungen können nicht immer unmittelbar berücksichtigt werden, Irrtümer bleiben vorbehalten!