Aktuelles
Public History als partizipative Praxis von Analyse und Intervention
[06.09.2024]Eine aktuelle Analyse der Erinnerung an den Warschauer Aufstand
Public History ist die kritische, aktive und partizipative Analyse kultureller, kommunikativer und medialer Praktiken, mit denen in der Gegenwart die Bedeutung unterschiedlicher Vergangenheiten verhandelt wird. Felix Ackermann hat das am 1. August für den 80. Jahrestag des Warschauer Aufstands durchgespielt. Er stellte fest, dass bis heute in Bilddatenbanken die beiden Warschauer Aufstände – der im Ghetto im April 1943 und der der verbliebenen Innenstadt im August und September 1944 – verwechselt werden. In einem Essay für Spiegel Online benennt er die Gründe. Parallel entwickelte er gemeinsam mit Gleichgesinnten vom Institut für Angewandte Geschichte sowie des Kollektivs mut.und.anmut eine Idee, wie medial auf die Gedächtnislücke des Warschauer Aufstands verwiesen werden könnte. Daraus entstand der Vorschlag, den Berliner S-Bahnhof Warschauer Straße in Warschauer Aufstand umzubenennen. Diesen kommunizierte er mit einer Begründung auf der Wissenschafts-Seite des Tagesspiegels und mithilfe von Fotomontagen auf Plattformen wie Facebook und Twitter. Diese partizipative Form der Diskussion unterstreicht, dass Wissenschaftler:innen zugleich im geschützten Raum der Universität analytisch tätig sind, und eine Position als Bürger:innen einnehmen können. Eine nachhaltige Form von Public History besteht darin, mit zeitlichem Abstand auszuwerten, wie der 80. Jahrestag des Warschauer Aufstands in Deutschland und Polen begangen wurde und welche neuen Praktiken dabei entstehen. Dafür ist vor allem das Deutsch-Polnische Hauses als neuer Akteur in Berlin relevant, der zum ersten Mal eine offizielle Gedenkveranstaltung vor dem Roten Rathaus organisiert hat. Die ausstehende Analyse hat eine inhaltliche Ebene, in der es um die Frage geht, wie sich in Deutschland die Erinnerung an die Besatzung Polens im Kontext der Entstehung eines Denkmals für alle polnischen Opfer des deutschen Vernichtungskriegs verändert. Außerdem ist im Sinne einer Geschichte der Öffentlichkeit relevant zu fragen, wie sich die mediale Vermittlung erinnerungskultureller Praktiken im Zuge der Digitalisierung verändert. Das Motto lautet hier: Public History as History of Publics.
Tagesspiegel: Berlin braucht den Bahnhof Warschauer Aufstand
Spiegel Online: Gedächtnislücke Warschau
Kommentar im Podcast von Zeit Online:
https://www.zeit.de/politik/2024-07/eskalation-nahost-hisbollah-hamas-israel-nachrichtenpodcast
Der Aufruf auf Polnisch in der Gazeta Wyborcza:
Die Analyse im Wochenendmagazin Plus Minus der Rzeczypospolita:
https://www.rp.pl/plus-minus/art40903811-niemcom-myla-sie-powstania