Natur und Freiheit bei Hegel (Enzyklopädie und Rechtsphilosophie)

In Hegels Philosophie vollzieht sich eine „Aufhebung“ der Natur in den Geist hinein, die Hegel ausdrücklich als „Befreiung der Natur“ charakterisiert. Was ist damit gemeint? Gemeint ist zum einen eine „Entgegenständlichung“ der Natur, die diese dennoch nicht zur Unwirklichkeit herabsetzt, sondern als spezifische Dimension des Vollzugs alles Lebens erschließt. Gemeint ist ferner die Nichtreduzierbarkeit der Natur auf einzelwissenschaftliche Objektivationen wie ebenso auf eine bloße „Ressource“ für die Verwirklichung menschlicher Zwecke. Gemeint ist zuletzt das Aufscheinen eines Gegenübers des Logos, in dem dieser sich selbst erscheint, ohne in ihm aufzugehen. Im Ergebnis begegnet „Natur“ nach Hegel sowohl im Subjekt selbst (seiner Leiblichkeit) wie im Recht (als Weise der objektiven Instantiierung des Geistes), der Sitte und der Geschichte, aber auch noch in Kunst und Religion. Näher zu untersuchen ist, wie sich das Subjekt in seiner Autonomie, der objektive Geist in seiner geschichtlichen Selbstentfaltung, der absolute Geist in seiner Aseität zu dieser Wiederkehr verhalten. Im Seminar werden zur Klärung dieser Frage vor allem Beispiele aus der Rechtsphilosophie herangezogen, aber auch Ausblicke auf die Sphäre der Kunst und der Religion vorgenommen.

Das Seminar ist Teil eines vom DAAD geförderten Forschungsprojekts, das der Hegelrezeption in Lateinamerika gewidmet ist. An ihm werden mehrere Gäste aus Lateinamerika teilnehmen, die in ihren Beiträgen bei aktuellen Schwerpunkten des Interesses an Hegel in ihren Heimatländern anknüpfen werden. Einer dieser Schwerpunkte ist die Frage nach der unausweichlichen Wiederkehr der Natur in der Sphäre des Geistigen, so insbesondere im Recht.

Zu diesen Beiträgen treten Referate zu den unten genannten Themen; bitte melden Sie sich jeweils mit Angabe von zwei Themen zur Auswahl unter der oben angegebenen Kontaktadresse.

Liste der Referatthemen:

1. Der „Übergang“ von der Logik zur Natur
2. Natur als Differenzsphäre
3. Die „Logik“ des Natürlichen
4. Logisches und natürliches Leben
5. Die Präsenz der Natur in der Geschichte
6. Die Präsenz der Natur in Kunst und Religion (Enzyklopädie)

Literatur zur Einführung

• Henrich, Dieter/Horstmann, Rolf-Peter (Hrsg.): Hegels Philosophie des Rechts. Die Theorie der Rechtsformen und ihre Logik, Stuttgart 1982.
• Hoffmann, Thomas Sören: Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Eine Propädeutik, 4. Aufl. Wiesbaden 2020.
• Hoffmann, Thomas Sören: Philosophische Physiologie. Eine Systematik des Begriffs der Natur im Spiegel der Geschichte der Philosophie, Stuttgart-Bad Cannstatt 2003
• Horstmann, Rolf-Peter / Petry, Michael John (Hg.): Hegels Philosophie der Natur. Beziehungen zwischen empirischer und spekulativer Naturerkenntnis, Stuttgart 1986
• Kalenberg, Thomas: Die Befreiung der Natur. Natur und Selbstbewußtsein in der Philosophie Hegels, Hamburg 1997
• Liebrucks, Bruno: Sprache und Bewußtsein. Bd. 3: Wege zum Bewußtsein im Raum von Kant, Hegel und Marx, Frankfurt/Main 1966, 484-667.
• Pauly, Walter (Hg.): Der Staat – eine Hieroglyphe der Vernunft. Staat und Gesellschaft bei Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Baden-Baden 2009.
• Ritter, Joachim: Metaphysik und Politik, Frankfurt am Main 2003.
• Rosenkranz, Karl: Hegels Naturphilosophie und die Bearbeitung derselben durch den italienischen Philosophen Augusto Vera, ND Hildesheim / New York 1979.
• Siep, Ludwig (Hg.): G.W.F. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, 2. Aufl. Berlin 2005 (Klassiker Auslegen Bd. 9).