hybrid
- Thema:
- Was ist Denken? Philosophie des Geistes im Ausgang vom Mittelalter
- Veranstaltungstyp:
- hybrid
- Zielgruppe:
- MA Phil: Modul 26403/III; Modul 26405/V; AT Phil; Interessierte
- Ort:
- Hagen
- Adresse:
- Campus Hagen
- Termin:
- 14.02.2025
bis
16.02.2025 - Zeitraum:
- Freitag, 14. Februar 2025, 15-21 Uhr,
Samstag, 15. Februar 2025, 10-20 Uhr,
Sonntag, 16. Februar 2025, 10-14 Uhr. - Leitung:
- Prof. Dr. Martin Lenz
- Anmeldefrist:
- vom 03.12.2024 bis zum 07.02.2025
- Anmeldung:
- Die verbindliche Anmeldung erfolgt über das untenstehende Formular.
- Auskunft erteilt:
-
Doris Meyer
E-Mail: lehrgebiet.lenz
Telefon: +49 2331 987-2150
Was ist Denken? Philosophie des Geistes im Ausgang vom Mittelalter
Ziele
• Kenntnisse der mittelalterlichen Philosophie
• Kenntnisse der Philosophie des Geistes
• Verständnis unserer (historischen) Vorurteile
• Entwicklung der Kompetenz, historische Texte kritisch zu analysieren und mit modernen Ansätzen zu vergleichen
Die Frage, was Denken ist, ist für Philosoph:innen besonders dringlich. Aber warum sollten wir uns mit mittelalterlichen Denktheorien befassen? Abgesehen von der historischen Neugier ist ein entscheidender Grund, dass mittelalterliche Vorstellungen einerseits einen großen Einfluss auf moderne Theorien haben und sich andererseits deutlich von unserem Verständnis der Funktionsweise des Geistes unterscheiden. Die Betrachtung mittelalterlicher Theorien ermöglicht es uns daher, unsere Wurzeln zu studieren, während sie uns gleichzeitig einige seltsame und vergessene Ideen über den Geist vergegenwärtigt. Eine solche Begegnung gibt hoffentlich ebenso Aufschluss über unsere gegenwärtigen Intuitionen und Annahmen sowie deren Grenzen.
Der Kurs soll mittelalterliche Entwicklungen zeigen, die von antiken Wurzeln inspiriert und durch moderne Einwände weiterentwickelt wurden. Zu den Themen gehören die Beziehung zwischen Denken und Sein, die Natur von Überzeugungen, die Struktur des Denkens, die Beziehung zwischen Denken, Sprache und Welt sowie die normativen Implikationen verschiedener Denkkonzeptionen. Nach einem ersten Überblick konzentrieren wir uns u.a. auf Texte von Anselm von Canterbury, Thomas von Aquin und Wilhelm von Ockham und vergleichen diese mit zeitgenössischen Denkkonzepten.
Ansatz
Diese Einführung in die mittelalterliche Philosophie des Geistes konzentriert sich auf die Beziehung zwischen mittelalterlichen und modernen Denkkonzepten und versucht (a) einige der verschiedenen mittelalterlichen Denkmodelle darzustellen und (b) unsere Sichtweisen auf Philosophie und Geschichte näher zu beleuchten. Warum habe ich diese beiden Aspekte ausgewählt? Ich denke, dass eine wichtige Aufgabe der Philosophie darin besteht zu untersuchen, was wir eigentlich tun: wie und warum wir es tun; und ob wir es auch anders machen könnten. Deshalb möchte ich Sie ermutigen, sowohl über Ihre Herangehensweisen an die Philosophie als auch über die in den Text behandelten Probleme nachzudenken. Ziel ist es, Ihnen zu ermöglichen, sich Wissen über (die Geschichte der) Philosophie auf begründete Weise anzueignen. Das bedeutet, ein Verständnis für die Grenzen und Beschränkungen Ihres Wissens sowie für das Wissen selbst zu entwickeln. Klingt das offensichtlich? Nun, Philosophen tun sich oft schwer, wenn sie versuchen, das Offensichtliche in Frage zu stellen oder zu erklären.
Zur Lektüre
Folgendes Buch wird auf jeden Fall eine zentrale Rolle spielen und dürfte auch zum Einlesen geeignet sein: Claude Panaccio, Mental Language: From Plato to William of Ockham. Translated by J. P. Hochschild and M. K. Ziebart, Fordham University Press 2017.
Idealerweise werden Sie die zum Teil noch auszuwählenden Texte bereits gelesen haben. Allerdings vermute ich, dass der Versuch, philosophische Texte schlicht durchzulesen, frustrierend sein wird. Natürlich sollen Sie den Text durchlesen. Aber um sich ein Werk philosophisch zu erarbeiten, benötigen Sie eine Strategie. Hier also ein paar Tipps:
- Konzentrieren Sie sich auf eine konkrete Leitfrage, mit der Sie auf den Text zugehen. Fragen Sie sich zum Beispiel: Was sagt der Text zur Beziehung zwischen Sprache und Denken? Dann ergeben sich rasch weitere Fragen, die Sie aber stets auf die Leitfrage zurückbeziehen können: Was ist zum Verständnis dieser Beziehung erforderlich? Welche Rolle spielen die Dinge in der Welt? Etc.
- Im Seminar können wir nicht alles behandeln. Wir werden uns vielmehr ausgewählten Passagen widmen. Auf jeden Fall sollten Sie aus Panaccio mit folgenden Abschnitten beginnen: Introduction, 1-7. The Sources, 11-27, 58-83, 88-91. Thirteenth-Century Controversies, 104-107
- Konzentrieren Sie sich dann auf Passagen, die Sie besonders interessant oder dunkel finden, und versuchen Sie, sich diese Passagen durch strukturierte Fragen zu erschließen (mehr dazu unten).
- Erst wenn Sie selbst etwas mit dem Text und den darin befindlichen historischen Passagen etwas gerungen haben, sollten Sie sich gezielt mit bestimmten Fragen, die Ihnen wichtig sind, mittels weiterer Sekundärliteratur beschäftigen.
Zum Ansatz im Seminar
Der Kurs wird im Seminarstil abgehalten und sollte ausreichend Raum für Diskussionen bieten. Ich erwarte nicht, dass Sie bereits über irgendwelche Fähigkeiten verfügen, aber Sie sollten lernen, ein Verständnis von Texten anhand der folgenden Punkte aufzubauen und zu artikulieren: Was sagt der Text? Was sind hier wesentliche Argumente oder Begriffe? Was sagt er nicht? Was sind stillschweigende Annahmen? Warum werden bestimmte Dinge überhaupt gesagt? Können sie in unsere zeitgenössischen Ideen und Kontexte übersetzt werden? Wenn nicht, warum nicht?
Denken Sie nicht, dass Diskussionen eine Ablenkung vom Lernprozess sind. Diskussionen sollten Ihnen helfen, akademische Gewandtheit im Umgang mit Ideen, Fragen, Argumenten und Terminologie zu erlangen. Die meisten Dinge, die ich Ihnen erzähle, können Sie woanders lesen. Was Sie woanders nicht tun können, ist, sie durch Gespräche lebendig werden zu lassen. Die Texte, die wir diskutieren, sind zum Teil sehr alt. Dennoch (oder deshalb) kann es sein, dass Sie diesen Texten jetzt zum ersten Mal begegnen. Diese Konfrontation macht die Sache interessant! Im Seminar sollten Sie lernen, sich den Stoff, den ich unterrichte, anzueignen, indem Sie ihn auch mit Ihren eigenen Ansichten und Interessen vermischen. In diesem Sinne hoffe ich auch, von Ihnen zu lernen. Der genaue Plan ist noch ziemlich offen, da ich mir gerne ein Bild von Ihren Interessen und Spezialgebieten machen möchte. In jedem Fall sollten Sie Folgendes tun:
1. Lesen Sie die zugewiesenen Passagen stets vorher. Das betrifft hier nun vor allem die bereits genannte Textgrundlage. Warum? Einfach, weil ich sie voraussetze, und wenn Sie sie nicht gelesen haben, werden Sie keine Ahnung haben, worum es in der Diskussion geht.
2. Bereiten Sie mindestens drei Fragen zum Text schriftlich vor. In meinem Blogpost über Fragen finden Sie Einzelheiten dazu, wie man eine Frage strukturiert.
3. Versuchen Sie, die Fragen im Kurs bei mir oder einem Kommilitonen zur Sprache zu bringen. Formulieren Sie Ihre Frage also schriftlich und strukturieren Sie diese etwa folgendermaßen:
• Ziel/Thema: sagen Sie, worum es in der Frage geht
• Frage: formulieren Sie die eigentliche Frage
• Voraussetzung/Motivation: geben Sie eine kurze Erklärung, warum die Frage aufkommt
• Geben Sie einen kurzen Vorgriff auf mögliche Antworten (bei Diskussionen ist dies hilfreich, um Folgefragen vorzubereiten)
4. Führen Sie ein Notizbuch für Ihre Fragen und Erkenntnisse, um Ihren Fortschritt und Ihre Ideen im Auge zu behalten.
5. Wenn Sie ein Referat zu einer Passage oder einem Interpretationsansatz halten möchten, melden Sie sich bitte vorher bei mir. Dann kann ich Ihnen auch gezielt weitere Literaturhinweise geben. In jedem Fall sollten Sie sich auf etwa 10-20 Minuten beschränken, in denen Sie:
- eine konkrete Textpassage oder Interpretationsthese in den Fokus rücken,
- eine bestimmte Frage (bezogen auf einen problematischen Aspekt) aufwerfen,
- erläutern, warum die Frage aufkommt,
- einen Weg aufzeigen, wie die Frage beantwortet werden kann,
- andeuten, was man gegen diese Antwort einwenden könnte,
- andeuten, was sich auf diesen Einwand erwidern ließe
Die ersten vier Punkte dienen dem Verständnis; die letzten zwei sollen die Diskussion vorbereiten.
6. Ganz gleich, ob Sie sich jetzt schon für eine konkrete Prüfungsform interessieren oder nicht, konsultieren Sie den Hagener Leitfaden für philosophische Arbeiten.
Literatur (wird noch ergänzt)
Claude Panaccio, Mental Language: From Plato to William of Ockham. Translated by J. P. Hochschild and M. K. Ziebart, Fordham University Press 2017
Arens, Hans, Aristotle’s Theory of Language and Its Tradition: Texts from 500 to 1750, sel., transl. and commentary by Hans Arens, Amsterdam und Philadelphia 1984.
Lenz, Martin, Mentale Sätze: Wilhelm von Ockhams Thesen zur Sprachlichkeit des Denkens, Stuttgart: Steiner 2003.
––, „Oratio mentalis und Mentalesisch: Ein spätmittelalterlicher Blick auf die gegenwärtige Philosophie des Geistes“, in: J. Aertsen / M. Pickavé (Hrsg.), Herbst des Mittelalters? Fragen zur Bewertung des 14. und 15. Jahrhunderts (Miscellanea Mediaevalia 31), Berlin und New York: De Gruyter 2004, 105-130.
Meier-Oeser, Stephan, Die Spur des Zeichens: Das Zeichen und seine Funktion in derPhilosophie des Mittelalters und der frühen Neuzeit, Berlin und New York: de Gruyter 1997.
––, „Medieval Semiotics“, in: Edward N. Zalta (Hrsg.), The Stanford Encyclopedia of Philosophy 2003, URL = http://plato.stanford.edu/entries/semiotics-medieval.
––, „Sprache und Bilder im Geist: Skizzen zu einem philosophischen Langzeitprojekt“, Philosophisches Jahrbuch 111/2 (2004), 312-342.
–– „The Intersubjective Sameness of Mental Concepts in Late Scholastic Thought (and some Aspects of Its Historical Aftermath)“, in: Gyula Klima (Hrsg.), Intentionality, Cognition and Mental Representation in Medieval Philosophy, Fordham: Fordham University Press.
Perler, Dominik, Theorien der Intentionalität im Mittelalter, Frankfurt/Main: Klostermann 2002.