Präsenzveranstaltung
- Thema:
- Karl Kraus: Die letzten Tage der Menschheit
- Zielgruppe:
- BA KuWi: Modul 25302/L2; Modul 25306/L6; MA NdL: Modul 26306/MANDL 6; Modul 26307/MANDL 7;
- Ort:
- Hannover
- Adresse:
-
Campus Hannover
Raum 4 - Termin:
- 18.03.2023
bis
19.03.2023 - Zeitraum:
- Samstag, 18.03.23: 14:00-20:00 Uhr,
Sonntag, 19.03.23: 09:00-15:00 Uhr. - Leitung:
-
Prof. Dr. Manfred Schneider
Prof. Dr. Peter Risthaus - Anmeldefrist:
- 06.03.2022
- Anmeldung:
- Bitte melden Sie sich über die Anmeldemaske an.
Dieses Seminar befasst sich ausschließlich mit dem während der Kriegsjahre 1915 –1918 entstandenen Theaterstück „Die letzten Tage der Menschheit“, das als Buch dann 1922 erschienen ist. Es ist eines der bedeutendsten literarischen Werke des 20. Jahrhunderts, das eben in diesem Jahr erneut unerwartete Aktualität erhalten hat. Der österreichische Autor Karl Kraus (1874-1934) hat es ironisch einem „Marstheater“ zugedacht. Denn es ist einmal ein Drama im Zeichen des Kriegsgottes Mars, aber Kraus deutete damit auch an, dass die mehr als 200 Szenen des Dramas nur auf einem fernen Planeten oder auf einer mythischen Spielstätte Platz fänden. Zwar ist das Drama immer wieder auf verschiedenen Theaterbühnen inszeniert worden – zuletzt 2021/22 in Berlin - , doch eigentlich ist es ein Lesedrama, und der Autor selbst hat zu seinen Lebzeiten häufig daraus vorgelesen.
Seiner äußeren Form nach sind „Die letzten Tage der Menschheit“ eine Collage von satirisch dialogisierten Dokumenten. Sie ergeben keine fortlaufende Handlung, sondern bilden in Szenen und Dialoge übersetzte Materialien ab, die Kraus während der Weltkriegsjahre gesammelt hat. Seiner literarischen Form nach ist es ein Drama der Sprache, da der größte Teil des Textes aus wörtlichen Zitaten besteht. Die Zitate entstammen unterschiedlichen Registern der öffentlichen Rede während des Krieges: alltägliches Gerede, höfisch gestelzte Formeln, Offiziersjargon, Gespräche im Wiener oder Berliner Dialekt, die aber auch wieder nach Ständen, sozialen Klassen und Sprechweisen differenziert sind. Weiter enthält das Drama Zitate aus Literatur, Operette, Zeitung, amtlichen Verlautbarungen, Annoncen, Richtersprüchen und Verordnungen, Predigten, Briefen, Ansichtskarten, politischen Reden und optischen Materialien wie Fotos und Reklame.
Das Stück ist auch darum ein Sprachdrama, weil Karl Kraus der Überzeugung, war, dass sich die Katastrophe, der Schrecken und die Grausamkeiten des Ersten Weltkrieges in dem Verfall des öffentlichen Sprechens, zumal in dem der Zeitungen, bereits früher abgezeichnet habe. Den Verfall des öffentlichen Sprechens hat Kraus sein Leben lang in der von ihm weitgehend allein redigierten Zeitschrift „Die Fackel“ von 1899 bis 1936 polemisch kommentiert, parodiert und satirisch dokumentiert.
In unserem Seminargespräch werden wir uns zunächst mit einigen sprachtheoretischen Äußerungen von Karl Kraus befassen, um anschließend an ausgewählten Beispielen seine satirische Technik zu studieren. Dazu werden eine Reihe von Dokumenten bereitgestellt; wir werden aber auch einige Film- und Tondokumente sehen / hören, Rezitationen von Karl Kraus selbst sowie die genialen Lesungen aus dem Drama von Helmut Qualtinger. Es steht im Netz bereits eine großartige Sammlung von Dokumenten, Bildern, Texten zur Verfügung, die der Theaterregisseur Paulus Manker anlässlich seiner siebeneinhalb Stunden dauernden Inszenierung der Dramas in Berlin von 2021/22 zusammengestellt hat. Man findet sie im Netz unter: https://www.letztetage.com/ und dort geht im Menü weiter unter „QR-Codes und Szenenübersicht“.
Textgrundlage: Karl Kraus: Die letzten Tage der Menschheit. Tragödie in fünf Akten mit Vorspiel und Epilog. Hg von Christian Wagenknecht. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1986.