Präsenzveranstaltung

Die Frage nach der Gerechtigkeit ruft eines der ältesten Themen der Philosophie auf und ist zugleich von immer neuer Aktualität. Es zeigt sich jedoch schnell, daß mit „Gerechtigkeit“ sehr verschiedenes gemeint sein kann, was zum einen mit der Breite möglicher Anwendungen des Begriffs zu tun hat, zum anderen aber aus seinen internen semantischen Differenzen resultiert, auf deren systematische Durchdringung die Philosophie seit Aristoteles großen Wert gelegt hat. In dem Seminar wird es darum gehen, zum einen die verschiedenen Dimensionen von „Gerechtigkeit“ als individueller oder sozialer Tugend einerseits, als Strukturmerkmal von gesellschaftlichen, ökonomischen und anderen Systemen andererseits zu betrachten. Dem werden zugleich die klassischen Unterscheidungen von kommutativer und distributiver, von Straf- und Einzelfallgerechtigkeit, von Gesetzes- und Verfahrensgerechtigkeit an die Seite gestellt. Am Ende des Seminars soll eine Grundeinsicht in das, was „Gerechtigkeit“ in jedem Fall meinen muß, gewonnen worden werden.

Die Bereitschaft zur Referatübernahme ist Teilnahmevoraussetzung für das Seminar. Die Themen werden in der Reihenfolge des Eingangs der Meldungen vergeben, die Sie bitte direkt an den Leiter (thomas.hoffmann) richten; geben Sie bei der Meldung zwei Präferenzen aus der untenstehenden Liste an. Ggf. erfolgt eine Mehrfachbesetzung mit Ersatzreferenten. Hausarbeitsthemen können dabei auch unabhängig von der Referatswahl abgesprochen werden.

Referatthemen

1. Gerechtigkeit als individuelle Tugend bei Platon
2. Allgemeine und spezielle Gerechtigkeit bei Aristoteles (Nikomachische Ethik V)
3. Strafgerechtigkeit und Billigkeit bei Aristoteles (Nikomachische Ethik V)
4. Strafgerechtigkeit bei Kant und Hegel
5. „Gerechtigkeit“ im Rechtspositivismus (Hans Kelsen)
6. Gerechtigkeit als Grundlagenbegriffs des Rechts (Gustav Radbruch)
7. Politische Gerechtigkeit: Der Ansatz von John Rawls in seinen Grundzügen
8. Die „Idee der Gerechtigkeit“ nach Amartya Sen
9. Die Kritik am Begriff der „sozialen Gerechtigkeit“ bei Friedrich August von Hayek
10. Die Lehre vom „gerechten Preis“ – überholt oder noch bedeutsam? (Peter Koslowski)
11. Die Bedeutung der Gerechtigkeit (Wolfgang Kersting)

Literaturhinweise

• Aristoteles, Nikomachische Ethik
• Hayek, Friedrich August von: Recht, Gesetz und Freiheit, Tübingen 2003.
• Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts
• Höffe, Otfried: Gerechtigkeit: Eine philosophische Einführung, München 2021.
• Horn, Christoph / Scarano, Nico (Hg.): Philosophie der Gerechtigkeit: Texte von der Antike bis zur Gegenwart, Frankfurt am Main 2002.
• Kant, Metaphysik der Sitten. Rechtslehre (AA VI)
• Kelsen, Hans: Was ist Gerechtigkeit? Wien 1953.
• Kersting, Wolfgang: Die Bedeutung der Gerechtigkeit, München 2010.
• Kriele, Martin: Kriterien der Gerechtigkeit. Zum Problem des rechtsphilosophischen und politischen Relativismus, Berlin 1963.
• Koslowski, Peter: Prinzipien der Ethischen Ökomomie, Tübingen 1988.
• Platon, Politeia
• Radbruch, Gustav: Rechtsphilosophie, Heidelberg 1999.
• Rawls, John: Gerechtigkeit als Fairneß. Ein Neuentwurf, Frankfurt am Main 2003 (u.ö.).
• Sen, Amartya: Die Idee der Gerechtigkeit, München 2010 (u.ö.).
• Welzel, Hans: Naturrecht und materiale Gerechtigkeit, Göttingen 1980 (u.ö.).
• Tammelo, Ilmar: Theorie der Gerechtigkeit, Freiburg / München 1977.