Forschungsprofil

Getrieben durch die gesellschaftliche und politische Orientierung am Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung agieren industrielle Unternehmen zunehmend im Spannungsfeld zwischen Umweltschutz und sozialer Verantwortung einerseits und ökonomischem Erfolg andererseits. Insbesondere Produktions- und Logistikaktivitäten haben maßgeblich Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit. Gleichzeitig gehen sie mit vielfältigen negativen ökologischen (z. B. Verbrauch fossiler Rohstoffe, Treibhausgasemissionen) und sozialen Konsequenzen (z. B. Risiko für gesundheitliche Gefährdung, Korruption oder Kinderarbeit) einher.

Im Mittelpunkt der Forschung des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Produktion und Logistik steht daher die Betrachtung industrieller Produktions- und Logistiksysteme unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten. Die inhaltliche Ausrichtung der Forschung erfolgt entlang von drei Schwerpunkten, wie die nachfolgende Abbildung verdeutlicht.

Abbildung: Produktion und Logistik
  • Vor dem Hintergrund des voranschreitenden Klimawandels gewinnen Fragestellungen der Reduktion von CO2-Emissionen stetig an Bedeutung. Mittel- bis langfristig gilt es, nicht nur CO2-neutral zu wirtschaften, sondern insbesondere auf dem Weg dahin bestehende CO2-Budgets einzuhalten, die sich aus dem Pariser Klimaabkommen ableiten lassen. In diesem Zusammenhang identifizieren wir technologische und organisatorische Handlungsalternativen zur Reduktion von CO2-Emissionen in den Bereichen Produktion, Logistik und Mobilität, bewerten deren Potenziale, um Reduktionsziele zu erreichen, und entwickeln auf dieser Basis wirtschaftlich tragfähige Transformationspfade. Zudem analysieren wir die Folgen (umwelt-)politischer Maßnahmen aus betriebswirtschaftlicher Perspektive, insbesondere im Automobilmarkt.

  • Das weltweite Wachstum des Bedarfs an natürlichen Ressourcen ist ungebrochen. Dies gilt insbesondere auch für Industriemetalle, die für eine umfassende Transformation hin zu grünen Technologien wie etwa Elektrofahrzeugen, Photovoltaik- und Windkraftanlagen sowie Wasserstoffanwendungen benötigt werden. Hier kommt es zu einer immer stärkeren Verknappung wichtiger Rohstoffe und damit einhergehend zu Preissteigerungen. Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken und gleichzeitig die Umweltauswirkungen zu reduzieren, beschäftigen wir uns mit betriebswirtschaftlichen Fragestellungen und Konzepten der effizienten Nutzung von Ressourcen sowie der Kreislaufführung von Produkten, Komponenten, Materialien und Rohstoffen. Derzeit liegt der Fokus auf dem Ressourcen- und Stoffstrommanagement, der Entwicklung von ressourceneffizienten Distributionsstrategien und der Planung von Recyclingnetzwerken.

  • Zur Gestaltung nachhaltiger Supply Chains müssen sämtliche Aktivitäten und Akteure in den Bereichen Rohstoffgewinnung, Produktion, Transport, Distribution, Nutzung, Wiederverwendung, Recycling und Entsorgung berücksichtigt und entsprechend ihrer ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen bewertet werden. In diesem Zusammenhang vereinen wir insbesondere Ansätze der Netzwerkplanung mit Fragestellungen der Nachhaltigkeitsbewertung, um zur Gestaltung nachhaltiger Supply Chains beizutragen. Zudem beschäftigen wir uns mit bestehenden Interdependenzen zwischen der Nachhaltigkeit und der Resilienz von Lieferketten, u. a. vor dem Hintergrund der Einhaltung von ökologischen und sozialen Mindeststandards bzw. unternehmerischer Sorgfaltspflichten.

Innerhalb der Forschungsschwerpunkte folgt der Lehrstuhl dem Leitbild einer technologie- und entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre. Ausgehend von der betrachteten Problemstellung werden Prozesse und Systeme analysiert, in quantitative Planungsmodelle überführt und in modernen Softwarewerkzeugen implementiert. Die Anwendung der Modelle auf praxisnahe Fallstudien dient der Ableitung konkreter Handlungsempfehlungen zur Gestaltung und Lenkung von Produktions- und Logistiksystemen unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten. Das methodische Spektrum reicht von der Stoff- und Energiestrommodellierung und Nachhaltigkeitsbewertung, über Simulationsansätze wie System Dynamics, Agentenbasierte und Ereignisdiskrete Simulation bis hin zur mathematischen Optimierung und multikriteriellen Bewertung.

Ein Hauptanwendungsgebiet unserer Forschung liegt im Bereich der Elektromobilität. Hier besitzen wir zum einen Kompetenzen in der Analyse industrieller und politischer Maßnahmen zur Förderung des Markterfolgs von Elektrofahrzeugen. Zum anderen beschäftigen wir uns mit Fragestellungen der Nachhaltigkeit von Elektrofahrzeugen über den gesamten Lebenszyklus. Im Fokus steht dabei die Gestaltung nachhaltiger Lieferketten und wirtschaftlicher Recyclingkonzepte für die Batteriesysteme sowie die Transformation hin zu CO2-neutralen Fahrzeugflotten.

Die Forschung ist eingebettet in den Forschungsschwerpunkt „Energie, Umwelt & Nachhaltigkeit“ an der FernUniversität in Hagen. Dabei verfolgen wir einen interdisziplinären Ansatz in Kooperation mit Partnern aus Wissenschaft, Industrie und Politik, um den komplexen und vielschichtigen gesellschaftlichen, ökonomischen und technologischen Herausforderungen im Themengebiet zu begegnen und eine Anwendungsorientierung sicherzustellen.