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(Abschluss-)Seminar im WS 2023/2024: Die Reform des Personengesellschaftsrechts (MoPeG)

Liebe Kommilitonen,

im Mittelpunkt unseres Abschlussseminars im Wintersemester 2023/2024 steht die Reform des Personengesellschaftsrechts. Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG) vom 10. August 2021 (BGBl. I 3436) tritt am 1. Januar 2024 in Kraft (Art. 137 S. 1 MoPeG). Statt punktuellen Verbesserungen geht es dem Entwurf um einen Systemwechsel. Das Ergebnis ist eine partielle „Verhandelsgesellschaftung“ der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Das ist hinreichender Anlass, sich im Rahmen eines Seminars mit dem modernisierten Personengesellschaftsrecht kritisch auseinanderzusetzen. Ich will meine Skepsis nicht verbergen. Auch wenn zahlreiche Forderungen des Mauracher Entwurfs im anschließenden Diskussions- und Gesetzgebungsprozess eingefangen wurden: Das MoPeG scheint mir über das Ziel hinauszuschießen. Eine behutsame Reform des Personenhandelsgesellschaftsrechts und eine Öffnung von oHG und KG insbesondere für Freiberufler hätte ausgereicht. Das MoPeG hält zahllose Aspekte bereit, die es wert wären, genauer untersucht zu werden. Nichtsdestotrotz versuchen wir Schwerpunkte zu setzen; zumal nicht jedes Thema für eine studentische Arbeit geeignet ist:

A. Der Rechtsvergleichende Blick

  1. Die Reform des österreichischen Personengesellschaftsrechts

B. Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

  1. Die Rechtsfähigkeit der Personengesellschaften im dogmengeschichtlichen Kontext
  2. Unterschiede zwischen der rechtsfähigen Personengesellschaft und der juristischen Person
  3. Die nicht rechtsfähige (Innen‑)Gesellschaft
  4. Bruchteilsgemeinschaft und Gesellschaft

C. Das Gesellschaftsregister

  1. Das Gesellschaftsregister und Eintragungszwang
  2. Der Statuswechsel

D. Haftung der Gesellschafter

  1. Die Haftung der Gesellschafter in der (einfachen) Gesellschaft bürgerlichen Rechts im dogmengeschichtlichen Kontext
  2. Die Haftung des eintretenden und des ausgetretenen Gesellschafters; Nachhaftung bei Auflösung der Gesellschaft
  3. Ungeschriebene Durchbrechungen des § 721 BGB (nF)

E. Binnenrecht der Gesellschaft

  1. Beschlussfassung und Beschlussmängelrecht im Personengesellschaftsrecht
  2. Der Grundsatz der Selbstorganschaft
  3. Von der Gelegenheits- zur Dauergesellschaft
  4. Von der Personen- zur Verbandskontinuität
  5. Vom Vertrag zur Organisation
  6. Von der archaischen Hauserbengemeinschaft zur professionellen Erwerbsgesellschaft

F. Ausscheiden und Auflösung

  1. Von der Auflösung der Gesellschaft zum Ausscheiden eines Gesellschafters
  2. Kündigung von Mitgliedschaft und Gesellschaft aus wichtigem Grund sowie der Ausschluss eines Gesellschafters
  3. Ansprüche des ausgeschiedenen Gesellschafters
  4. Von der Auseinandersetzung zur Liquidation

G. Verein

  1. Vom nicht rechtsfähigen Verein zum Verein ohne Rechtspersönlichkeit (wirtschaftlicher Verein)
  2. Vom nicht rechtsfähigen Verein zum Verein ohne Rechtspersönlichkeit (Idealverein)

H. Internationales Gesellschaftsrecht; sonstiges

  1. Der Sitz der Gesellschaft und das Internationale Gesellschaftsrecht
  2. Öffnung der Personenhandelsgesellschaften für die Angehörigen freier Berufe
  3. Vorgesellschaft und Personengesellschaft
  4. Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft

Um die gewünschte inhaltliche Linie zu erreichen und um gleichzeitig die Organisation des Seminars sicherzustellen, können Themen auf Grundlage eigener Vorschläge der Teilnehmer leider nicht vergeben werden. Sie können aber eine oder mehrere Präferenzen für eines oder mehrere der angebotenen Themen abgeben. Ich bitte Sie, sich zu diesem Zweck spätestens bis zum 10. Oktober 2023 (18 Uhr s.t.) unter den obenstehenden Kontaktdaten per E-Mail mit Frau Biancardi in Verbindung zu setzen. Wir versuchen nach Möglichkeit, Ihre Wünsche bei der Zuteilung der Referate zu berücksichtigen. An erster Stelle steht aber unser Bemühen um eine vernünftige Schwerpunktsetzung. Sofern Sie sich nicht bis zu diesem Datum mit uns in Verbindung gesetzt haben, wird Ihnen ohne Rücksprache eines der verbliebenen Themen „zugelost“. Bewerben sich mehrere Teilnehmer auf das gleiche zu vergebende Thema, gilt das Prioritätsprinzip. Können wir Ihrer ersten Präferenz nicht entsprechen, versuchen wir Ihre zweite oder dritte Präferenz zu berücksichtigen. Ist auch dies nicht möglich, entscheidet auch hier der „Zufall“. Eingrenzungen und Schwerpunksetzungen erfolgen in Absprache mit dem jeweils zugewiesenen Betreuer. Am 16. Oktober 2023 werden Ihnen die Arbeitsthemen mitgeteilt.

Sichere Kenntnisse im geltenden nationalen, europäischen und internationalen Personengesellschaftsrecht werden vorausgesetzt. Einen ersten Einstieg finden Sie über die „klassischen“ Kommentare. Zahlreiche Werke widmen sich bereits dem neuen Personengesellschaftsrecht. Aber auch der Griff zu älteren Kommentierungen (Staudinger; RGRK; Soergel) kann sich lohnen. Auch folgende – freilich bisweilen etwas in die Jahre gekommenen – Standardwerke ist zu empfehlen. Von hieraus müssen Sie den Weg zu den einschlägigen Monografien und Aufsätzen finden. Eine Auseinandersetzung mit den Gesetzesmaterialien zum MoPeG ist unabdingbar. Entsprechend dem zugeordneten Schwerpunktbereich im Studiengang EJP (Privatrecht im internationalen und historischen Bezug) wird erwartet, dass Ihre Darstellung den dogmengeschichtlichen und bisweilen rechtsvergleichenden Kontext der Fragestellung angemessen berücksichtigt. Je nach der Aufgabenstellung kann hier der Schwerpunkt liegen. Ein Studium historischer Gesetzgebungsmaterialien, vielleicht sogar des früheren ius commune ist unabdingbar. Eine Bearbeitung der Haftungsfrage wird nicht ohne einen Blick auf das gemeine Recht oder die Partikulargesetzgebung auskommen.

  • Flume, Die juristische Person, 1983, Berlin u.a. (Springer)
  • Flume, Die Personengesellschaft, 1977, Berlin u.a. (Springer)
  • Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht6, 2006, Heidelberg (C.F. Müller)
  • K. Schmidt, Gesellschaftsrecht4, 2002, Köln u.a. (Carl Heymanns)
  • Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, Grundlagen, 1980, München (C.H. Beck)
  • Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, Recht der Personengesellschaften, 2004, München (C.H. Beck)

Eine Arbeit mit ChatGPT oder ähnlichen Chatbots gehört zum Handwerkszeug des modernen Juristen. Sie dürfen sich Ihre Arbeit aber nicht von ChatGPT schreiben lassen. Ich möchte aber an dieser Stelle warnen: ChatGPT macht aus einem schlechten Juristen keinen guten Juristen, sondern allenfalls aus einem guten Juristen einen noch besseren Juristen.

Die schriftliche Arbeit soll einen Umfang von 20 Seiten nicht überschreiten. Die üblichen Formalia (Schriftgröße 12; Zeilenabstand 1,5; Rand: 1/3; Schrift: Times New Roman) und wissenschaftliche Standards (Inhaltsverzeichnis, Literaturverzeichnis, einheitliche Fußnoten) sind einzuhalten; Gerichtsurteile sind neben Zeitschriftenfundstelle mit Datum und Aktenzeichen zu zitieren (zB: BGH, NJW 2011, 2717 [Rn. 12], Urt. v. 29.6.2011 – VIII ZR 349/10). Das Seminar wird am 18./19./20. Dezember 2023 in München stattfinden. Über den genauen Ort (TU München) werden Sie noch informiert werden. Die Struktur des Seminars folgt der thematischen Schwerpunktbildung. In jeder Gruppe werden zunächst die Vorträge gehalten. Ihr Vortrag darf dabei nicht länger als 20 Minuten dauern. Es folgt eine gemeinsame Diskussion mit der Schwerpunktgruppe. Hier entfallen auf jeden Teilnehmer etwa 15 Minuten. Die schriftliche Arbeit muss dem Lehrstuhl spätestens am 11. Dezember 2023 um 12 Uhr s.t. in elektronischer Fassung (.pdf-Datei) vorliegen. Verspätete Arbeiten können nicht mehr angenommen werden.

Wir sind uns bewusst, dass die Umterminierung des Seminars für Sie eine erhebliche Belastung bedeutet. Leider haben die Anmeldungen (26 Kandidaten) unsere bisherigen Planungen über den Haufen geworfen. Da uns nur begrenzte räumliche und persönliche Kapazitäten zur Verfügung stehen, müssen wir auf die 51. KW ausweichen und hier die ersten drei Werktage in Beschlag nehmen. Wir bemühen uns um eine Zwei- oder Dreiteilung des Seminars: Das hat für Sie den Vorteil, dass Sie nicht an allen drei Tagen im Seminar präsent sein müssen, sondern nur einen oder 1,5 Tage. Wir versuchen Ihnen so schnell wie möglich die notwendigen Informationen zukommen zu lassen.

Mit den besten Grüßen und Wünschen für ein erfolgreiches Seminar

Ihr Andreas Bergmann

Paul von Heese | 05.10.2023