Wertesensible Berufsorientierung
Bereits seit vielen Jahrzehnten beschäftigt sich die Wissenschaft mit der Erforschung von Berufswahlprozessen und der Frage, wie insbesondere junge Menschen in ihrer beruflichen Orientierung unterstützt werden können (vgl. Brüggemann/Rahn 2020, S. 11).
Berufliche Orientierung wird dabei verstanden als „ein lebenslanger Prozess der Annäherung und Abstimmung zwischen Interessen, Wünschen, Wissen und Können des Individuums auf der einen und den Möglichkeiten, Bedarfen und Anforderungen der Arbeits- und Berufswelt auf der anderen Seite. Beide Seiten, und damit auch der Prozess der Berufsorientierung, sind sowohl von gesellschaftlichen Werten, Normen und Ansprüchen, die wiederum einem ständigen Wandel unterliegen, als auch den technologischen und sozialen Entwicklungen im Wirtschafts- und Beschäftigungssystem geprägt“ (Deeken/Butz 2010, S. 19).
Werte spielen im Prozess der beruflichen Orientierung somit eine nicht unerhebliche Rolle. Wobei zu konstatieren ist, dass bislang noch keine allgemeingültige Definition von Werten vorliegt. Laut der wohl verbreitetsten Definition von Kluckhohn (1951, S. 395) wird unter Werten „a conception, explicit or implicit, distinctive of an individual or characteristic of a group, of the desirable which influences the selections from available modes, means and ends of action“ verstanden. Werte sind somit eine explizite oder implizite, für ein Individuum oder eine Gruppe charakteristische Konzeption des Wünschenswerten, welche die Auswahl der verfügbaren Handlungsweisen, -mittel und -ziele beeinflusst.
Vor diesem Hintergrund will sich der geplante Sammelband der Thematik einer wertesensiblen Berufsorientierung widmen. Dabei sollen nicht nur persönliche Werte, sondern auch kollektive Werte einer Gesellschaft, von Betrieben und/oder von Bildungseinrichtungen in den Blick genommen werden. Damit will der Sammelband einen spezifischen Blick auf das grundsätzlich bereits vielfach erforschte Themenfeld der Berufsorientierung werfen und damit auch einen Beitrag zur Weiterentwicklung eben dieser leisten.
Aufgerufen wird daher zur Einreichung von Abstracts für Beiträge (Aufzählung nicht abschließend), die in eher theoretischer und/oder empirischer Hinsicht …
- sich mit dem Einfluss gesellschaftlicher/kollektiver und/oder persönlicher Werte respektive Wertvorstellungen auf berufliche Orientierungsprozesse befassen.
- dem Einfluss regionaler oder sozialer Herkunft sowie des Geschlechts auf die charakteristischen Konzeptionen des individuell Wünschenswerten im Berufsorientierungsprozess nachgehen.
- den Einfluss gesellschaftlicher Institutionen wie bspw. von Schulen und anderen Bildungseinrichtungen sowie Betrieben auf die charakteristischen Konzeptionen des Wünschenswerten im Kontext beruflicher Orientierungsprozesse thematisieren. Beziehungsweise Beiträge, die sich mit der Frage befassen, inwiefern bspw. Schulen und/oder andere Bildungseinrichtungen beeinflussen, was von jungen Erwachsenen im Rahmen ihres beruflichen Orientierungsprozesses als gesellschaftlich wünschenswert wahrgenommen wird. Hierbei können auch Differenzen nach Geschlecht sowie nach sozialer Herkunft zur Sprache kommen.
- sich mit der Rolle sozialer Medien im Hinblick auf die Wahrnehmung des gesellschaftlich Wünschenswerten im Berufsorientierungsprozess beschäftigen.
- sich mit der Frage befassen, welche intra- und intergenerationalen Entwicklungen (bspw. vor dem Hintergrund demografischer und/oder technologischer Entwicklungen) respektive Unterschiede (bspw. nach sozialer Herkunft und/oder Geschlecht) es hinsichtlich gesellschaftlicher/kollektiver und/oder persönlicher Werte im Kontext beruflicher Orientierungsprozesse gibt.
- Veränderungen persönlicher Wertvorstellungen im Lebensverlauf zum Gegenstand haben sowie die Frage, inwiefern daraus evtl. die Notwendigkeit einer erneuten beruflichen Orientierung nach einer Phase der Berufstätigkeit resultiert.
- sich mit weiteren Aspekten beruflicher Orientierung befassen, die wichtige Anhaltspunkte für eine wertesensible Berufsorientierung liefern können.
Neben diesen eher theoretisch und/oder empirisch ausgerichteten Beiträgen sind ausdrücklich auch Beitragsangebote willkommen,
- die sich mit der konkreten praktischen Ausgestaltung einer wertesensiblen Berufsorientierung befassen bzw. mit Ansätzen, die eine Förderung der Berufsorientierung unter dem Gesichtspunkt der Wertesensibilität zum Ziel haben.
Aussagekräftige Abstracts
(max. 2.500 Zeichen inkl. Leerzeichen, ohne Literaturangaben) können bis zum 30. November 2024 bei der Herausgeberin des geplanten Sammelbandes eingereicht werden:
Dr. Ariane Neu, FernUniversität in Hagen, E-Mail: ariane.neu
Zeitplan
- Bis 30. November 2024 Einreichung von Abstracts
- Bis Ende Januar 2025 Feedback zu Abstracts und ggf. Einladung zur Beitragseinreichung
- Bis Ende Juni 2025 Einreichung der Beiträge
- Bis Ende Oktober 2025 Feedback über Annahme und evtl. Überarbeitungsbedarfe
- Bis Ende Dezember 2025 Einreichung finale Version
- Sommer 2026 Veröffentlichung als Open Access Publikation beim wbv Verlag
Quellen:
- Brüggemann, T./Rahn, S. (2020): Zur Einführung in die 2., vollständig überarb. und erw. Aufl.: Der Übergang Schule-Beruf als gesellschaftliche Herausforderung und professionelles Handlungsfeld. In: Brüggemann, T./Rahn, S. (Hrsg.): Berufsorientierung. Ein Lehr- und Arbeitsbuch. 2., überarb. und erw. Aufl. Münster: Waxmann, S. 11–27.
- Deeken, S./Butz, B. (2010): Berufsorientierung. Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung. Expertise im Auftrag des Good Practice Center (GPC) im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Bonn: BIBB. URL: https://www.bibb.de/dienst/publikationen/de/download/6544 (Stand: 18.07.2024).
- Kluckhohn, C. (1951): Values and Value-orientations in the Theory of Action: An Exploration in Definition and Classificatio. In: Parsons, T./Shils, E. (Hrsg.): Toward a General Theory of Action. Cambridge et al.: Harvard Univ. Press, S. 388-433.
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