Aktuelles Programm
Die Vorlesungen richten sich an eine breite regionale Öffentlichkeit, die an aktuellen soziologischen Forschungsergebnissen interessiert ist. Die Vortragenden aus Hagen und dem ganzen Bundesgebiet referieren in allgemeinverständlicher Form zu gesellschaftlichen Themen in Deutschland und Europa.
Viele Vorlesungen früher Semester können Sie weiterhin kostenfrei in der Mediathek des Lehrgebietes der Ernsting’s family-Stiftungsprofessur für Mikrosoziologie abrufen:
Mediathek der BürgerUniversität Coesfeld
Veranstaltungsort:
WBK | Wissen Bildung Kultur
Osterwicker Straße 29, 48653 Coesfeld
Letzte Veranstaltung im Wintersemester 2024/25
Familienbilder analysieren
Ein soziologischer Blick auf private Erinnerungsstücke
Dr. Silvia Herb (Workshop)
Mittwoch, 22.03.2025 von 10.00 bis 14.00 Uhr am Campus Coesfeld
Üblicherweise betrachten wir Familienfotografien als eine Art „visuellen Merkposten“, der Erinnerungen an vergangene Erlebnisse oder Situationen in uns wachrufen soll. Im Workshop wird gezeigt und an praktischen Beispielen eingeübt, wie Familienbilder mit wissenschaftlichen Methoden analysiert und dabei Rückschlüsse auf familiale Strukturen und Werte gezogen werden können.
Es werden Familienbilder zur Analyse zur Verfügung gestellt, es dürfen aber auch eigene (aktuelle oder auch ältere) Familienfotografien mitgebracht werden, sofern die Bereitschaft besteht, diese in der Gruppe analysieren zu lassen.
Falls die Arbeit an eigenen Fotografien gewünscht wird, sollten diese mit hoher Auflösung eingescannt und der Scan ein bis zwei Wochen vor dem Workshoptermin an die Veranstaltungsorganisatorinnen gesandt werden. Es werden für die anderen Teilnehmenden Papierkopien im Din-A4-Format angefertigt, mit denen im Anschluss gearbeitet werden kann.
Silvia Herb hat an der FernUniversität Hagen Sozialwissenschaften studiert und an der Universität Bielefeld in Soziologie promoviert. Dabei beschäftigten sie Fragestellungen wie: Was sagen mediale Darstellungen über unsere Auffassung von Wirklichkeit aus? Wie verändern neue Medien wie Internet und Social Media unseren Umgang miteinander? Und mit welchen Mitteln ist es überhaupt möglich, Spiel- und Dokumentarfilme, öffentliche und private Bilder, Internetposts und Tweets wissenschaftlich zu untersuchen?
Seit 2019 ist Frau Herb an der FernUniversität in Hagen am Lehrgebiet Ernsting’s Stiftungsprofessur für Mikrosoziologie als Lehrbeauftragte tätig. Ihre Erfahrung im Umgang mit qualitativen medien-analytischen Methoden wendet sie nun auf familiensoziologische Themen und Fragestellungen an.
Hinweis: Eine Anmeldung ist bis zum 14. März 2025 in der Geschäftsstelle des Campus Coesfeld erforderlich.
Veranstaltungen im Sommersemester 2025
Ein Kind um jeden Preis?
Prof. Dr. Dr. Sigrid Graumann (Vorlesung)
Mittwoch, 02.04.2025 um 19.00 Uhr im WBK
Eizellspende und Leihmutterschaft sind für viele die letzte Möglichkeit, ihren Wunsch nach einem eigenen Kind zu erfüllen. Hierzulande ist beides durch das Embryonenschutzgesetz von 1990 verboten. Viele Kinderwunschpaare aus Deutschland nehmen jedoch kommerzielle Angebote im Ausland in Anspruch, was zu Diskussion geführt hat, ob das gesetzliche Verbot noch zeitgemäß ist. Damit hat sich eine Kommission im Auftrag des Gesundheitsministeriums, des Justizministeriums und des Familienministeriums beschäftigt. In dem Vortrag werden die ethischen, rechtlichen und sozialen Fragen von Eizellspende und altruistischer Leihmutterschaft, mit denen sich die Kommission beschäftigt hat, thematisiert. Es wird ausgeführt, welche Aspekte der Gesetzgeber berücksichtigen müsste, wenn eine Legalisierung der Verfahren erwogen wird.
Prof. Dr. Dr. Sigrid Graumann ist Biologin und Philosophin und in beiden Fächern promoviert. Sie ist Professorin für Ethik an der Evangelischen Hochschule Bochum, die sie als Rektorin leitet. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit ethischen Fragen der Fortpflanzungsmedizin. Sie war acht Jahre Mitglied des Deutschen Ethikrats und sie war Mitglied der Kommission „Reproduktive Autonomie stärken“, die u.a. die Möglichkeit der Legalisierung von Eizellspende und altruistischer Leihmutterschaft prüfen sollte.
Was geschieht, wenn wir einander anblicken?
Über die gesellschaftliche Bedeutung des Blickes
Jun.-Prof. Dr. Irina Gradinari (Vorlesung)
Mittwoch, 14.05.2025 um 19.00 Uhr im WBK
Das Sehen ist einer der wichtigsten Sinne, mit dem wir die Welt erkennen, Erfahrungen sammeln und mit anderen in Beziehung treten können. Die Sinneseindrücke sind allerdings nicht rein subjektiv, auch wenn sie theoretisch nicht so einfach zu erfassen sind; sie hängen eng mit der Gesellschaft zusammen, sind daher mit Machtstrukturen verwoben und bestimmen letztendlich, was wir sind. In diesem Zusammenhang wurden viele Künste und Medien entwickelt, die sich visueller Reize bedienen: z.B. Malerei, Fotografie oder Kino. In dem Vortrag geht es um ausgewählte Konzepte des Sehens, die historische Unterschiede im Verständnis der Blicke nachvollziehbar machen, um den Einfluss der Medien auf unsere Wahrnehmung und die Diskussion über die digitale Kultur, die neue Formen des Sehens hervorgebracht hat, deren Folgen wir noch nicht ganz realisiert haben.
Irina Gradinari ist Juniorprofessorin für literatur- und medienwissenschaftliche Genderforschung an der FernUniversität in Hagen. Dissertation: Genre, Gender und Lustmord. Mörderische Geschlechterfantasien in der deutschsprachigen Gegenwartsprosa (2011), Habilitation: Kinematografie der Erinnerung, 2 Bde. (2020/21). Forschungsschwerpunkte: Feministische Blicktheorien, Genre und Gender/Intersektionalität sowie kulturwissenschaftliche Erinnerungsforschung. Publikationen u.a.: Feministische Blicktheorien und ihre Folgen (2024) und Weihnachtsfilme lesen 2: Von Krisengeschichten und Wunschszenarien (2024) (mit Andrea Geier und Irmtraud Hnilica).
Verflechtungen von Religion und Wirtschaft
Einblicke in die Religionsökonomie
Dr. Maren Freudenberg (Vorlesung)
Mittwoch, 18.06.2025 um 19.00 Uhr im WBK
Religion und Wirtschaft werden meist als getrennte gesellschaftliche Bereiche wahrgenommen, die wenig oder gar nichts miteinander zu tun haben. Tatsächlich hängen sie jedoch auf vielfältige Weise zusammen, wie ein genauer Blick auf verschiedene religiöse Traditionen unserer Zeit zeigt. Religiöse Ethiken beeinflussen zum Beispiel das wirtschaftliche Handeln von Individuen und Gruppen in Religionsgemeinschaften – und das nicht nur mit Blick auf Spendenverhalten. Wirtschaftliche Logiken, insbesondere im sogenannten „Neoliberalismus“, prägen umgekehrt religiöse Normen und Praktiken ganz unterschiedlich. Der Vortrag beleuchtet einerseits anhand von Beispielen aus diversen religiösen Traditionen, wie Religion sich in heutigen Gesellschaften auf Wirtschaft auswirkt. Andererseits nimmt er in den Blick, welche Konsequenzen der Spätkapitalismus im 21. Jahrhundert für religiösen Wandel hat. Dabei wird jeweils auch die Rolle der Populärkultur und der digitalen Kommunikation genauer untersucht.
Dr. Maren Freudenberg ist Religionssoziologin am Centrum für Religionswissenschaftliche Studien der Ruhr-Universität Bochum. Sie promovierte 2016 in Soziologie an der Freien Universität Berlin und forscht u.a. zu Religion, Wirtschaft und Politik im Evangelikalismus und dem Pfingstlerisch-Charismatische Christentum in den USA, Deutschland und der Schweiz. 2023 veröffentlichte sie das Lehrbuch „Religionsökonomie“ mit Kianoosh Rezania im utb-Verlag.
Was macht unser Gehirn glücklich und welchen Einfluss hat dabei das Geschlecht?
Prof. Dr. Dr. Bettina Pfleiderer (Vorlesung)
Mittwoch, 02.07.2025 um 19.00 Uhr im WBK
Ohne Gehirn gibt es kein Glück! Die Ausschüttung eines Cocktails von Glückshormonen im Gehirn sorgt dafür, dass wir Glück empfinden können. Was ist eigentlich Glück? Ist Zufriedenheit auch Glück? Was macht überhaupt unser Gehirn glücklich? Welchen Einfluss hat das Geschlecht? Macht Männer und Frauen dasselbe glücklich? Wie können wir dieses Wissen in der Medizin nutzen, um z.B. Schmerzen zu lindern? Diese Fragen und noch vieles mehr werden in diesem Vortrag vorgestellt und diskutiert.
Die Ärztin und Hirnforscherin Prof. Dr.med. Dr. rer. nat. Bettina Pfleiderer ist Professorin an der medizinischen Fakultät der Universität Münster und leitet dort die Arbeitsgruppe Cognition & Gender. Sie beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema geschlechtersensible Medizin sowie dem Einfluss des Geschlechts auf Gehirnfunktionen wie bei der Schmerzverarbeitung, dem Juckreiz und dem Gedächtnis.
Gemeinwesen mit Zukunft
Potenziale und Grenzen eines Bedingungslosen Grundeinkommens
Prof. Dr. Ute Fischer (Vorlesung)
Mittwoch, 16.07.2025 um 19.00 Uhr im WBK
Die Zeiten scheinen ungünstig zu sein für sozialpolitische Innovationen und visionäre Vorschläge. Angesichts der Herausforderungen durch die US-Politik, der ökonomischen und außenpolitischen Krisen der EU und Deutschlands, der angespannten Sicherheitslage, der maroden Infrastrukturen, der Defizite in den Staatshaushalten vom Bund bis zur Kommune etc. scheint kein Geld übrig für Sozialleistungen. Doch eine Sparpolitik greift zu kurz, sie richtet Schaden an, der dem Gemeinwesen teuer zu stehen kommt, wie nicht zuletzt der Rechtsruck in Teilen des Landes zeigt. Denn Demokratie braucht Sicherheit und Gerechtigkeit, Freiheit und Gleichheit. Der Vortrag zeichnet ein Bild einer möglichen Zukunft des Gemeinwesens, das diese Qualitäten verwirklicht und prüft, inwieweit ein Bedingungsloses Grundeinkommen dafür ein geeigneter sozialpolitischer Rahmen wäre.
Dr. Ute Fischer ist Professorin für Sozialwissenschaften an der Fachhochschule Dortmund. Sie lehrt im Bachelor „Soziale Arbeit“ und im Master „Soziale Nachhaltigkeit und demografischer Wandel“ v.a. Sozialpolitik (u.a. Bedingungsloses Grundeinkommen), Demokratieentwicklung, Gesellschaftstransformation und qualitative Forschungsmethoden. In ihrer Forschung untersucht sie den sozialen Zusammenhalt, bürgerschaftliches Engagement und Ungleichheit.
„Die Revolution hat ein weibliches Gesicht“: Massenproteste in Belarus 2020
Dr. Olga Shparaga (Vorlesung)
Mittwoch, 24.09.2025 um 19.00 Uhr im WBK
Belarussische Frauen waren eine der wichtigsten treibenden Kräfte der Massenproteste in Belarus im Sommer-Herbst 2020. Das vereinigte Frauenteam von Svjatlana Tsichanouskaja, Maria Kalesnikava und Veranika Tsepkala, das entstand, um Svjatlana Tsichanouskaja‘s Herausforderung gegen Lukaschenka bei den Präsidentschaftswahlen 2020 zu unterstützen, ist allein schon eine Erwähnung wert. Die Solidaritätsketten der Frauen, die Frauenmärsche und die Schwesternschaft in den Gefängnissen wurden während der Massenproteste 2020 zu entscheidenden Modellen für kollektive Aktionen und Solidarität in der gesamten belarussischen Gesellschaft. Nach der Niederschlagung dieser Proteste und der Eskalation des russischen Krieges in der Ukraine, in dem Lukaschenko zum Mitaggressor geworden ist, setzen belarussische Frauen ihren Kampf für ein demokratisches Belarus in neuen Formaten fort. Der „fragile Widerstand“ von politisch inhaftierten Frauen in Gefängnissen und Strafkolonien sowie verschiedene Formen der Solidarisierung mit Ukrainer*innen sind seine wichtigsten Bestandteile und ein Forschungsgegenstand von Dr. Shparaga.
Olga Shparaga, Dr. phil., lehrte bis 2021 Philosophie am European College of Liberal Arts in Minsk (ECLAB), welches sie im Jahr 2014 mitbegründet hat. Sie ist eine der intellektuellen Vordenker*innen der belarussischen Protestbewegung im Jahr 2020. Nach mehrfacher Verhaftung ging sie im Herbst 2020 ins Exil. Im 2021 erschien ihr Buch „Die Revolution hat ein weibliches Gesicht. Der Fall Belarus“ im Suhrkamp Verlag. Seit Januar 2025 forscht und lehrt sie am Institut für Philosophie der FernUniversität in Hagen.