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Learning Analytics: „Studierende müssen den Nutzen darin sehen“

[01.03.2024]

Aus Lerndaten von vielen einen Mehrwert für die einzelnen Studierenden zu schaffen – das ist das Ziel von – Ioana Jivet. Seit dem 1. März, ist sie neue Forschungsprofessorin bei CATALPA. In der Fakultät Mathematik und Informatik der FernUniversität in Hagen wird sie Abschlussarbeiten betreuen und Lehrveranstaltungen rund um Educational Technologies anbieten.


Foto: CATALPA
Rektorin Prof. Ada Pellert bei der Ernennung mit Forschungsprofessorin Dr. Ioana Jivet.

Learning Analytics – damit verbinden viele im ersten Moment: Grafiken und Zahlen, die Aufschluss über Lernverhalten und Lernstand geben, zum Beispiel in einem Online-Seminar. Juniorprofessorin Ioana Jivet präsentiert dieses Wissen gern in Dashboards, wie sie uns auch im alltäglichen Leben begegnen, etwa als Geschwindigkeitsanzeige im Auto oder über Tracking Apps im Sport. Das Besondere an ihrer Arbeit: Sie fokussiert sich vor allem die Perspektive der Studierenden. „Ich betrachte Learning Analytics als Kreislauf. Wir erheben Daten und Informationen über Lernverhalten und bauen darauf Feedback, in Textform und grafisch aufbereitet, auf. Studierende müssen die Informationen verstehen, reflektieren und ihr Verhalten im besten Fall entsprechend anpassen“, sagt Ioana Jivet. „Und nur, wenn all das gut ineinandergreift, können wir einen Effekt, also zum Beispiel bessere Lernergebnisse, erzielen“, erklärt die 35-Jährige, die unter anderem am DIPF (Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation) in Frankfurt geforscht hat. Im Kern gehe es darum, Feedback für Studierende zu entwickeln, das so weit wie möglich automatisch generiert werden könnte, um die Arbeit der Lehrenden zu erleichtern und den Studierenden individuelle Unterstützung zu bieten

Wir müssen Studierende einbeziehen

„Wenn wir also Dashboards so designen wollen, dass Studierende einen Mehrwert daraus ziehen, dann müssen wir sie einbeziehen.“ Sie fand in einer Studie heraus, dass Transparenz ein wichtiges Element für die Akzeptanz von Dashboards ist. Studierende wollen wissen, wie die Zahlen zustande kommen – und vor allem, wie ihnen diese oder jene Information im Studium weiterhelfen. Außerdem wollen sie Empfehlungen zu Themen und Lernaktivitäten sowie zur Verbesserung des eigenen Lernverhaltens.

SoLAR

Die Society for Learning Analytics Research (SoLAR) ist ein interdisziplinäres Netzwerk führender internationaler Wissenschaftler*innen, welche die Rolle und den Einfluss von Analytik auf Lehren, Lernen, Training und Weiterbildung untersuchen. SoLAR organisiert zudem die International Conference on Learning Analytics & Knowledge (LAK). Die LAK war 2011 die erste Konferenz ihrer Art zum Thema Learning Analytics.


Auch in diesem Jahr ist mit Slavisa Radović wieder ein CATALPA-Mitglied bei der Konferenz in Kyoto vertreten. Mehr

Gerade die Schwächeren besser erreichen

Jedoch: „Die Studierenden, die am stärksten vom Feedback im Dashboard profitieren könnten, nutzen die Möglichkeiten kaum. Hier liegt meine Kern-Forschungsfrage: Wie schaffen wir es, das zu ändern, damit gerade sie stärker profitieren?“, erklärt die Wissenschaftlerin beim Ernennungsgespräch mit Rektorin Ada Pellert.

An der FernUniversität in Hagen und dem Forschungszentrum CATALPA findet sie dafür ideale Anknüpfungspunkte. Aus laufenden CATALPA-Projekten kennt die Forscherin mit rumänischen Wurzeln bereits einige Bildungswissenschaftler*innen und Informatiker*innen auf diesem Feld. Denn Jivet ist bestens vernetzt. Sie ist Mitglied bei EATEL, der „European Association of Technology-Enhanced Learning“. Für deren Konferenz EC-TEL im September in Krems/Österreich hat sie den „General Chair“ übernommen. Bei der weltweit agierenden Society for Learning Analytics Research (SoLAR) ist Ioana Jivet Mitglied im Executive Committee und beteiligt sich an den strategischen Entscheidungen des Verbandes. Außerdem hostet sie die Webinar Reihe.

Informatik trifft Coaching

Engagiert war Ioana Jivet bereits zu Studienzeiten an der Technischen Universität Delft. Als Informatikerin leitete sie neben ihrem Masterstudium ein Jahr lang die Studentenorganisation "Board of European Students of Technology" (BEST) als Teil des internationalen Vorstands. In dem Gremium beschäftigte sie sich mit dem Thema Coaching und Weiterbildung. Neben der Analytik ein Feld, das sie in ihrem weiteren Berufsleben immer wieder umtreibt. So baute sie neben Promotion und Post-Doc in ihrer Wahlheimat Köln ein Start-Up mit auf, das Coaching Tools vertreibt. Und auch zuletzt stand Ioana Jivet mit einem Bein in der Wissenschaft, mit dem anderen eher in der Organisation. Denn neben ihren Aufgaben als Wissenschaftskoordinatorin für „studiumdigitale“ der Goethe Universität in Frankfurt forschte sie beim DIPF. Jivet zeichnet dadurch aus, dass sie sich nicht nur mit Daten und Analysen beschäftigt, sondern eben auch immer die Nutzersicht, die Motivation zum Lernen und die psychologische Seite im Blick behält. „Deshalb schätze ich auch den interdisziplinären Ansatz bei CATALPA sehr“, sagt sie.

Zufällig zum Forschungsfeld

Zum Forschungsfeld Learning Analytics kam Ioana Jivet übrigens per Zufall. Nachdem sie in den Niederlanden ihr Engagement für die Studierendenorganisation beendet hatte, wollte sie ihre Masterarbeit in einer bestimmten Forschungsgruppe schreiben, zu der sie vorab schon Kontakt gehabt hatte. Am Lehrstuhl dort war Learning Analytics ganz neu und wurde ihr ans Herz gelegt. Sie erinnert sich: „Ich habe gemerkt, dass das genau das Richtige für mich ist, weil ich nicht nur die Informatik, sondern auch viel von meinem Wissen rund um Coaching und Co. einbringen konnte.“ Denn Learning Analytics hat laut der neuen Professorin an der FernUni einen starken Informatik- und Human-Computer Interactionanteil, weil man Algorithmen zur Datenanalyse sowie Plattformen und Werkzeuge für Lehrende und Lernende entwickeln muss. „Es muss auch einen starken pädagogischen Anteil haben, weil wir den Einsatz-Kontext und den Lernprozess verstehen müssen“, erklärt Jivet.

Bei so viel 360°Blick entspannt die Wissenschaftlerin gerne beim Abtauchen in Fantasy-Romane und entschleunigt beim Stricken oder Wandern. „Vielleicht, weil ich im Berufsleben so viel Fachliteratur lese und daten- und faktenbasiert arbeite, brauche ich im Alltag auch mal völlig unrealistische Geschichten, um im Kopf abzuschalten“, sagt Jivet augenzwinkernd.