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Vortrag "Infrastrukturen des Erinnerns und Vergessens. Eine Untersuchung musealer Institutionen auf Twitter" am KWI in Essen, 05.10.2023, 14 Uhr
[04.10.2023]Isabelle Sarther wird im Rahmen der Offenen Jahrestagung der Sektion Medien- und Kommunikationssoziologie der DGS einen Vortrag über Content Moderation und ihre Auswirkungen auf die Social Media Präsenz musealer Institutionen halten.
Hunderte Follower*innen des Auschwitz Museums auf Twitter sind im Dezember 2022 damit konfrontiert, dass veröffentlichte Inhalte des Museums in ihrem Feed nicht mehr sichtbar werden, andere berichten gar davon, dem Museum unwillentlich entfolgt zu sein. Ein Beispiel, das die Folgen der (Un-)Verfügbar- bzw. (Un-)Sichtbarmachung von Inhalten auf Social Media, auch Content Moderation genannt, verdeutlicht. Eine mit Blick auf Social Media Plattformen längst etablierte Praxis, an der menschliche und algorithmische Akteur*innen beteiligt sind und die den öffentlichen Diskurs und die gesellschaftliche Wirklichkeit maßgeblich mitbestimmt. Eine Praxis, die soziologische Forschungsvorhaben methodologisch vor neue Herausforderungen stellt und aufzeigt, dass die soziale Wirklichkeit gesellschaftlicher Institutionen längst durch digitale Technologien und ihr kommunikatives Repertoire geprägt ist.
Der geplante Vortrag fasst dabei die (Un-)Sichtbarmachungen bzw. (Un-)Verfügbarmachungen von Inhalten auf Social Media im Sinne der Theorie des algorithmisierten Gedächtnisses Elena Espositos als Praktiken des Erinnerns und Vergessens. Das theoretische Vokabular Espositos wird schließlich mit den Ausführungen der STS-Theoretiker*innen Geoffrey C. Bowker und Susan L. Star verknüpft und Social Media Plattformen als Infrastrukturen begriffen. Aufbauend auf dieser theoretischen Grundlage werden empirische Daten eines ethnografischen Forschungsprojektes in den Blick genommen und Content Moderation auf Twitter in Bezug auf Museen untersucht. Der geplante Vortrag fragt, wie sowohl die kulturelle Vermittlung und gesellschaftliche Funktion von Museen als auch ihr Publikum auf Twitter durch Praktiken des Erinnerns und Vergessens infrastrukturiert werden bzw. wie Museen und ihr Publikum entlang der Logiken und Ästhetiken von Twitter auch Praktiken des Erinnerns und Vergessens infrastrukturieren. Als Fallbeispiel dient das Auschwitz Museum, da es Inhalte veröffentlicht, die in den Twitter-Richtlinien als ‚sensibel‘ geframt werden. Die empirischen Ergebnisse des Projekts zeigen, inwiefern sich die seit der Übernahme Elon Musks vermehrte Nutzung algorithmischer Moderationspraktiken sowie rechtsgerichtete Bias in die soziale Wirklichkeit von Museen auf Twitter einschreiben.
Der Vortrag findet am 5. Oktober um 14 Uhr im Gartensaal und der kleinen Bibliothek des KWI in Essen statt. Anmeldungen unter: anja.peltzer@uni-mannheim.de