Kurt Schneider: „Klinische Psychopathologie“ in 7. Auflage

Schaufenster zum Forschungsarchiv Nr. 58

Die Psychiatrie des 20. Jahrhunderts wurde über die Grenzen Deutschlands hinaus durch Kurt Schneider (1887-1967) beeinflusst. Schneider hatte 1919 in Tübingen zum Dr. med. und 1921 in Köln bei Max Scheler zum Dr. phil. promoviert, dessen Phänomenologie dann seine Arbeit prägte. Auch die Arbeiten von Karl Jaspers hatten Einfluss auf seine Forschung und Lehre. Ab 1946 bis zu seiner Emeritierung lehrte Schneider in Heidelberg. Seine wichtigsten Arbeitsgebiete waren die Schizophrenieforschung und die Systematik psychischer Störungen.

Foto: Handexemplar der 7. Auflage der Klinischen Psychopathie mit Kurt Schneiders Korrekturen. – Foto: FernUniversität
Handexemplar der 7. Auflage der Klinischen Psychopathie mit Kurt Schneiders Korrekturen. – Foto: FernUniversität

Das Hagener Archiv bewahrt als Schenkung ein Exemplar der sechsten Auflage seines Hauptwerkes Klinische Psychopathologie, das Schneider durch ein neues Vorwort, handschriftliche Korrekturen, eingeklebte neue Textpassagen usw. für die 7. Auflage vorbereitete. Diese Neuauflage erschien 1967.

Die Änderungen für die 7. Auflage sind zahlreich, aber nicht grundlegend, was Schneiders Erkenntnisse und Theorien angeht. Im neuen Vorwort schreibt der inzwischen 78jährige Schneider: „Erwähnenswert ist vielleicht ein neuer Abschnitt über die Bewertung von Selbstschilderungen.“ Es schien dem Autor „nicht geraten, in das bisherige Gleichgewicht mit neuesten, in Kürze höchstens andeutbaren Forschungen einzugreifen“. Nicht ohne Stolz erwähnt er die Übersetzungen seines Buches in Spanische, Italienische, Französische, Japanische, Englische und Griechische.

Foto: Brief von Kurt Schneider an seinen Kollegen Gerd Huber. – Foto: FernUniversität
Brief von Kurt Schneider an seinen Kollegen Gerd Huber. – Foto: FernUniversität

Offenbar hat Schneider das Exemplar mit den Korrekturen für die 7. Auflage vom Verlag zurückerhalten, vermutlich zusammen mit der Korrekturfahne. So konnte er dieses Handexemplar mit einem Begleitbrief im August 1965 an seinen Kollegen Gerd Huber (1921-2012) in Bonn senden: In diesem Brief beschreibt er das Exemplar als „Kartenspiel“ – offenbar wegen der vielen eingeklebten Korrekturen. Aber man könne „auf einen Blick“ sehen, „was sich verändert hat“.

Bedingt durch den Tod von Schneider erschien die Klinische Psychopathologie ab der 8. Auflage unverändert. 2007 erschien die 15. Auflage, wie alle früheren Auflagen im Georg Thieme Verlag. Da die Erstauflage bereits 1950 veröffentlicht wurde und das Buch in der medizinischen und psychologischen Ausbildung als Lehrbuch weit verbreitet war, erlebte die Klinische Psychopathologie eine Erfolgsgeschichte über mehr als ein halbes Jahrhundert.

H.L./M.G.

Patrick Rostane | 08.04.2024