Psychotechnik: Prüfung der Genauigkeit des Augenmaßes
Schaufenster zum Forschungsarchiv Nr. 44
Dieses kleine Gerät ist nur 10 cm breit und 2,5 cm hoch. Es ist aber ganz aus Messing gefertigt und wiegt 600 Gramm. Das Gerät stammt vermutlich aus der Zeit vor 1923, denn es findet sich in einem Katalog der Firma E. Zimmermann, Leipzig aus dem Jahr 1923 (S. 3, Nr. 40). E. Zimmerman war zu dieser Zeit der führende Hersteller psychologischer Geräte. „E. Zimmermann Leipzig“, findet sich auch als Beschriftung auf dem Gerät.
Das Gerät war entwickelt worden, um die Genauigkeit des Augenmaßes festzustellen. Daher ging es um Diagnostik, meist um die Eignung von Jugendlichen für bestimmte handwerliche Berufe.
Mit einer Stellschraube, rechts am Gerät, kann ein Schlitten nach rechts oder links bewegt werden. Auf diesem Schlitten ist in der Mitte ein senkrechter Strich eingraviert. Auf dem Metallblock befinden sich als Orientierung, oben im Bild, zwei eingravierte senkrechte Striche. Aufgabe des Probanden ist es, den Schlitten so zu bewegen, dass der senkrechte Strich auf dem Schlitten genau zwischen den beiden eingravierten Strichen steht. Dabei ist für den Probanden die Millimeterskala, unten im Bild, nicht zu sehen. Sie ist durch eine kleine Metallklappe abgedeckt. Nach Öffnung der Klappe lässt sich ablesen, wie genau geschätzt wurde. Auf der Rückseite des Apparates findet sich zusätzlich eine Marke zur Feinablesung bis 1/10 mm. Das hier gezeigte Gerät des PGFA stammt aus dem Bestand des Psychotechnischen Instituts, Wien. Aus diesem Institut stammt auch ein Foto, das eine Augenmaßprüfung zeigt. Ein junger Mann soll eine Strecke auf einer Holzschiene mit fünf Metallobjekten in gleich große Abschnitte einteilen.
Es gab in der Psychotechnik eine größere Anzahl von verschiedenen Verfahren, mit denen das Augenmaß ermittelt werden sollte: Abstände waren zu schätzen, Strecken einzuteilen, Winkel zu halbieren usw. Größere Unternehmen hatten ihre eigenen Verfahren entwickelt und erprobt. Die Prüfung des Augenmaßes gehörte in der Regel zu einer Anzahl verschiedener Einzeltests, deren Ergebnisse zu einem Gesamtbild des Probanden zusammengefasst wurden.
Heute stellt sich die Frage nach der Validität eines diagnostischen Gerätes wie diesem zur „Prüfung der Genauigkeit des Augenmaßes“. Das Gerät ist zwar leicht zu bedienen, Probanden werden auch die Aufgabe verstehen, aber eine einzelne Schätzung wird nicht ausreichen, um zu beurteilen, ob die Bewerberin oder der Bewerber für eine bestimmte Tätigkeit geeignet ist, die „Augenmaß“ erfordert.
Zimmermann, E. (1923). Liste 33: Über Psychotechnik. Leipzig: Eduard Zimmermann.
M. B. & H.E.L.