Kurs 0009 - Wintersemester 2003/2004

Klausur 7121 - Kurseinheit 3

Schwierigkeitsgrad: leicht

Fall: V und K schließen im Januar 2004 einen Kaufvertrag über 5 Laserdrucker zum Preis von insgesamt 5.000 € ab. K erhält Ende Januar eine Rechnung von V, die er zunächst nicht bezahlt. Am 16.02.2004 tritt V seine Kaufpreisforderung gegen K zur Sicherung eines Darlehens wirksam an D ab. V benachrichtigt den K nicht von der Abtretung.

Als D am 01.03.2004 von K die Zahlung der 5.000 € verlangt, beruft sich K darauf, von der Abtretung nichts zu wissen. Ferner habe er, K, den Vertrag mit V am 27.02.2004 angefochten, denn bei Vertragsschluss - was auch stimmt - habe ihn V hinsichtlich der Qualität und Funktionstüchtigkeit der Drucker arglistig getäuscht. D ist dagegen der Ansicht, die Abtretung sei wirksam erfolgt und das Verhältnis zwischen V und K betreffe ihn nicht.

Hat D gegen K einen Anspruch auf Zahlung der 5.000 €?

Abwandlung: Der Kaufvertrag zwischen V und K ist ordnungsgemäß und ohne eine Täuschung durch V zustande gekommen. K zahlt in Unkenntnis der Abtretung bereits am 20.02.2004 die 5.000 € an V. Als D am 01.03.2004 von K die Zahlung von 5.000 € verlangt, beruft sich dieser auf die bereits an V erbrachte Leistung.

Kann D von K die Zahlung der 5.000 € verlangen?

Lösung / Ausgangfall:

I. Anspruch des D gegen K auf Zahlung von 5.000 € aus §§ 433 Abs. 2, 398 S. 2 BGB

D könnte gegen K einen Anspruch auf Zahlung von 5.000 € aus §§ 433 Abs. 2, 398 S. 2 BGB haben.

1. Gläubigerstellung des D

Dazu müsste D zunächst Gläubiger des K sein.

a) Kaufvertrag zwischen V und K

Zwischen V und K wurde im Januar 2004 ein Kaufvertrag geschlossen, aufgrund dessen K verpflichtet war, an V 5.000 € zu zahlen. Somit war zunächst V Gläubiger des K.

b) Abtretung der Kaufpreisforderung nach § 398 BGB

D könnte durch die Abtretung der Kaufpreisforderung neuer Gläubiger des K geworden sein. V und D haben sich gemäß § 398 S. 1 BGB über die Abtretung der Forderung in Höhe von 5.000 € am 16.02.2004 geeinigt. Für die Wirksamkeit der Abtretung ist die Kenntnis des Schuldners nicht erforderlich. Somit ist D durch die Abtretung gemäß § 398 S. 2 BGB neuer Gläubiger des K geworden.

2. Einwendung des K

Fraglich ist, ob K der Zahlungsforderung des D entgegenhalten kann, dass er den mit V im Januar 2004 geschlossenen Kaufvertrag angefochten habe.

Gemäß § 404 BGB kann der Schuldner dem neuen Gläubiger die Einwendungen entgegensetzen, die er dem alten Gläubiger im Hinblick auf die Forderung entgegenhalten konnte. Der Begriff „Einwendung“ i. S. d. § 404 BGB ist im weitesten Sinne zu verstehen. Gemeint sind auch rechtsvernichtende Einwendungen, wie beispielsweise die Anfechtung. So kann K dem D gemäß § 404 BGB auch entgegenhalten, dass er den Vertrag, auf dem die abgetretene Forderung beruht, wegen arglistiger Täuschung angefochten hat.

Anmerkung: Der Einwand, dass K von der Abtretung nichts wusste, ist im Ausgangsfall unerheblich, da er an V nicht geleistet hat (Vgl. § 407 BGB). Diese Feststellung musste nicht zwingend in der Klausurlösung erfolgen, ist aber positiv zu bewerten.

Dann müsste K den Kaufvertrag gegenüber V wegen arglistiger Täuschung auch gemäß § 123 BGB angefochten haben. Zunächst müsste eine Anfechtungserklärung des K vorliegen. K hat, wie er bekundet, die Anfechtung gegenüber V erklärt. Weiterhin hat K die Anfechtungserklärung nach seinen Bekundungen auch gemäß § 143 Abs. 1, Abs. 2 BGB gegenüber V als seinem Vertragspartner und damit gegenüber dem richtigen Anfechtungsgegner abgegeben. Des Weiteren müsste ein Anfechtungsgrund vorliegen. Laut Sachverhalt ist der Anfechtungsgrund der arglistigen Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB gegeben. Schließlich wurde auch die Anfechtungsfrist gemäß § 124 BGB gewahrt.

Im Rahmen des § 404 BGB ist es jedoch auch bereits ausreichend, wenn die Einwendung ihrem Rechtsgrund nach im Schuldverhältnis angelegt ist, auch wenn noch nicht alle Tatbestandsmerkmale erfüllt sind.

K ist gegenüber V laut Sachverhalt jedenfalls gemäß § 123 Abs. 1 BGB zur Anfechtung des Kaufver­trages berechtigt. Auch wenn man an den Bekundungen des K zweifeln und davon ausgehen würde, dass dieser noch keine Anfechtungserklärung abgegeben hat, könnte er die Zahlungsforderung des D mit Hinweis auf das Vorliegen des Anfechtungsgrundes zurückweisen.

Anmerkung: Zur Erreichung der vollen Punktzahl genügte es, entweder im Rahmen des § 404 die Anfechtung vollständig durchzuprüfen oder auf die Berechtigung zur Anfechtung einzugehen.

II. Ergebnis

Somit kann K gegenüber D gemäß § 404 BGB die Zahlung der 5.000 € verweigern.

Lösung / Abwandlung:

I. Anspruch des D gegen K auf Zahlung von 5.000 € aus §§ 433 Abs. 2, 398 S. 2 BGB

D könnte gegen K einen Anspruch auf Zahlung von 5.000 € aus §§ 398 S. 2, 433 Abs. 2 BGB haben.

1. Gläubigerstellung des D

D ist, wie bereits oben festgestellt, durch Abschluss eines Abtretungsvertrages gemäß § 398 BGB mit V neuer Gläubiger des K geworden.

2. Erlöschen der Forderung

Durch die Zahlung des K am 20.02.2004 könnte die Kaufpreisforderung erloschen sein.

Gemäß § 362 Abs. 1 BGB muss die Leistung aber, um das Erlöschen der Forderung zu bewirken, an den Gläubiger erbracht werden. Im Zeitpunkt der Zahlung des K war nicht mehr V, der das Geld erhalten hat, sondern D Gläubiger des K. K hat somit die Forderung nicht gemäß § 362 BGB zum Erlöschen gebracht.

K könnte somit noch zur Zahlung der 5.000 € an D verpflichtet sein.

3. Unkenntnis des K von der Übertragung der Forderung

Möglicherweise muss sich D die Zahlung des K an V gemäß § 407 Abs. 1 BGB entgegenhalten lassen. Nach § 407 Abs. 1 BGB muss der neue Gläubiger eine Leistung, die der Schuldner nach Abtretung an den bisherigen Gläubiger bewirkt, sowie auch ein anderes Rechtsgeschäft gegen sich gelten lassen, es sei denn, dass der Schuldner die Abtretung kennt. K hatte weder von V noch von D Nachricht von der Abtretung erhalten. Er kannte die Abtretung somit nicht. D muss daher die Kaufpreiszahlung des K an V gemäß § 407 BGB gegen sich gelten lassen.

K ist somit durch die Zahlung an V von seiner Zahlungsverpflichtung ge­genüber D frei geworden.

II. Ergebnis

D hat keinen Anspruch gegen K auf Zahlung der 5.000 € aus §§ 433 Abs. 2, 398 S. 2 BGB.

Lehrstuhl Wackerbarth | 13.08.2021
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