9. Studienwoche Literaturwissenschaft 2013
Thema „Objektivität“
Termin: 10.-14. Juni 2013
An dieser Stelle finden Sie genauere Informationen zu den Veranstaltungen der Studienwoche und Hinweise zur Anmeldung. Schon jetzt finden Sie auf dieser Seite eine allgemeine Erläuterung zum Oberthema der Studienwoche und Hinweise zu den Unterkunftsmöglichkeiten in und um Hagen.
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Objektivität ist gleichsam ein Kampf- und ein Problembegriff der Neuzeit. Spätestens mit der Entdeckung der Perspektive und damit der Kopplung der Repräsentation an einen später „subjektiv“ genannten Standpunkt stellt sich die Frage, welche Verbindlichkeit das Repräsentierte beanspruchen darf. Objektivität, so zeigt sich, besitzt ihre Geschichte. Sie korreliert mit den Verfahren, Mitteln und Medien, sie darzustellen. Daraus hat insbesondere der kulturwissenschaftliche Mainstream gefolgert, es gebe sie eigentlich nicht: alles Objektive sei hergestellt, konstituiert, „konstruiert“. Für diese These könnte man sich auf Literatur berufen, u.a. auf die Romantik. Für Novalis war die Poesie das „ächt absolut Reelle“, sie schien ihm in einer Art poetisch hypertrophiertem Kritizismus wirklicher als alles Dargestellte oder Erscheinende. Er positioniert das Produzierende über das Produkt, Literatur lehrt gleichsam die „poiesis“, Herstellung dessen, was vermeintlich objektiv erscheint. Welche Mittel und Medien konstituieren, „konstruieren“, suggerieren Objektivität? So wäre im Anschluss zu fragen. Welche literarischen Verfahren korrespondieren mit ihr? Was erzielt den sog. „Realitätseffekt“ und gibt es einen ihm vergleichbaren „Objektivitätseffekt“? Wenn aber alles Objektive nur gemacht wäre, woher rührt dann die Macht, die Objekte, mithin konkrete Dinge, ausüben können? Fetische beispielsweise, aber auch tückische Objekte künden von der Macht des Gemachten. Und bedeutet nicht ästhetische Erfahrung kaum anderes, als dass wir von einem gemachten Objekt (einem Bild, einem Text oder einem Stück Musik) bewegt, eingenommen, hingerissen werden? Kann Literatur als ein Objektivierungsverfahren begriffen werden, das auch den vermeintlichen Gegenpol, das sog. „Subjektive“, aber auch Zwischenphänomene, wie Atmosphären, Mediales u.ä. einbezieht? Und zwar, indem es ihm Geltung, Anerkennung, Repräsentier- bzw. Adressierbarkeit, Identifizierbarkeit verschafft – um nur einige mögliche Synonyme oder Äquivalente für das zu nennen, was Objektivität meinen könnte.
Zur Einführung:
- Lorraine Daston / Peter Galison: Objektivität. Aus dem Amerikanischen von Christa Krüger. Frankfurt/Main: Suhrkamp 2007.
- [preiswertere englischsprachige Originalausgabe:] Lorraine Daston / Peter Galison: Objectivity. New York, N.Y.: Zone Books 2010.
- Öffentlicher Abendvortrag
- Ringvorlesung: Objektivität
- Seminar: Medialität und Objektivität (Schäfer)
- Seminar: Menschenferne Objektivität. Erdgeschichte bei Goethe und Raabe (Steiner)
Professor Dr. Uwe Steiner
Zielgruppe: Alle Studierende der Bachelor-, Master- und Magisterstudiengänge
Erläuterungen:
Das 18. Jahrhundert entdeckt und erschließt in der Empfindsamkeit, im Sturm und Drang, in der Transzendentalphilosophie eine Subjektivität, die sich den Menschen als weltkonstituierendes Wesen vorstellt. Goethe hingegen wendet sich, als die idealistischen und romantischen Wogen am höchsten schlagen, dezidiert der Naturwissenschaft zu: Mit der Geologie erschließt er sich nicht nur naturwissenschaftliches Spezialwissen, sondern Einblicke in eine Region der Objektivität jenseits des Menschlichen. Mit ihnen einher geht nun eine Poetik, die sich dezidiert von der zeitgenössischen Dominanz des Subjektiven abgrenzt. Dann, im 19. Jahrhundert, repräsentiert das geologische und paläozoologische Wissen eine empfindliche Kränkung des anthropologischen Narzißmus, es verortet den Menschen in einer Naturgeschichte, in der er lediglich als Episode vorkommt. Erst vor dieser Folie wird Wilhelm Raabes im Untertitel listig als „See- und Mordgeschichte“ ausgewiesener Stopfkuchen, die verquere Aufklärungsgeschichte eines vermeintlichen Mordes, in seiner ganzen Brisanz erkennbar. Auf dem Programm stehen u.a. die folgenden Texte:
- J. W. Goethe: Über den Granit. Wanderers Nachtlied I/II. Ausschnitte aus der Campagne in Frankreich.
- W. Raabe: Stopfkuchen
Raabes Stopfkuchen ist als Reclam-Ausgabe erhältlich. Für die anderen Texte wird ein Reader zur Verfügung stehen.
- Seminar: Quality TV - Inhalte und Formen neuer TV-Serien (Koch)
- Seminar: Napoleon. Mythos als Modell der Wirklichkeitserkundung (Schödlbauer)
- Seminar: Objekte genießen. Von Jacques Lacans 'Objekt klein a' zu Robert Pfallers materialistischer Kulturtheorie (Hnilica)
- Seminar: Zwischen Lebewesen und Dingen. Objekte in den Kulturwissenschaften (Schäfer / Bolinski)
- Übung: Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten (Plumpe et al.)
Anmeldung
- Im Downloadbereich in der rechten Spalte finden Sie ein Anmeldeformular (als Word-Datei), das Sie herunterladen und auf Ihrem PC speichern können.
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entweder mit der Post an:
Institut für neuere deutsche und europäische Literatur
Kennwort "Anmeldung Studienwoche 2013"
FernUniversität in Hagen
D–58084 Hagen
oder faxen Sie das ausgefüllte Formular an den Fax-Anschluss des Instituts: +49 2331 987–4850.
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