Projekt: Anti-Sklaverei-Bewegung

Abbildung: public domain

Zwischen Ökonomie und Moral: Die Anti-Sklaverei-Bewegungen als transnationales Netzwerk im ‚langen 19. Jahrhundert‘

Das Projekt wird von Prof. Dr. Alexandra Przyrembel (FernUniversität in Hagen) und Prof. Dr. Stefan Berger (ISB Bochum) geleitet und umfasst zwei Promotionsprojekte.

Das erste Promotionsprojekt wird von Lisa Weber (M.A.) bearbeitet. Sie hat sich bisher unter anderem mit der Geschichte der psychiatrischen Einflüsse auf religiösen Konzeptionen des Verbrechens im langen 19. Jahrhundert beschäftigt.

Das zweite Promotionsprojekt „Jenseits von Marx: Sozialismus und Sklaverei“ wird von Ole Merkel (M.A.) bearbeitet. Seine bisherigen Forschungen haben sich mit dem so genannten Gastarbeiter-Fußball in Westdeutschland, sowie der Verletzungsgeschichte zwischen Schwarzer und weißer Bevölkerung in den USA befasst.

Das Projekt wird durch die Gerda Henkel-Stiftung gefördert.

Die Abschaffung der Sklaverei war eines der am meisten diskutierten moralischen Themen im ‚langen 19. Jahrhundert‘. Das geplante Forschungsprojekt untersucht die transnationalen Dimensionen der Anti-Sklaverei-Bewegung, die sich von England ausgehend in Europa verbreitete. Wenngleich die Mobilisierung der Bewegungen angesichts der unterschiedlichen Gesetzgebung im 19. Jahrhundert sehr heterogen verlief, wurden über die gesellschaftliche Haltung zur Sklaverei zentrale Transformationsprozesse der europäischen Moderne – die kapitalistische Wirtschaftsordnung, die Menschenrechte oder die Definition von Arbeit – ausgehandelt. Überspitzt formuliert standen sich in der Kontroverse über den Einsatz von Sklaven zwei Positionen gegenüber: die Bedürfnisse des „Kriegskapitalismus als gewaltige und unaufhaltsame Maschine“ und die Moralvorstellungen über ein universell gültiges Menschenrecht (Beckert 2014).

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Das Projekt wird in zwei Teilvorhaben bearbeitet, die komplementär und eng miteinander verschränkt sind. Das erste Teilprojekt „Zwischen Mensch und Humankapital. Transnationale Debatten über (Anti-)Sklaverei“, angesiedelt an der Fernuniversität Hagen, setzt sich mit den transnationalen Dimensionen der gesellschaftlichen Debatten über die Sklaverei im 19. Jahrhundert an Fallbeispielen aus Großbritannien, den Niederlanden und den deutschen Staaten auseinander. Es beleuchtet emanzipative Effekte der Antisklaverei-Bewegung auf andere gesellschaftliche Gruppen, zum Beispiel auf Frauenorganisationen, die sich im Rahmen der Debatten engagierten. Das Projekt wird von Lisa Weber bearbeitet und geht von unterschiedlichen Interessen zwischen Ökonomie und Moral aus.

Chartist meeting, Kennington CommonFoto: public domain
Die Fotografie zeigt das Chartist Meeting im Kennington Common am 10 April 1848, gemacht wurde es durch den amerikanischen Fotografen William Kilburn.

Zugleich verweisen die andauernden Diskussionen um die Bedeutung der industriellen Entwicklung auf die Wichtigkeit der Verknüpfung von Kapitalismusgeschichte und Anti-Sklaverei-Bewegungen. Hier setzt das Promotionsvorhaben „Jenseits von Marx: Sozialismus und Sklaverei“ an, das am Institut für Soziale Bewegungen in Bochum angesiedelt ist und von Ole Merkel bearbeitet wird. Es erforscht die Haltung der Protagonist*innen und der politischen Organisationen der Arbeiterschaft zum Abolitionismus und zur Sklavenemanzipation in Großbritannien und den deutschen Staaten von 1830 bis 1890. Zentrale Themen sind die Verschränkung der Diskurse über die Sklaverei und die Kolonialpolitik sowie das ambivalente Verhältnis der Arbeiterbewegung zum Abolitionismus. Die Kritik an der Sklaverei aufseiten der Arbeiterbewegung ging zuweilen mit dem Vorwurf der Hypokrisie an den bürgerlichen Bewegungen einher, denen die Förderung der Emanzipation der Sklaven aus den Kolonien und in den Amerikas auf Kosten der Ausbeutung der einheimischen Arbeiter unterstellt wurde.

Die enge Verbindung der beiden Teilprojekte soll eine stark vereinfachende Sichtweise auf die bürgerliche Anti-Sklaverei-Bewegungen einerseits und die Arbeiterbewegung andererseits verhindern und stattdessen komplexere Verflechtungsstrukturen im Spannungsfeld von Moral und Ökonomie herausarbeiten.

Im Projekt sind zwei Workshops und eine abschließende Tagung geplant.

Logo: Gerda Henkel Stiftung
wahlbrinck | 04.12.2024