Lübeck und der Norden Europas im Zeichen der Hanse

Der Mitte des 12. Jh von Heinrich dem Löwen gegründeten Stadt Lübeck gelang es binnen weniger Jahrzehnte, sich zu einem bedeutenden urbanen Zentrum im Norden des heutigen Europas und prosperierenden Drehscheibe des Handels zu entwickeln. Als "caput hansae" (= Haupt der Hanse) war Lübeck über Jahrhunderte Strippenzieherin eines sich über Nord-, West- und Osteuropa ausbreitenden (Handels-)Netzes zur Durchsetzung wirtschaftspolitischer Interessen.

Maritime Kontakte sind im Ostseeraum aber natürlich keine ‚Erfindung‘ des Hochmittelalters, sondern lassen sich bereits Jahrhunderte zuvor anhand schriftlicher und archäologischer Quellen nachvollziehen. Für die jeweiligen Zeitgenossen spielte dabei nicht nur die Einbindung in ökonomische Netzwerke eine Rolle, sondern vor allem auch die aus kulturgeschichtlicher Perspektive spannende Erweiterung des (Wissens)Horizontes über und die Aneignung des in mancherlei Hinsicht ‚fremden‘, wenn nicht gar ‚barbarischen‘ Nordens.

Unterschiedliche Sichtweisen auf den Norden beeinflussten aber nicht zuletzt auch die historische Forschung und seit dem 19. Jahrhundert, wurde insbesondere die Hanse doch immer wieder auch als ein ‚Erinnerungsort‘ zur Identitätsbildung mit unterschiedlichen politischen und kulturgeschichtlichen Bedeutungen aufgeladen.

In diesem Seminar wollen wir daher einerseits die Stadt Lübeck selbst in den Fokus rücken, gleichzeitig aber auch die Entwicklung der Region im weiter gespannten Kontext des mittelalterlichen „Nordens“ in den Blick nehmen. Welche Vorstellungen vom Norden prägten das Bild der Zeitgenossen? Welche politischen und wirtschaftlichen Kräfte und Verflechtungen spielten eine Rolle? Im Blick behalten wollen wir aber auch Konzepte der Forschung vom 19. Jahrhundert bis heute, ohne die so mancher moderne Blick nach Norden nicht zu verstehen ist. Nicht zu kurz kommen soll dabei die Stadt Lübeck selbst, deren Topographie und prägende Orte wir uns im Rahmen des Seminars erschließen wollen.

Zur Vorbereitung auf das Seminar stellen wir eine Moodle-Lernumgebung bereit, auf der Sie weitere Hinweise zu möglichen Themen für Präsentationen, Impulsreferate sowie Lektüre zur Vorbereitung finden werden.

Im Rahmen des Seminars besteht die Möglichkeit, zu bestimmten Modulen 26205 und 26206 des MA „Geschichte Europas“ eine Portfolioprüfung zu absolvieren (beachten Sie dazu bitte die Hinweise zu Prüfungsformen in den jeweiligen Studienportalen). Sollten Sie dies in Betracht ziehen, nehmen Sie bitte spätestens zwei Wochen vor Seminarbeginn zwecks Absprache von Thema und Prüfungsmodalitäten Kontakt mit Dr. Daniel Syrbe auf.

Einführende Literatur:

Gläser, Manfred, Die mittelalterliche Stadt Lübeck: Ihre Wurzeln, ihre Gründung und ihre Entwicklung, in: Lübecker Kolloquium zur Stadtarchäologie im Hanseraum X. Vorbesiedlung, Gründung und Entwicklung (Lübecker Kolloquium zur Stadtarchäologie im Hanseraum, X), Lübeck 2016, S. 211-230.

Graßmann, Antjekathrin (Hg.): Lübeckische Geschichte. 4., verb. und erg. Aufl. Lübeck 2008.

Hammel-Kiesow, Rolf: Die Hanse als kaufmännisch-städtische Interessenvertretung auf politischem und wirtschaftlichem Gebiet. In: Ferdinand Opll und Andreas Weigl (Hg.): Städtebünde. Zum Phänomen interstädtischer Vergemeinschaftung von Antike bis Gegenwart. Innsbruck 2017: Studien Verlag (Beiträge zur Geschichte der Städte Mitteleuropas, 27), S. 187–204.

Jahnke, Carsten: Geschichte Dänemarks. Ditzingen 2017.

Scior, Volker: Das Eigene und das Fremde: Identität und Fremdheit in den Chroniken Adams von Bremen, Helmolds von Bosau und Arnolds von Lübeck. Berlin 2002.

Selzer, Stephan: Die mittelalterliche Hanse (Geschichte kompakt). Darmstadt 2010.