Präsenz-Seminar - A B G E S A G T -
- Thema:
- Interaktion in Slow Motion Vom Anblicken, Sprechen, Schweigen, Pausenmachen, Lachen und Weinen
- Zielgruppe:
- Ort:
- Hagen, FernUniversität
- Termin:
- 24.03.2023
bis
26.03.2023 - Zeitraum:
- 24.03.2023 - 26.03.2023
- Leitung:
- Prof. Dr. Dorett Funcke
- Anmeldefrist:
- 17.02.2023
- Anmeldung:
- Anmeldeformular bitte vollständig ausfüllen (siehe unten)
- Mindestteilnehmer:
- 13
Mit was wir uns beschäftigen: Inhalt der Lehre
Soziologie ist eine Disziplin – das muss man sich immer wieder klar machen –, die sich mit sozialem Handeln beschäftigt. Und die kognitiv ausgereifte Form der Thematisierung menschlichen Handelns in der Disziplin Soziologie vollzieht sich über den Zentralbegriff der Kommunikation. Eine für die „moderne“ Soziologie zentrale Perspektive ist, menschliches Handeln über den Begriff der Kommunikation zu rekonstruieren. Mit „modern“ ist hier gemeint, dass nicht der einzelne Mensch mit seinen Absichten, Motiven, Kalkülen oder Motiven im Zentrum steht, sondern Gegenstand ist der Mensch in der Art und Weise, wie er mit anderen in ein Verhältnis tritt. Im Seminar beziehen wir uns also auf eine Soziologie, die sich von der Perspektive der Aktor-Zentrierung entfernt und – um einen Gründervater unserer Disziplin zu zitieren – „Erscheinungen aus dem Wechselwirken und dem Zusammenwirken der Einzelnen“ (Georg Simmel, 1908 / 1992, S. 15) versteht. Die Perspektive, mit der wir in Dynamiken von Wechselbeziehungen hineinleuchten, entspringt einer Kommunikationssoziologie, die an der Idee festhält, dass soziale Phänomene interaktiv entstehen.
Was wir uns im Einzelnen genauer anschauen: Überblick
In einem ersten Block (I. Interaktion und Kommunikation – Wie aus Anwesenden Teilnehmende werden) machen wir uns vertraut mit den Begriffen „Interaktion“ und „Kommunikation“. Mit Begriffen arbeiten wir ständig, wenn wir wissenschaftlich uns die Welt erschließen. Wir tun das nicht deshalb, um möglichst unverständlich zu sein oder weil es chic ist oder wir uns besonders klug vorkommen, das mag wohl alles auch ein wenig stimmen, aber Begriffe sind Abkürzungen, die eine Zusammenfassung komplexer Inhalte beinhalten. Über diese komplexen Inhalte können wir uns schnell mit Begriffen verständigen ohne lange Explikationen. Aber wir sollten wissen was wir mit den Begriffen meinen, wenn wir sie verwenden.
In einem zweiten Block (II. Sequenzialität – Wie Interaktion als Prozess strukturiert ist) beschäftigen wir uns mit den Merkmalen des Sprechens. Wir können in der Regel nur eins: sprechen oder zuhören, meistens kann nur einer sprechen will er verstanden werden, und wir brauchen Zeit, wenn wir sprechen, auch geschieht es nacheinander, Zug um Zug. Den Begriff der Sequenzialität haben Vertreter der Konversationsanalyse und der Ethnomethodologie geprägt. Mit Hilfe von Grundlagentexten machen wir uns klar, was Sprechhandlungen sind, was sie bedeuten und was daraus folgt. Wir befassen uns mit Formen der Gesprächseröffnung, Mechanismen der Gesprächsorganisation und Praktiken von Gesprächsbeendigungen; aber auch vom Pausenmachen und Schweigen wird die Rede sein – Ausdrucksbewegungen nonverbaler Kommunikation, die auch etwas bedeuten, denn – um hier einen bedeutenden Kommunikationswissenschaftler zu zitieren – „Man kann nicht nicht kommunizieren“ (Watzlawick, Beavin & Jackson, 1967/1996, S. 53).
Im dritten Block (III. Perspektivenübernahme – Wer wir sind, was die anderen betrifft) geht es um die Perspektivenübernahme als ein zentrales Merkmal der Interaktion. Es handelt sich dabei um eine Leistung, die eine Grundlage jeder Interaktion darstellt, die immer und unabhängig vom jeweiligen Gegenüber und seiner speziellen Lage erbracht wird, und auch Voraussetzung von Empathie ist. Aber Perspektivenübernahme geht nicht in Empathie auf, sie bildet jedoch die Grundlage jeder avancierten Empathie bzw. jeden Mitfühlens, um es alltagssprachlich zu fassen. Die zentrale Frage, die uns in diesem Block beschäftigen wird, ist: Wie wird in der Interaktion die Perspektive des anderen zur Geltung gebracht? Um diese Frage zu beantworten, werden wir uns mit grundlegenden Eigenschaften der menschlichen Sprache beschäftigen.
Im vierten Block (IV. Nonverbale Kommunikationsformen – Wie wir mit unserem Körper interagieren) geht es um nonverbale Kommunikationsformen. Wir werden uns hier vor allem auf drei soziologische Klassiker beziehen, die sich als Gründerväter der Soziologie intensiv mit dem befasst haben, was allgemein als Theorie vorsprachlicher Konstruktion von Wechselseitigkeit begriffen werden kann. Georg Herbert Mead, Georg Simmel und Helmuth Plessner sind sozialwissenschaftliche Denker, die sich dem Nonverbalen angenähert haben. Sie haben versucht, soziale Beziehung eben über nicht-sprachliche Ausdrucksbewegungen zu erfassen. Im Zentrum dieses Blockes stehen Kommunikationselemente, die in der sozialen Begegnung in der Regel nicht unmittelbar zum Gegenstand der Reflexion werden. Es geht vor allem um den Blick, um räumliche Positionierungen und um die sozialen Phänomene des Lachens und des Weinens; alles Ausdrucksweisen, die wir auch einsetzen ohne die begleitende Artikulation von sprachgebundenen Beiträgen. Wenn wir uns diese außersprachlichen Kommunikationsbewegungen klar machen, die eine Kommunikation mitstrukturieren (können), dann erfolgt das vor dem Hintergrund der Berücksichtigung von ausgewählten zentralen Merkmalen von Kommunikation: Sequenzialität, Kontextgebundenheit und Mehrdeutigkeit.
Was zu tun ist: Praktische Durchführung
Zur Vorbereitung auf die einzelnen Seminartage sind die Grundlagentexte zu lesen und Referate vorzubereiten.
Für einen Scheinerwerb ist an allen Tagen teilzunehmen.
Gemeinsamer Restaurantbesuch (Freitagabend) und ein Opernbesuch im Stadttheater Hagen (Samstagabend) [beides fakultativ]