Gespräche am Tor - Karlsruher Vorträge zum 300. Stadtgeburtstag
Von großer Vielfalt zur gelenkten Monotonie
Karlsruher Zeitungswesen 1918 bis 1945
14. Oktober 2015, 18 Uhr
Prof. Dr. Konrad Dussel
Flyer zur Veranstaltung (PDF 1 MB)
Die Weimarer Republik war die Blütezeit der Tageszeitungen. Fernsehen gab es noch nicht und Kino und Rundfunk bildeten keine ernsthafte Konkurrenz. Prof. Dr. Konrad Dussel veranschaulichte in seinem Vortrag die unübertroffene Vielfalt der damaligen Presselandschaft am Beispiel eines Karlsruher Zeitungskiosks der späten Weimarer Republik. In der Tat erschienen in Karlsruhe gleichzeitig bis zu zehn verschiedene Tageszeitungen. Vier von ihnen scheuten nicht vor ganz eindeutiger Positionierung zurück: Die SPD hatte ihre eigene Zeitung, das Zentrum, die Konservativen und die Nationalsozialisten. Daneben sorgten sechs parteilos-bürgerliche Blätter für eine einzigartige Pressevielfalt in der Stadt. Der Referent machte weiterhin deutlich, wie sich die Karlsruher Presselandschaft nach der Machtergreifung der NSDAP grundlegend änderte. Als erstes wurde die Konkurrenz der Parteiblätter eliminiert, nach und nach aber auch die aller übrigen Zeitungen, bis am Ende nur noch das NS-Organ „Der Führer“ übrig blieb. Abschließend machte Konrad Dussel plausibel verständlich, warum man in der Nachkriegszeit nicht mehr zur früheren Vielfalt der Presse zurückkehrte, die nun weniger die Interessen parteipolitischer Milieus, sondern den Informationsbedarf der Allgemeinheit zu bedienen hatte.
Prof. Dr. Konrad Dussel, geb. 1957, lehrt Neuere Geschichte an der Universität Mannheim. Seine Forschungsschwerpunkte bilden die deutsche Mediengeschichte sowie die südwestdeutsche Lokal- und Regionalgeschichte.
Bericht in FernUni Plus Nr. 282 [interner Newsletter der FernUniversität v. 24.11.2015]