11. Studienwoche Literaturwissenschaft 2015

Thema „Literatur - Akustik - Medien“

Termin: vom 08.-12. Juni 2015

Auf dieser Seite finden Sie allgemeine Erläuterungen zur thematischen Ausrichtung der Studienwoche, Kommentare zu den einzelnen Veranstaltungen, Hinweise zur Anmeldung und Informationen zu den Übernachtungsmöglichkeiten in Hagen und Umgebung. Im Downloadbereich in der rechten Spalte dieser Seite finden Sie den Zeitplan mit der Raumverteilung der 11. Studienwoche Literaturwissenschaft, die Anmeldeformulare und den Campusplan.

  • Wenn wir Literatur lesen, also graphische Zeichen mittels des Gesichtssinns dekodieren, hören wir gleichwohl: Lyrik erschließt sich mit ihren auf Musik zurückverweisenden Mitteln (Metrum, Rhythmus, Klang) oft nur dem Ohr. Das Drama will aufgeführt, also auch gesprochen sein. Und wenn wir in Prosaliteratur die Stimme des Erzählers vernehmen, ist das wohl eine unumgängliche Metapher, die im Zeitalter einer immensen Konjunktur des Hörbuchs eine ganz unmetaphorische Realität gewinnt. Hatte das Alphabet, wie der Medientheoretiker Marshall McLuhan meinte, ein Auge für ein Ohr substituiert, also die, wie er meinte, historische Dominanz des Gesichtssinns eingeleitet, bewahrt Literatur immer auch ein Gedächtnis vom Akustischen, von der oralen Performanz und vom Hören. Stimmt die oft vertretene These einer Hegemonie des Visuellen über das Auditorische überhaupt, so wäre im Rahmen dieser Studienwoche z.B. zu fragen. Gibt es ein literarisches Wissen vom Hören und von seiner Geschichte? Welche Genres, z.B. das Hörspiel, spielen welche Rolle? Was widerfährt dem Hören, den Hörern und/oder der Literatur, wenn akustische Medien Töne technisch reproduzierbar und übertragbar werden lassen? Welche Medien des Akustischen, z.B. Grammophone, Radios, werden literarisch wie reflektiert? Welche Rolle spielt die Stimme des Erzählers im Tonfilm?

    Hinweise auf einführende Literatur:

    • Auditive Medienkulturen. Techniken des Hörens und Praktiken der Klanggestaltung. Hrsg. von Axel Volmar und Jens Schröter. Bielefeld: transcript 2013.
    • Daniel Morat: Zur Geschichte des Hörens: Ein Forschungsbericht. In: Archiv für Sozialgeschichte (51) 2011, S. 697–716.
    • Acoustic turn. Hrsg. von Petra Maria Meyer. Paderborn: Fink 2008.
  • HörSäle der Literatur. Die »Gruppe 47« und das »Literarische Colloquium Berlin«

    Dr. Cornelia Epping-Jäger (Ruhr-Universität Bochum)

    Die zentrale These des Vortrags besteht in der Annahme, dass sich der Literaturbetrieb nach 1945 vor dem Hintergrund einer durch den Nationalsozialismus korrumpierten Sprache in einer gewendeten diskursiven Gestalt als ›sonore Szene‹ entfaltete. Auf der Suche nach dem ›neuen Ton‹ der Literatur etablierten sich ›einfache Systeme direkter Kommunikation unter Anwesenden‹ in ›Hörsälen der Literatur‹, die neue Formen des literarischen Diskurses, insbesondere die unmittelbare Kritik literarischer Produktion erlaubten. In exemplarischer Weise wird dieser Szenenwechsel nach 1945 an den literarischen Verfahrensformen der Gruppe 47 sichtbar, die gleichsam als Ort einer neuen Stimmeinübung nach dem Ende des NS-Stimmregimes angesehen werden kann. Wie fragil freilich die Prozesse der Wiederherstellung einer konsensuellen ›ästhetischen Stimmung‹ waren, läßt sich exemplarisch an Paul Celans Lesung vor der Gruppe 47 im Mai 1952 in Niendorf ablesen, der der Vortrag sich zuwenden wird.

  • Videoaufzeichnungen der Ringvorlesung und des Abendvortrags [12.06.2015]

  • Professor Dr. Michael Niehaus

    Zielgruppe:Alle Studierende des Bachelor- und Masterstudiengangs

    Erläuterungen:

    Stimmen im Film, die nicht Teil der im Film gezeigten Welt sind, nennt man Voice Over-Stimmen. Häufig fungieren sie als Erzählstimmen, die an bestimmten Stellen des Films das Wort ergreifen und uns lenken. Man hat das Voice over daher meist als ein literarisches Mittel des Spielfilms eingeschätzt. Aber das heißt nicht viel und stimmt so nicht. Gewiss benötigt man das Vokabular der Erzähltheorie, um das Voice over zu analysieren, aber das reicht nicht aus, um die Vielfalt der Formen und Funktionen zu beschreiben, die das Voice over im Laufe der Filmgeschichte gehabt hat und noch hat. Das Seminar möchte diese Vielfalt anhand exemplarischer Beispiele erschließen und theoretisch zu erfassen versuchen.

    Anzuschaffen bzw. zu entleihen ist das folgende Buch:

    Christina Heiser: Erzählstimmen im aktuellen Film. Strukturen, Traditionen und Wirkungen der Voice-Over-Narration. Marburg: Schüren 2014. Als Vorbereitung sind zu lesen: S. 11-87 und S. 136-243.

    Darüber hinaus würde die Seminardiskussion davon profitieren, wenn jede/r Teilnehmer/in für sich eine Liste mit Spielfilmen mit Voice over anlegte, die sie/er gesehen hat.

  • Professor Dr. Uwe Steiner

    Termine: 8., 9., 10., 11. Juni 2015, 15:15 - 16:45 Uhr

    Erläuterungen:

    „High Fidelity“ – der Titel ist weitgehend metaphorisch gemeint, aber nicht nur metaphorisch. Im Seminar soll es u.a. um die Effekte gehen, die die Heraufkunft des seinerzeit neuen Mediums auf Literatur ausgeübt hat. Rilke beschwört in seinem berühmten Text „Ur-Geräusch“ die Phonographie als ein Medium, das nicht allein einen der Aufzeichnung zuvor entzogenen Bereich, den Schall, das Hörbare selbst, reproduzierbar gemacht hat. Aus der Phonographie geht vielmehr eine Poetologie ganz eigener Art hervor, hinter der man ein Programm, das Reale selbst poetisch abzutasten, entziffern könnte. An diesem und an anderen Texten soll zunächst Rilkes akustische Poetologie entziffert werden. In einem berühmten Kapitel aus dem „Zauberberg“ thematisiert Thomas Mann das Grammophon als ein Instrument, in dessen Resonanzraum eine ganze nationale, romantisch geprägte Kulturgeschichte mitschwingt. Von da aus springen wir ins späte 20. Jahrhundert und in die Gegenwart. Kann man in Rainald Goetz‘ Text „Subito“ (1983) Formen einer akustischen Poetik entdecken? Wie plausibel beschreibt Peter Sloterdijk im dritten Band seiner „Sphären“-Trilogie die moderne Gesellschaft als „Sonosphäre“ und „Phonotop“.?

  • Jessica Güsken, M.A.

    Termine: 8., 9., 10., 11. Juni 2015, 15:15 - 16:45 Uhr

    Zielgruppe: Alle Studierende des Bachelor- und Masterstudiengangs

    Erläuterungen

    Das Hörbuch ist ein Medium, das literarische Texte in Form akustischer Aufzeichnungen präsentiert. Die Vokalisation einer gedruckten Textvorlage bedeutet eine „radikale Umschrift“ (Binczek/Münthering 2013), insofern eine typographische Kommunikationsanordnung in einen anderen Kommunikationscode, in Mündlichkeit, übertragen und dabei festgehalten wird. Daraus ergeben sich Fragen nach einer je eigenständigen Ästhetik und Vorlese-Poetik, die das Seminar anhand ausgewählter Hörbücher diskutieren möchte.

    Dabei sind ebenso Fragen ihrer medial-technischen Verfasstheit, deren Bedingungen und Implikationen zu bedenken. Das Seminar beschäftigt sich daher zunächst mit den Produktionsbedingungen von Hörbüchern – dem Weg vom gedruckten zum (immer wieder an)hörbaren Text, von der Textvorlage über eventuelle Textkürzung und vorlesegeeigneten Schriftsatz, Tontechnik der Stimm-Aufnahme (Raum- und Stimmgestaltung), Aufnahmesituation, Audio-Schnitt, Mastering, sowie den Distributionsformaten und -weisen (CD/Download).

    Darüber hinaus wird ebenso die Kulturgeschichte der Stimme und des Hörens in den Blick genommen. Wenn der Deutsche Hörbuchpreis heute seiner offiziellen Website Schillers Diktum über die Deklamation von Theaterschauspielern – „Der Weg des Ohrs ist der gangbarste und nächste zu unsern Herzen“ – programmatisch voranstellt, oder der Hörbuchverlag audible sein Downloadportal mit dem Versprechen „Kopfkino an!“ bewirbt, ist in diesem Kontext auch zu fragen, was für einen spezifisch eigenen Imaginationsraum Vorlesen und Hören je eröffnen.

    Nach dieser einführenden Orientierung im Thema widmet sich das Seminar der gemeinsamen Analyse dreier Hörbücher:

    Felicitas Hoppes Lesung ihrer Erzählungssammlung Verbrecher und Versager (2005) ist dabei zum einen Beispiel für das klassische Format Autorenlesung. Zum anderen stellen Hoppes Erzählungen Fragen nach den Möglichkeiten des Erzählens von (Lebens-)Geschichten historischer Figuren, die man „aus den Augen verloren“ hat, die „nicht sprechen“ und das Erzählich „im Dunkeln zurücklassen“, welchem stets ein „kunstloses verstummen“ droht – Geschichten von Verschollenen und ihren längst verklungenen Geschichten also (verschollen ist 2. Partizip von verschallen, verhallt), wobei ihre mündliche Erzählung/Vorlesung im Rahmen des Seminars von besonderem Interesse sein wird. [Felicitas Hoppe: Verbrecher und Versager. Gelesen von der Autorin. 4 CDs. Mare Verlag, 2005. ISBN 978-3936384581. (günstig gebraucht zu erhalten)]

    Georg Kleins Schlimme schlimme Medien (2007) versteht sich dezidiert als eigentliches Hörbuch-Werk – die Erzählungen sind nicht in gedruckter Form veröffentlicht, und zwischen den einzelnen Erzählungen reflektiert Klein in freier Rede, d.h. ohne Textvorlage über Form und Poetik seines Erzählens und dessen Medialität. Dabei eignet den Erzählungen eine Affinität zum Genre romantischer Nacht- und Phantasiestücke, Geister- und Horrorgeschichten – an die sich Fragen fingierter oder imitierter Mündlichkeit ebenso anschließen, wie Fragen nach der Imagination des unaussprechlich Furchtbaren. [Georg Klein: Schlimme schlimme Medien. Produziert von Thomas Böhm und Klaus Sander. supposé Verlag, 2007. ISBN 978-3-932513-77-0. (sowohl als Doppel-CD wie auch als Download-Datei erhältlich)]

    Mark-Uwe Klings Die Känguru-Chroniken (2009) ist nicht allein in seiner Vorlese-Performanz, Stimme und Sprechweise des Vorlesers von Interesse (Kling spricht alle Figuren), sondern auch hinsichtlich ihrer Entstehung: ursprünglich als Podcast des rbb Senders Fritz Radio konzipiert, erschienen sie ob ihres Erfolgs erst nachfolgend als Buch wie zugleich als Hörbuch, weshalb sich hier Fragen nach einer eigenen Sprech- und Vorlese-Poetik stellen. Dabei interessiert auch die Nähe zum Kabarett wie auch zum Witz als mündlicher Erzählform. [Mark-Uwe Kling: Die Känguru-Chroniken. Live und ungekürzt. Hörbuch Hamburg, 2012. ISBN 978-3869091082. (sowohl als 4 CDs wie auch als Download-Datei erhältlich)]

    Neben der Kenntnis der angegebenen Hörbücher sind folgende Texte für die Seminarteilnahme vorzubereiten:

    • Binczek, Natalie und Müthering, Vera: „Hörspiel/Hörbuch“, in: N. Binczek, T. Dembeck, J. Schäfer (Hg.): Handbuch Medien der Literatur. Berlin/Boston: de Gruyter, 2013. S. 467-474.
    • Binczek, Natalie und Epping-Jäger, Cornelia: „Einleitung“, in: Dies. (Hg.): Das Hörbuch. Praktiken audioliteralen Schreibens und Verstehens. Stuttgart: Fink, 2014. S. 7-12.
    • Epping-Jäger, Cornelia und Linz, Erika: „Einleitung“, in: Dies. (Hg.): Medien/Stimmen. Köln: DuMont, 2003. S. 7-15.
    • Kolesch, Doris: „Die Spur der Stimme. Überlegungen zu einer performativen Ästhetik“, in: C. Epping-Jäger und E. Linz (Hg.): Medien/Stimmen. Köln: DuMont, 2003. S. 267-281.
    • Lehmann, Johannes F.: „Literatur lesen, Literatur hören. Versuch einer Unterscheidung“, in: TEXT+KRITIK. Zeitschrift für Literatur, 2012, Heft 196 (Sonderband Literatur und Hörbuch), S.3-13.
    • Rühr, Sandra: „Eine (kleine) Mediengeschichte des Hörbuchs unter technologischen und paratextuellen Bedingungen“, in: TEXT+KRITIK. Zeitschrift für Literatur, 2012, Heft 196 (Sonderband Literatur und Hörbuch), S. 14-25.
  • Dr. Malte Kleinwort

    Termine: 8., 9., 10., 11. Juni 2015, 17:15 - 18:45 Uhr

    Zielgruppe: Alle Studierende des Bachelor- und Masterstudiengangs

    Erläuterungen

    Walter Benjamins Arbeiten für und über das Radio dokumentieren, dass es ihm in der Frühzeit des Mediums immer wieder gelang, Radiotheorie und -praxis engzuführen. Inspiriert einerseits von den experimentellen Konzepten des Radiomachers Ernst Schön und andererseits von Bertolt Brechts Überlegungen zum epischen Theater suchte Benjamin im Radio nach neuen Kommunikationsmöglichkeiten, die auf eine Didaktik jenseits der einfachen Volksbildung und auf eine politische Aktivierung des Publikums aus war. Werden in Benjamins »Hörmodellen« Handlungsspielräume im Alltag der Menschen erkundet, so lotet das Hörspiel »Radau um Kasperl« die Handlungsspielräume des neuen Mediums aus und wirft zugleich eminent politische Fragen nach der Überwachungsfunktion des Radios und seiner möglichen Nutzung für subversive politische Aktionen auf.

    Sie erhalten im Vorfeld einen Reader mit einer Auswahl von Benjamins Texten zum und für das Radio, die verstreut in seinen »Gesammelten Schriften« zu finden sind, sowie weiteren Sekundärtexten. Im Zentrum unseres Interesses wird das Hörspiel »Radau um Kasperl« stehen, dessen Originalaufnahme mit Benjamin als Sprecher leider nicht erhalten ist, das aber in einer anderen historischen Aufnahme vorliegt und von uns angehört werden kann und wird.

  • Philipp Weber, M.A.

    Termine: 8., 9., 10., 11. Juni 2015, 17:15 - 18:45 Uhr

    Zielgruppe: Alle Studierende des Bachelor- und Masterstudiengangs

    Erläuterungen

    Das Seminar wird nach der Musik als poetischer Katgeorie im Werk Celans fragen: Welche Funktion erfüllt die Musik innerhalb seiner Gedichte? Wie gelangt sie zur Darstellung? Und begreift sich Celans Dichtung schließlich selbst als musikalisch?

    Der Fokus des Seminars wird dabei auf dem Band ‚Sprachgitter’ (1959) liegen, in dem die Musikalität der eigenen Dichtung explizit reflektiert wird. Weitere zentrale Schriften sowie Ansätze der Forschung werden zur Lektüre in einem Reader bereitgestellt.

  • Kristina M. Goggol, M.A.; Dennis Götzen, M.A.; Kaja Ruhwedel, M.A.; Sabine Schollas, M.A.

    Termine: 9., 10. und 11. Juni 2015, jeweils 14:00 - 15:00 Uhr

    Zielgruppe: Primär Studierende des Bachelor-Studiengangs

    Erläuterungen:

    Die Übung macht u.a. mit den Recherchemöglichkeiten in Literaturdatenbanken, den Arbeitsstrategien und –techniken beim Verfassen von Hausarbeiten und den Standards des Zitierens und der bibliographischen Nachweise vertraut.

Anmeldung zur Studienwoche

Anmeldeschluss: 30. April 2015

Bitte beachten Sie bei Ihrer Anmeldung: Jeweils zwei Seminare werden zeitlich parallel angeboten (vgl. Zeitplan!). In diesen Fällen kann jeweils nur ein Seminar belegt werden!

  1. Im Downloadbereich in der rechten Spalte finden Sie ein Anmeldeformular (als Word-Datei), das Sie herunterladen und auf Ihrem PC speichern können.
    Bitte füllen Sie dieses Formular aus und schicken Sie es als Anhang zu einer E-Mail entweder an leyla.pektas oder dorothea.rehmus-fittje.
    Achtung: Schicken Sie Ihre Anmeldung ausschließlich an eine dieser beiden E-Mail-Adressen!
  2. Im Downloadbereich in der rechten Spalte finden Sie ein Anmeldeformular (als pdf-Datei), das Sie sich ausdrucken können.
    Bitte füllen Sie dieses Formular aus und schicken Sie es
    entweder mit der Post an:
    Institut für Neuere deutsche Literatur- und Medienwissenschaft
    Kennwort "Anmeldung Studienwoche 2015"
    FernUniversität in Hagen
    D–58084 Hagen
    oder faxen Sie das ausgefüllte Formular an den Fax-Anschluss des Instituts: 02331/987–4850.

Bitte nutzen Sie unbedingt eine von diesen beiden Möglichkeiten der Anmeldung!

Melden Sie sich bitte nur in absoluten Ausnahmefällen formlos (unter den oben genannten E-Mail-Adressen oder der genannten Postanschrift) an. Bitte geben Sie dabei Ihre genaue Postanschrift, Ihre Telefonnummer, Ihre E-Mail-Adresse, Ihre Matrikelnummer und den Studiengang an, in den Sie eingeschrieben sind. Teilen Sie uns unbedingt mit, an welchen Veranstaltungen der Studienwoche Sie teilnehmen wollen.

29.04.2022