Präsenzveranstaltung

(Leib-)Körper finden sich – allgemein gesprochen – in der Lebenswelt vor. Sie beziehen sich sinnhaft auf die lebensweltlichen Horizonte, in denen sie sich bewegen, wahrnehmen und sprechen. Da die Gegebenheit der Lebenswelt historisch gebunden ist, besteht eine Herausforderung darin, das Wie der Lebenswelt zu beschreiben und auf ihre strukturellen Bedingungen hin zu analysieren, da darüber sich wiederum etwas über die Bedingungen der Erfahrungen und Erfahrungspielräume der Subjekte transparent machen lässt.

Technologische Entwicklungen verändern dabei nicht die Lebenswelt als solche, haben jedoch einen erheblichen Einfluss auf die Erfahrungs- und Handlungspielräume der Subjekte. Jean-Luc Nancy bspw. formuliert (mit Bezug auf die für ihn selbst lebensrettende Möglichkeit der Herztransplantation): „Man kreuzt eine persönliche Kontingenz mit einer Kontingenz in der Geschichte der Technik.“ (Nancy, Der Eindringling , 2000, 11) Die Kreuzung der subjektiven und der technikgeschichtlichen Kontingenz situieren „immer“ das ‚Ich‘ „eingezwängt in eine Lücke, in den engen Raum, den technische Möglichkeiten schaffen.“ (ebd.) 25 Jahre nach Nancys Feststellung und seiner chirurgischen Maßnahme können angehende (Herz-)Chirurg*innen mithilfe von VR-Brillen oder anderen technischen Setups bspw. Herzoperationen in einer sicheren und nicht lebensgefährlichen Umgebung – nämlich der Virtual Reality – an digital-erzeugten bzw. simulierten Körpern üben, ohne dass ein Körper aus ‚Fleisch‘ zu basalen Übungszwecken herhalten muss. Wird der von Nancy angesprochene Raum technischer Möglichkeiten, in denen sich die Subjekte befinden, durch das Digitale weiter verengt oder erweitert? Welche Konsequenzen folgen daraus für den (Leib-)Körper?

An dieser Schnittstelle werden Fragen nach digitalen Körpern dringlich: Was ist ein digitaler Körper: Der (Leib-)Körper in einer digitalen Lebenswelt oder auch ein digital-simulierter Körper für Trainingszwecke im virtuellen Raum? Wird ein Körper durch seine Umgebung digital? Was heißt es, einen digitalen Körper zu haben? Kann ein digitaler Körper im positiv-singulären Sinne existieren oder lassen sich digitale Körper eher komparativ-plural verstehen? Welche emanzipatorischen Möglichkeiten entstehen durch die Idee digitaler Körper?

Das Seminar widmet sich in einem ersten Schritt dem Leib-Körperbegriff, der für Existierende die Voraussetzung zur Erschließung von Welt und Sinn ist (I). Aufbauend auf diesem Verständnis werden lebensweltliche Verschränkungen diskutiert, indem verschiedene Strukturen („Struktion“, „agencement“, „Lebenswelt“ und/oder „Raum“) erarbeitet werden (II). In einem dritten Schritt soll eine gemeinsame Grundlage geschaffen werden, um sich begrifflich über die technischen Neuerungen der allgegenwärtigen Digitalität zu verständigen (III), um abschließend die Fragen nach dem digitalen Körper (im singulären Sinne) bzw. den digitalen Körpern (im pluralen Sinne) nachzugehen (IV) und ihrer Reichweite und ihren Grenzen zu diskutieren.

Organisatorisches