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Von Stereotype Threat bis Learning Analytics – CATALPA beim DGP Kongress

[13.09.2024]

Von Learning Analytics bis hin zu Gruppenzusammensetzungen in Online-Kursen und stereotypen Wahrnehmungen – CATALPA war mit verschiedenen Beiträgen beim 53. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGP) in Wien vertreten.


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Ioana Jivet, Laura Froehlich, Mai Grundmann, Nathalie Bick Foto: Henrik Schipper/Hardy Welsch
Ioana Jivet, Laura Froehlich (oben, v.l.), Mai Grundmann und Nathalie Bick (unten v.l.)

Ioana Jivet – Wie Studierende über personalisiertes Feedback mit Learning-Analytics in großen Lehrveranstaltungen reflektieren

Je größer eine Lehrveranstaltung, desto schwieriger bis unmöglich wird es für Lehrende, auf Studierende persönlich einzugehen – etwa in Form von Feedback. Dashboards können hier eine Unterstützung sein. Sie setzen sich zusammen aus Daten und Erkenntnissen, die mittels Learning Analytics auf Online-Lernplattformen wie Moodle erhoben werden. Die Frage ist nun: Lassen sich überhaupt Unterschiede im selbstregulierten Lernen erkennen? Welche Handlungen und Lernstrategien verfolgen Studierende nach dem Erhalt von personalisiertem und nicht-personalisierten Feedback?

Laura Froehlich – Wahrgenommene Geschlechterungleichheit sagt Geschlechterstereotypen in Bezug auf Handlungsfähigkeit und Gemeinschaft in 25 Ländern voraus

Männer sind dominant, Frauen sind an der Gemeinschaft interessiert? Stimmen diese Stereotypen? Und das auch in verschiedenen Ländern? In einer Studie, die in 25 Ländern rund um den Globus mit über 6.000 Teilnehmenden durchgeführt wurde, wurde die wahrgenommene Ungleichheit zwischen den Geschlechtern in verschiedenen Bereichen, einschließlich des Arbeitsmarktes, der unbezahlten Arbeit im Haushalt und der Pflegeaktivitäten untersucht. In 23 der 25 Länder wurden Männer stärker mit „agentischen“ Merkmalen, also z.B. kompetitiv oder aggressiv assoziiert, während Frauen stärker mit „communal“ Merkmalen, also z.B. ehrlich und verständnisvoll, assoziiert wurden als Männer. Und: Je größer die wahrgenommene Ungleichheit zwischen den Geschlechtern zu Ungunsten der Frauen war, desto stärker wurden Männer und Frauen mit den entsprechenden Eigenschaften assoziiert.

Nathalie Bick – Generalisierbarkeit von Stereotypfacetten und deren Vorhersagen über Migranten- und Berufsgruppen in Deutschland

Lassen sich verschiedene Facetten von Stereotypen, also etwa Freundlichkeit, Moral, Gewissenhaftigkeit, verallgemeinern? Stereotype Inhalte sagen Emotionen und Verhaltensabsichten voraus und sind in einer Vielzahl gesellschaftlicher Kontexte von großer Bedeutung. Studien zu den Facetten von Stereotypinhalten haben jedoch widersprüchliche Erkenntnisse über die Zusammensetzung von Stereotypfacetten in unterschiedlichen Kontexten geliefert. Die vorliegende Studie wollte einen Beitrag zu dieser Debatte leisten, indem sie untersuchte, ob die Facetten Freundlichkeit, Moral, Fähigkeit und Durchsetzungsvermögen/Gewissenhaftigkeit in verschiedenen Kontexten anwendbar sind. Wir fanden heraus, dass in den meisten Fällen der Status, also eine positive Stereotypisierung, alle Facetten positiv und die Bedrohung, also eine negative Stereotypisierung, alle Facetten negativ vorhersagte. Wir kommen zu dem Schluss, dass die Stereotyp-Facetten über verschiedene gesellschaftliche Kontexte hinweg vergleichbar sind, wenn alle Gruppen, die unplausible Parameterschätzungen aufweisen, entfernt werden.

Mai Grundmann – Studentische Vielfalt und Befriedigung psychologischer Grundbedürfnisse im höheren Fernunterricht

Abbrecherquoten senken und Motivation und Zugehörigkeitsgefühl stärken – wissenschaftliche Erkenntnisse können hier helfen, um gegenzusteuern. Insbesondere Studierendengruppen wie Frauen, ethnischen Minderheiten oder mit niedrigem sozioökonomischem Hintergrund können dadurch profitieren. Ein möglicher Weg zur Stärkung bei weiblichen Studierenden: Aufgaben, die nicht nur die Autonomie, sondern auch die Verbundenheit betonen, könnten die intrinsische Motivation fördern. Ethnische Minderheiten und Studierende mit niedrigem sozioökonomischem Hintergrund hingegen sind eher von Diskriminierung, genauer der sozialen Identität, bedroht. Mit Erkenntnissen für die Entwicklung gezielter Interventionen, die diese Bedrohung verringern sowie die intrinsische Motivation in Fernstudienumgebungen steigern leistet die Studie einen Beitrag zu gerechterer Bildung. Wie solche Interventionen in Online-Lernumgebungen mithilfe von Learning Analytics konzipiert werden können, ist Teil der Diskussion.

Martin Schulze – Gruppenzusammenhalt und Leistung beim computerunterstützten kollaborativen Lernen (CSCL)

Viele Online-Lernumgebungen bieten Möglichkeiten für computergestütztes kollaboratives Lernen (CSCL). Obwohl die Effektivität von CSCL ausgiebig untersucht wurde, haben Forscher erst vor kurzem damit begonnen, die Vielfalt der Studierenden in CSCL systematisch zu untersuchen. Ein charakteristisches Merkmal von CSCL-Gruppen ist die multiattributive Diversität der Lernenden, d.h. eine Kombination von Diversität in Bezug auf die soziodemographischen Merkmale sowie und auf die aufgabenrelevanten Eigenschaften und Kompetenzen. In unseren Studien mit mehr als 4.000 Fernlernern in mehr als 900 Gruppen haben wir soziale Netzwerkanalysen mit digitalen Verhaltensdaten verwendet. Ein zentrales Ergebnis war, dass soziodemografische und aufgabenbezogene Diversität einen konsistenten negativen interaktiven Effekt auf den sozialen Zusammenhalt haben. Das deutet darauf hin, dass die Kombination von soziodemografischer und aufgabenbezogener Diversität ein Risikofaktor für CSCL-Gruppen ist. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen zeigen die Forschenden, Design und Ergebnisse von Interventionen, die, eine gemeinsame Gruppenidentität unter CSCL-Studierenden stärken.

Kirsten Gropengießer – Studie zur Evaluation der Technologieakzeptanz nach Weiterentwicklung der E-Prüfungssoftware Dynexite mit Fokus auf Diversität

Barrierefreiheit und dadurch mehr Chancengerechtigkeit bei digitalen Prüfungen – darum geht es bei der Studie, die Kirsten Gropengießer vorgestellt hat. Ziel war es, die Prüfungs-Software Dynexite besser an die unterschiedlichen Bedürfnisse der Studierenden anzupassen. Im Pretest wurden die Studierenden gebeten, ihre Gedanken während der Bearbeitung unterschiedlicher E-Prüfungs-Testaufgaben mittels der Concurrent-Think-Aloud (CTA)-Methode zu äußern und anschließend einen Online-Fragebogen auszufüllen. Dabei wurde beispielsweise unstrukturierter Fließtext als negativ bewertet. Außerdem empfanden es Studierende mit Prüfungsangst als schwierig, wenn sie nach einem Aufgabenwechsel auf der neuen Seite nach oben scrollen mussten. Insbesondere visuell beeinträchtigte Studierende bewerteten den Wechsel zwischen einem PDF-Dokument und der eigentlichen Aufgabenstellung als unangenehm. Das Feedback der Studierenden wurde aufgegriffen, die Software entsprechend angepasst und in einem Posttest erneut evaluiert. Im Anschluss zeigten sich deutliche Verbesserungen in der Bewertung.

Sandra Kirschbaum | 25.09.2024