Mats Lassen, M.A.
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Lebenslauf
Seit 2022 | Promotion am Lehrgebiet Geschichte der Europäischen Moderne an der FernUniversität in Hagen |
Seit 2022 | Wissenschaftlicher Online-Tutor am Lehrgebiet Geschichte der Europäischen Moderne an der FernUniversität in Hagen |
2021 | M.A. Geschichte Europas – Epochen, Umbrüche, Verflechtungen, FernUniversität in Hagen |
2018 | B.A. Kulturwissenschaften mit dem Fachschwerpunkt Literaturwissenschaft, FernUniversität in Hagen |
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In meiner Dissertation beschäftige ich mich mit dem deutschen Anthropologen und Eugeniker Walter Scheidt (1895-1976), der ab 1923 zunächst am Museums für Völkerkunde in Hamburg und ab 1933 bis zu seiner Emeritierung 1963 an der Universität Hamburg tätig war.
Ziel der Untersuchung ist es nicht, eine geschlossene Biographie Scheidts zu schreiben, sondern vielmehr anhand seiner Person als biographische "Sonde" die vielfältigen Kontexte zu vermessen, in denen dieser wirkte. Scheidts Biographie weist einige Besonderheiten auf, die sie für einen solchen Ansatz besonders interessant machen.
In der bisher eher spärlichen Forschung zu Scheidt wurde dieser häufig als gemäßigter Vertreter der Rassenkunde im Nationalsozialismus beschrieben, was wohl vor allem darauf zurückzuführen ist, dass Scheidt als Ausnahme unter den Anthropologen nie Mitglied der NSDAP wurde. Bei näherer Betrachtung der Texte Scheidts zeigt sich in der Tat eine Distanz zur im Nationalsozialismus populären Rassenkunde eines Hans F. K. Günthers, dessen Theorien Scheidt als unwissenschaftlich ablehnte. Gleichzeitig finden sich bei Scheidt radikale Forderungen nach einer Neugestaltung der Gesellschaft nach rassischen Prinzipien, die es wissenschaftlich herauszuarbeiten galt. Die Differenzen mit Teilen des staatlich sanktionierten rassenkundlichen "Mainstreams" ließen Scheidt gegen Ende der 1930er Jahre zunehmend ins Abseits geraten, ermöglichten ihm aber nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus eine bruchlose Fortsetzung seiner akademischen Karriere.
Neben dieser politischen Verortung besteht eine weitere Besonderheit Scheidts darin, dass dieser nicht nur als Anthropologe tätig war, sondern sich auch als Autor historischer Romane profilierte, die in renommierten Verlagen erschienen und in einem Fall mit dem Wilhelm-Raabe-Preis ausgezeichnet wurden. Hier stellt sich die Frage nach der Bedeutung der Literatur als Kommunikationsmedium rassenkundlicher Überzeugungen sowie nach der Bedeutung des literarischen Prestiges für die gesellschaftliche Stellung Scheidts.
Aus wissensgeschichtlicher Perspektive sollen die konkreten Verfahren der Produktion rassenkundlicher Forschungsergebnisse sowohl hinsichtlich ihrer diskursiven Voraussetzungen als auch im Rahmen einer praxeologischen Analyse untersucht werden. Auf diese Weise sollen die Zusammenhänge zwischen den Methoden und Praktiken der Wissensproduktion, der Ausformung des rassenkundlichen "Wissens" und seinen sozialen Effekten nachgezeichnet werden. Im Rahmen dieser Untersuchung soll auch die von Scheidt konzipierte "Rassenkundliche Schausammlung" des Völkerkundemuseums in den Blick genommen werden.
Neben dieser praxisorientierten Analyse soll auch das Wirken Scheidts in den drei unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Systemen in den Blick genommen werden. Hier verspricht der biographische Ansatz mit der Gegenüberstellung von individuellen Kontinuitäten und vermeintlichen oder tatsächlichen Brüchen ein besonderes analytisches Potenzial.