Promotionsprojekt

Limmer, Susann †:
Caesar -– Mythos und Topos der Erinnerung. Ein Zugang zur Ideengeschichte des Kaisertums

Projektleitung:
Prof. Dr. Felicitas Schmieder
Mitarbeitende:
Susann Limmer
Status:
abgeschlossen
Laufzeit:
Beginn 2013 - † 2019
Umfang:
Susann Limmer konnte ihre Promotion leider nicht mehr abschließen

Abstract
Die Transformation des Vergangenen, der Geschichte oder der historischen Überlieferung ist ein Grundelement der Gegenwart: Jede Gesellschaft erinnert das, was für die jeweilige Gegenwart Relevanz besitzt und passt dementsprechend die Überlieferung den gegenwärtigen Bedürfnissen und Vorstellungen an. So unterliegen auch und gerade historische Persönlichkeiten Verformungen, die über die Zeiten hinweg mit besonderen Eigenschaften oder idealisierten Handlungsweisen gesellschaftlichen Gruppierungen exemplarisch dienen, um Interessen durchzusetzen und Ansprüche zu legitimieren. Dabei kann die Umschreibung der Historie auch eine Typologisierung und Mythologisierung beinhalten. Diese Wandlung und Verwandlung der Figur Caesar zum einen in der historischen Überlieferung und zum anderen in der Funktion als „Namensgeber“ des Kaisertums, des Einflusses auf die Idee desselben und die Legitimationsbemühungen von Herrschern und Fürsten-häusern, gelegentlich auch mit Hilfe einer „Einsippung“, soll anhand eines erinnerungskulturellen Ansatzes dargestellt und herausgearbeitet werden. Über die unterschiedlich rezipierte Wahrnehmung des historischen Gaius Julius Caesar (100-44 v. Chr.) in der Antike hinaus blieb das ursprüngliche Cognomen Caesar mit unterschiedlicher Bedeutung ein Bestandteil der Herrschertitulatur und wurde im Mittelalter zur etymologischen Grundlage des Kaisertitels. Deutlich positiv unterlegt wird das Wort Kaiser im Annolied (Ende des 11. Jh.) ausdrücklich von Caesar abgeleitet. Hier findet auch ein folgenreicher Aspekt mittelalterlicher Rezeption seinen ersten Niederschlag: Caesars mythische Aufnahme in deutschsprachige Geschlechter. Mittelalterliche Kaiser versuchten, in der Nachfolge Caesars ihre Machtansprüche auch erbrechtlich zu begründen. Im Laufe des 13. und 14. Jahrhunderts findet eine Umdeutung der Caesarvita statt und der Protagonist trägt zunehmend ambivalente bis negative Züge. Caesar verliert seine in den früheren Kaiserchroniken gewonnene historisch-ethnographische Position und wird zu einer Kaisergestalt unter vielen. Mit dem 15. und verstärkt im beginnenden 16. Jahrhundert verschwindet mit der neuen Wertschätzung der antiken Quellen der mythische Rückbezug. So bleiben im humanistischen Zeitalter hauptsächlich der historische Sachverhalt und das Wissen um eine Vergangenheit, die nicht mehr integraler Bestandteil der gegenwärtigen Existenz ist. Mit Beginn der Neuzeit wird Caesar damit wieder zum historisch bezeugten antiken Staatsmann, als den wir ihn auch heute noch kennen. Folgende Untersuchungsschwerpunkte kristallisieren sich heraus: Welchen Veränderungen ist die Wahrnehmung und Gestaltung der Figur Caesar in der historischen Rezeption von Antike bis Neuzeit, möglicherweise weiterführend bis in die Moderne, unterworfen? Welche Rolle spielt er in der Wahrnehmung und im Geschichtsdenken der Menschen in den verschiedenen Zeiten (und Gesellschaften)? Des Weiteren ist zu ergründen, welche Relevanz diese Wahrnehmung für die jeweilige Gegenwart, insbesondere für die Ausgestaltung und Begründung der jeweiligen Herrschaft hat. Wie interpretierten und legitimierten die einzelnen Gesellschaften das Kaisertum? Die Fragestellungen sollen mit Hilfe verschiedener Quellen bearbeitet werden. Spätantike Autoren, die Kaiserchroniken des Mittelalters und die Weltchroniken der Renaissance bieten dabei die Ausgangsbasis. Auch die Vielzahl anderer literarischer Werke muss auf ihren Gehalt bezüglich jeweiliger Erinnerungskultur geprüft werden.