Exkursion Wales / West-Midlands
- Thema:
- Exkursion:
Borderlands in Geschichte und Gegenwart? Kelten-Rückzugsgebiet, Hinterwald, Brücke zur Industriellen Revolution (Süd-Wales und die westlichen englischen Midlands) - Veranstaltungstyp:
- Exkursion
- Zielgruppe:
- BA KuWi: Modul G2; Modul G3; Modul G4; Modul G5; MA EuMo: Modul 1E; Modul 2E; MA GeEu: Modul I; Modul II; Modul III; Modul IV; weitere Interessierte auf Anfrage
- Ort:
- United Kingdom
- Termin:
- 05.07.2019
bis
16.07.2019 - Leitung:
-
Prof. Dr. Felicitas Schmieder
Prof. Dr. Thomas Sokoll
Petra Waffner
Daniel Syrbe - Anmeldung:
- Teilnahmebeschränkung
- Auskunft erteilt:
- Irmgard Hartenstein , E-Mail: irmgard.hartenstein , Telefon: (02331) 987-4752
Borderlands in Geschichte und Gegenwart? Kelten-Rückzugsgebiet, Hinterwald, Brücke zur Industriellen Revolution (Süd-Wales und die westlichen englischen Midlands)
Die sog. „Borderlands“ zwischen Wales und England sind bis heute eine relativ unzugängliche Region. In der Antike leisteten die Kelten im Gebiet des heutigen Wales dem Vordringen der Römer massiven Widerstand, im Mittelalter waren die „Borderlands“ Grenzzone zwischen den von Kelten, Angelsachsen und Normannen beherrschten Gebieten. Über die Zeiten sah die Region einerseits zahlreiche Unruhen und Gewalt, andererseits auch Erschließungsmaßnahmen. Die Römer errichteten bspw. in Wales zahlreiche militärische Stützpunkte, um die Küsten und das bergige Inland kontrollieren zu können, kaum aber urbane Zentren; gleichzeitig begann die wirtschaftliche Erschließung und Ausbeutung, v.a. der walisischen Erzvorkommen.
Mit den Römern kam das Christentum zu den keltischen Völkern in Wales und überlebte bis ins Frühmittelalter. Die Waliser waren damit früher „zivilisiert“ als die (noch immer heidnischen) angelsächsischen Neuankömmlinge des 5. Jahrhunderts (ein Begriff, um den sich seit dem Mittelalter immer wieder die Diskurse drehten). Typisch für den Rückzug, auf dem sich die Waliser seither immer wieder befanden, ist die Kathedrale St. David’s an abgelegenem Ort, wo der Walisische „National“heilige St. David im 6. Jh. sein Kloster gründete. Das walisische Christentum entwickelte eigene Strukturen und Traditionen und grenzte sich von der der von Rom aus gesteuerten Mission bei den Angelsachsen ab. Auf der anderen Seite der relativ frühzeitig durch Wälle markierten Grenze – am berühmtesten Offa’s Dyke (wohl ab 780 i.A. des ags. Königs Offa von Mercia) – waren die Lords of the Marches (Marken) vor allem dann von den anglonormannischen Königen (ab 1066) zum Schutz der unübersichtlichen, bergigen, bewaldeten und stets für Überfälle guten Grenzregion eingesetzt. Städte wie Shrewsbury in Shropshire oder die Kathedralstadt Hereford im gleichnamigen Shire sind von der Lage im Grenzland geprägt.
Doch führten auch zahlreiche Wege über diese Grenze; Pilger querten sie und Tintern Abbey der Zisterzienser (am river Wye im auf der walisischen Seite liegenden Monmouthshire) liegt genau am Grenzfluß. Der Geschichtsschreiber Giraldus Cambrensis (Gerald of Wales, 1146-1223), geboren aus anglonormannisch-walisischer Mischfamilie, legt in einer wichtigen Phase der Identitätsbildung v.a. auf der englischen Seite Zeugnis von der gegenseitigen Sicht. Auf höchster politischer Ebene kam es zum Showdown, als im 13. Jh. König Heinrich III. die walisischen Fürsten seit 1218 als „princes of Wales“ anerkannte, sein Sohn Edward I. jedoch in der Folge eines für die Waliser vernichtenden Sieges von 1282 Wales dauerhaft zum anglonormannischen Reich schlug und 1301 seinem in Wales geborenen Sohn Edward (II.) den Titel übertrug, auf dass dieser nie wieder für ein unabhängiges Wales stehen könne (bis heute trägt bekanntlich der englische Thronfolger diesen Titel).
In der Folgezeit verfestigte sich die politische Angliederung Wales‘ an England, die 1536 auch staatsrechtlich fixiert wurde (Act of Union) und zu einer massiven kulturellen Überformung führte (Englisch als verpflichtende Amtssprache). Sozialer Hebel dieses Prozesses war die Überschichtung der walisischen Gesellschaft durch den englischen Adel (namentlich im Bereich der Verwaltung) bei weiter zunehmender Verschmelzung der englischen und walisischen Führungsschichten. Im religiösen Bereich allerdings konnte Wales ein hohes Maß an Eigenständigkeit wahren. Die walisische Übersetzung der Bibel (1588) bot die Grundlage für eine kulturelle Identitätsbildung, die Wales im 18. Jahrhundert zur Brutstätte des religiösen Nonkonformismus machte (Methodisten, Quäker, Presbyterianer), woraus im 19. Jahrhundert wichtige Impulse auf die soziale (Gewerkschaften, Arbeiterbewegung) und politische Bewegung (Chartismus, Liberalismus) erwuchsen.
Wenn Wales somit die moderne politische Geschichte Großbritanniens nachhaltig beeinflusst hat (ohne dass sich daraus ein walisischer Nationalismus entwickelt hätte – im Unterschied zu Schottland!), so bildet die Industrielle Revolution dafür die materielle Grundlage. Im südwalisischen Kohlerevier entstand ab dem 18. Jahrhundert eine hochkonzentrierte Schwerindustrie, die sich durch die frühe Durchsetzung technischer Innovationen (koksbetriebe Hochöfen, Dampfmaschine) auszeichnete und mit den Eisenhütten der westlichen Midlands (vor allem in Shropshire) zu den tragenden Eckpfeilern der britischen Industrialisierung wurde. Diese Entwicklung bestimmte die gesamte Region bis in die 1980er Jahre und formte sie bis in das Landschaftsbild hinein um (Eisenstädte wie Menthyr Tydfill, Ebbw Vale, Kanäle nach Cardiff und Newport).
Die Exkursion wird die vormoderne Geschichte der Region zwischen der keltischen und römischen Antike und der Industriellen Revolution, die nicht zuletzt von dieser Weltgegend ausging, an wichtigen Schauplätzen nachvollziehen. Sie greift überregionale und die sich daraus ergebenden lokale historische Entwicklungen auf und thematisiert sie an verschiedenen historischen Aspekten.
Die Teilnahme an der Vorbereitungsveranstaltung zur Exkursion 1. – 3. Mai 2019 ist Pflicht und steht ausschließlich Exkursionsteilnehmern offen.
Jeder Teilnehmer übernimmt ein Referat (eine Liste wird rechtzeitig auf einer dafür eingerichteten Moodle-Plattform zur Verfügung stehen; die von den Teilnehmern erstellte Sammlung von Kurzfassungen wird als Exkursions-Reader dienen), das zum einen als Führung an einem bestimmten Ort dient und zu anderen historische Fragen, die sich daran anknüpfen lassen, aufgreift. Grundsätzlich können die übernommenen Arbeiten in Prüfungsleistungen verwendet werden, jedoch nur nach Absprache, zu welchem Modul sie ggf. passen können.
Die Reise wird in Bristol beginnen und in Birmingham enden. Die Kosten der Exkursion (die wir mit Unterstützung eines Reiseveranstalters durchführen) werden sich voraussichtlich unter 1000.- € pro Person bewegen, zuzügl. Einzelzimmerzuschlag; hinzu kommt die Anreise, die Sie selber organisieren müssen; genauere Informationen zur spätesten Anreise und frühesten Abreise werden rechtzeitig bekanntgegeben, ebenso das Programm. Wir bemühen uns um einen Zuschuß des DAAD, da wir in Kontakt mit den Universitäten Bristol und Swansea sowie Southampton und anderen lokalen Institutionen wie der Kathedrale von Hereford stehen. Eine Anzahlung von 300.- € wird bis Ende Januar zu leisten sein, die Restzahlung bis Ende April 2019.
Einführende Literatur:
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Charles-Edwards, T. M.: Wales and the Britons, 350 – 1064, (The History of Wales), Oxford: OUP 2013.
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Davies, John: A history of Wales, Harmondsworth: Penguin 1994
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Jenkins, Geraint H.: A concise history of Wales, Cambridge 1987 (Cambridge Concise Histories)
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Jenkins, Geraint H.: The foundations of modern Wales 1642 – 1780, Oxford: OUP 1987 (The History of Wales, 4)
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Maurer, Michael: Wales: Kultur und Geschichte, Stuttgart: Reclam 2016 (RUB 19368)
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Williams, Glanmore: Renewal and reformation, Wales : c. 1415 - 1642 Oxford: OUP 1987 (The History of Wales, 3)
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Williams, Gwynn A.: When was Wales? A history of the Welsh, Harmondsworth: Penguin 1985