Präsenzveranstaltung
- Thema:
- "Was ist ein Genre?"
- Veranstaltungstyp:
- Präsenzveranstaltung
- Zielgruppe:
- und alle Interessierten
- Ort:
- Frankfurt
- Adresse:
-
Campus Frankfurt/Main
FernUniversität in Hagen
Zentrale Betriebseinheit Campusstandorte
Campus Frankfurt
Walther-von-Cronberg-Platz 16
60594 Frankfurt am Main
- Termin:
- 17.06.2022
bis
18.06.2022 - Zeitraum:
- 17. Juni 2022, von 14:00 bis 22:00 Uhr und
18. Juni von 10:00 bis 17:00 Uhr - Leitung:
- Professor Dr. Michael Niehaus
- Anmeldefrist:
- 20.05.2022
- Auskunft erteilt:
- Prof. Dr. Michael Niehaus , E-Mail: michael.niehaus
Was ist ein Genre?
Die Frage, was ein Genre ist, scheint müßig. Wir alle verwenden doch den Begriff wie selbstverständlich und kommen bestens damit zurecht. Aber die Fragen, die das Selbstverständliche nicht einfach hinnehmen, sind vielleicht die besten Fragen. Und in diesem Fall geht es um die ganz grundlegende Frage, wie wir menschliche Artefakte überhaupt wahrnehmen und ‚verstehen‘. Denn für dieses Seminar soll die Frage ganz unspezifisch aufgefasst werden: Genres gibt es auf jeden Fall im Film, aber auch in der Literatur, in der Malerei, in der Musik, in der Fotografie. Bedeutet das Wort in allen diesen Medien und Künsten ungefähr dasselbe? In der Malerei spricht man häufig von grundlegenden Bildgattungen, die in der Tradition zudem noch hierarchisch geordnet sind (1. Historienmalerei, 2. Porträt, 3. Genre, 4. Landschaft, 5. Stillleben). Kann man diese Gattungen auch als Genres verstehen, wenn doch die Genremalerei eine der Gattungen ist? Was die Literatur angeht, so unterscheidet man im Deutschen ebenfalls zwischen Genre und Gattung – eine Möglichkeit, die es im Englischen oder im Französischen nicht gibt: Dort heißt das, wir die Gattung nennen, genre. Wie unterscheidet sich Genre-Theorie von der ‚klassischen‘ Gattungstheorie? Das Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft definiert„Genre“ als „Historische Gruppenbildung von Texten“. Nicht nur für Texte, auch andere Artefakte wie Filme, für Bilder und für Musikstücke gilt, dass wir solche Gruppenbildungen vornehmen müssen, wenn wir über uns über sie verständigen wollen. Man sagt daher Genrebegriffe sind „Verständigungsbegriffe“. Aber was sagt das über ihren Status aus? Wie kommen solche Begriffe zustande? Bilden sie ein System? Sind die auf einer Ebene angesiedelt (ist z.B. der Autorenfilm im selben Sinn ein Genre wie der Horrorfilm)? Wie verändern sie sich? Wie unscharf dürfen sie sein? Können Genres unveränderliche Merkmale haben? Dürften wir uns ganz andere Genres ausdenken? Wer schafft diese Begriffe eigentlich? Können wir uns die Artefakte überhaupt außerhalb von Genrekategorien vorstellen? Was folgt daraus, wenn wir es nicht können? Haben wir für alle Sorten von Artefakten Genrekategorien zur Verfügung? Ist die Anzahl von Subgenres beliebig? Inwiefern ist mit der Bezeichnung eine Wertung verbunden, z.B. wenn man nicht nur von Filmgenres, sondern auch von Genrefilm (und in der Folge auch von Genreliteratur) spricht?
Um solche Fragen wird es in diesem Seminar gehen. Diskutiert werden sie aber in erster Linie anhand von Beispielen. Das bedeutet, dass wir uns den verschiedenen Feldern zuwenden wollen, in denen von Genres die Rede ist. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen sich eines dieser Felder aussuchen: Wie wird in a) in der Literatur, b) im Film, c) in der Malerei d) in der Musik, d) im Drama, e) im Computerspiel, f) im Fernsehen oder g) sonst wo über Genres gesprochen. Das Seminar findet zwar in Präsenz statt, es gibt aber eine Vorbesprechung am 23. Mai um 18 Uhr via Zoom, auf welcherinsbesondere geklärt werden soll, wer sich für a) bis g) zuständig erklären möchte. Wer zwar am Seminar, nicht aber an der Vorbesprechung teilnehmen kann, möge sich bitte melden (michael.niehaus). Die folgenden Literaturhinweise haben vorläufigen und hinweisenden Charakter. Jede und jeder ist herzlich eingeladen, Interessantes zu recherchieren. Über die Frage nach dem Genre wurde in den verschiedenen Disziplinen verschieden viel nachgedacht. Die meisten der folgenden Titel sind in der UB der Fernuniversität im Volltext verfügbar.
Harald Fricke: Invarianz und Variabilität von Gattungen. In: Rüdiger Zymner (Hg.): Handbuch Gattungstheorie. Stuttgart 2010, S. 19-21. [Volltext über die UB]
Dieter Lamping: Genre. In: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft Bd. 1, S. 704-705. [Volltext über die UB]
Harald Fricke, Elisabeth Struck: Textsorte. In: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft Bd. 3, S. 612-615. [Volltext über die UB]
Daniel Martin Feige: Alle Genres sind prekär und keine Genre ist prekär, oder: Die Logik des Genres im Genre der (hegelschen) Logik. In: Hanno Berger, Frédéric Döhl, Thomas Morsch (Hg.): Prekäre Genres: Zur Ästhetik peripherer, apokrypher und liminaler Gattungen. Bielefeld 2015, S. 17-31. [Volltext über die UB]
Markus Kuhn, Irina Scheidgen, Nicola Valeska Weber (Hg.): Filmwissenschaftliche Genreanalyse. Eine Einführung. Berlin, Boston 2013, S. 1-36. [Volltext über die UB]
Peter Scheinpflug: Genre-Theorie. Eine Einführung. Berlin 2014.
Klaus Kreimeier: Im Anfang war das Chaos. Filmgenres und ihre Genese im frühen Kino. In: Marcus Stiglegger (Hg.): Handbuch Filmgenre. Wiesbaden 2020, S. 1-20. [Volltext über die UB]
Andreas Rauscher: Spielerische Fiktionen: Transmediale Genrekonzepte in Videospielen. Marburg 2012.
Stephan Günzel: Game Genres. Die Unordnung der Computerspiele. In. Hanno Berger, Frédéric Döhl, Thomas Morsch (Hg.): Prekäre Genres: Zur Ästhetik peripherer, apokrypher und liminaler Gattungen. Bielefeld 2015, S. 289-302. [Volltext über die UB]
Fabian Holt: Genre in Popular Music. Chicago 2007.
Ivo Ritzer, Peter W. Schulze: Transmediale Genre-Passagen: Interdisziplinäre Perspektiven. In: Ivo Ritzer, Peter W. Schulze (Hg.): Transmediale Genre-Passagen: Interdisziplinäre Perspektiven. Wiesbaden 2016, S. 1-43. [Volltext über die UB]