Call for Papers

Medienpädagogische Professionalisierung und Professionalität: Zusammenführung von Entwicklungen aus Theorie, Forschung und Praxis

Thema

Die Beschäftigung mit Fragen im Kontext von Professionalisierung und Professionalität sowie den Voraussetzungen, unter denen sie ablaufen bzw. hergestellt werden, gehört seit jeher zu den zentralen Forschungsgegenständen der erziehungswissenschaftlichen Fachdebatte (Combe & Helsper 1996; Kraul et al. 2002; Helsper 2021). In einer von Digitalität geprägten und sich stetig weiterentwickelnden Gesellschaft kommt gerade der medienpädagogischen Professionalität pädagogischer Akteur:innen eine wichtige Bedeutung zu. Pädagog:innen haben die Aufgabe, Menschen in unterschiedlichsten formalen, non-formalen und informellen Bildungskontexten zu unterstützen, einen möglichst selbstbestimmten, sozial verantwortlichen und kreativen Umgang mit Medien und den gesellschaftlichen Implikationen der Digitalisierung zu entwickeln. Durch den „medial mitkonstituierte[n] Charakter der Medienpädagogik“ (Hugger 2001, S. 44) sieht sie sich als erziehungswissenschaftliche Teildisziplin deshalb stetig mit der Aufgabe konfrontiert, sich mit ihren Ansätzen von Professionalität und Professionalisierung zu beschäftigen und aktuelle Medienentwicklung in ihren theoretisch-konzeptionellen wie empirischen Arbeiten zu reflektieren. Dabei ist sie durch ihre „Querstruktur“ weder auf eine spezifische Ziel- oder Altersgruppe fokussiert noch auf spezielle institutionelle Zusammenhänge beschränkt (vgl. ebd., S. 44f.). Medienpädagogische Professionalisierung und Professionalität können daher als übergreifende Aufgabe begriffen werden, die sich in allen pädagogischen Arbeitsfeldern stellt (vgl. Hugger 2008).

Letzteres wird auch in der bildungspolitischen Diskussion auf nationaler und internationaler Ebene aufgegriffen, indem Erwartungen an und Standards für medienpädagogisch-professionelles Handeln formuliert wurden (u. a. Digital Education Action Plan, DigCompEdu, TPACK-Modell). Zu konstatieren ist, dass die Strategiepapiere und Kompetenzmodelle ein technisch-funktionalistisches Verständnis von Medien aufweisen und die Auseinandersetzung von Pädagog:innen mit Medien als eine Form von Anwendungswissen bezeichnen (vgl. Altenrath et al., 2020; Bellinger & Dehmel, i. E.). Eine systematische Integration medienpädagogischer Konzepte findet sich darin jedoch nicht wieder, was aus fachwissenschaftlicher und professionspolitischer Perspektive kritisch zu reflektieren ist.

Der 2017 von der Sektion Medienpädagogik der DGfE veröffentlichte “Orientierungsrahmen für die Entwicklung von Curricula für medienpädagogische Studiengänge und Studienanteile” (Sektion Medienpädagogik/DGfE) leistet einen wichtigen Beitrag für die Klärung grundlegender Themenfelder, die im Rahmen der akademischen Professionalisierung von Pädagog:innen zu berücksichtigen sind. Allerdings ist auch der fachwissenschaftliche Diskurs gegenwärtig sehr komplex und weist Schnittmengen zur allgemeinen erziehungswissenschaftlichen Debatte auf. Diese basiert beispielsweise auf professionstheoretischen Strömungen, die ein je spezifisches Verständnis professionellen Handelns vertreten und kompetenztheoretische, strukturtheoretische, berufsbiographische und praxeologisch-wissenssoziologische Konzepte entwerfen (Bonnet & Hericks 2022). Auch in den medienpädagogisch ausgerichteten Arbeiten finden sich klare Bezüge, inhaltliche Schnittmengen oder Konvergenzpunkte mit diesen professionstheoretischen Zugängen (u.a. Bellinger 2023; Bolten-Bühler 2021; Dehmel 2023; Dertinger 2023; Friedrichs-Liesenkötter 2016; Helbig 2023; Hugger 2021; Thumel 2024). Die medienpädagogische Professionsdebatte hat hier eine enorme Perspektivenvielfalt mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Zugängen entwickelt und vielschichtiges theoretisches wie empirisches Wissen produziert.

Gerade wegen diesen vielschichtigen Entwicklungen und Strömungen, stellen sich bislang unzureichend geklärte Fragen nach Zusammenführungen und Synergien sowie Differenzierungen und Abgrenzungen aktueller Verständnisse medienpädagogischer Professionalisierung und Professionalität unterschiedlicher pädagogischer Berufsgruppen und -bilder. Dies war Ausgangspunkt einer AdHoc-Gruppe beim DGfE-Kongress 2024 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Das hohe Interesse an der Ad-Hoc-Gruppe und ihr produktiver Verlauf gaben den Impuls für eine Arbeitstagung zum Thema „Medienpädagogische Professionalisierung und Professionalität: Zusammenführung von Entwicklungen aus Theorie, Forschung und Praxis“, die vom 06. bis 07. Februar 2025 an der Fernuniversität in Hagen stattfinden wird. Die Arbeitstagung wird in einem offenen und kreativ-konstruktiven Format aktuelle Fragen medienpädagogischer Professionalisierung und Professionalität, ihrer Weiterentwicklung und interdisziplinären Anschlussfähigkeit sowie der Sichtbarmachung von Forschungsdesiderata und -ansätzen thematisieren. Für diese Zielsetzung freuen wir uns über Einreichungen zu folgenden Fragestellungen und darüber hinaus:

  • Wie können Konzepte medienpädagogischer Professionalisierung und Professionalität theoretisch und methodologisch weitergeführt werden und in welchem Zusammenhang stehen neue Konzepte zu früheren Ansätzen?
  • Welche professionstheoretischen Ansätze (z.B. der Erziehungswissenschaft sowie darüber hinaus) sind geeignet für einen eigenständigen und systematischen Ansatz medienpädagogischer Professionalisierung und Professionalität?
  • Welche (historischen) Konzepte medienpädagogischer Professionalisierung und Professionalität existieren bereits im medienpädagogischen Diskurs und welche aktuelle Relevanz weisen diese für heutige Diskussionen auf?
  • Welche disziplinäre Verantwortung trägt die Medienpädagogik vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher und bildungspolitischer Entwicklungen für die Konzeption eines einheitlichen und systematischen Verständnisses medienpädagogischer Professionalität?
  • Wie lassen sich medienpädagogische Konzepte zur Professionalisierung und Professionalität besser in bildungspolitische Debatten und Papiere implementieren?

Einreichungen und Zeitplanung

Wir möchten Wissenschaftler:innen aller erziehungswissenschaftlicher Teildisziplinen (und darüber hinaus) einladen, sich mit eigenen Arbeiten an der Tagung zu beteiligen und gerne auch vorläufige Ergebnisse und noch nicht abgeschlossene Projekte vorzustellen. Wir möchten explizit auch Wissenschaftler:innen in Qualifikationsphasen zu einer Einreichung aufrufen. Geplant sind 20-minütige Vorträge mit einer anschließenden 10-minütigen Diskussion am ersten Tag. Am zweiten Tag liegt der Fokus auf der übergreifenden Diskussion und der Zusammenführung der unterschiedlichen Perspektiven und Positionen. Wir bitten um Einreichungen von kurzen Abstracts im Umfang von max. 200 Wörtern bis zum 15.11.2024 an mepro2025. Nach einem Review der eingereichten Beiträge durch die Organisator:innen erfolgt eine Rückmeldung bis zum 13.12.2024. Es ist geplant, die Ergebnisse der Arbeitstagung im Rahmen eines Special Issues in einer Fachzeitschrift zu veröffentlichen.


Literatur

Altenrath, M., Helbig, C., & Hofhues, S. (2020). Deutungshoheiten. Digitalisierung und Bildung in Programmatiken und Förderrichtlinien Deutschlands und der EU. In K. Rummler, I. Koppel, S. Aßmann, P. Bettinger, & K. D. Wolf (Hrsg.), Jahrbuch Medienpädagogik 17. Lernen mit und über Medien in einer digitalen Welt (S. 565-594). Zürich: Zeitschrift MedienPädagogik.

Bellinger, F. (2023). Grundbildung Medien im Studiengang Erwachsenenbildung. Untersuchung zu medienpädagogischen Professionalisierungsstrategien. Bielefeld: wbv.

Bellinger, F. & Dehmel, L. (i.Dr.). Europäische Bildungsinitiativen als Rahmen medienpädagogischer Professionalisierung. Rekonstruktive Analysen zum Medien(bildungs)begriff. In: F. Bellinger, C. Thon, & A. Wischmann (Hrsg.): Bildung in Europa. Perspektiven außerschulischer Bildung in, aus und durch Europa. Weinheim: Beltz Juventa.

Bolten-Bühler, R. (2021). Medialer Habitus von Lehrenden in der Erwachsenenbildung. Biografische Analysen medienpädagogischer Professionalisierung. Bielefeld: wbv.

Bonnet, A. & Hericks, U. (2022). Professionalisierung in Schule und Fachunterricht aus der Perspektive der Praxeologischen Wissenssoziologie. In R. Bohnsack, A. Bonnet, & U. Hericks (Hrsg.), Praxeologisch-wissenssoziologische Professionsforschung: Perspektiven aus Früh- und Schulpädagogik, Fachdidaktik und Sozialer Arbeit (S. 59–85). Julius Klinkhardt. https://doi.org/10.25656/01:25641

Combe, A. & Helsper, W. (1996) (Hrsg.). Pädagogische Professionalität. Untersuchungen zum Typus pädagogischen Handelns. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Dehmel, L. (2023). Medienpädagogische Professionalisierung in der beruflichen Weiterbildung. Eine Studie aus Perspektive der biografischen Medienforschung. Wiesbaden: Springer VS.

Dertinger, A. (2023). Zwischen normativen Erwartungen und habitueller Handlungspraxis. Eine rekonstruktive Studie zum unterrichtlichen Medienhandeln von Lehrpersonen. Wiesbaden: Springer VS.

Friedrichs-Liesenkötter, H. (2016). Medienerziehung in Kindertagesstätten. Habitusformationen von angehenden ErzieherInnen. Wiesbaden: Springer VS.

Helbig, C. (2023). Grundzüge einer medienpädagogischen Organisationsforschung. Theoretische und empirische Anknüpfungspunkte zwischen Organisationen und medienpädagogischer Forschung. Zürich: Zeitschrift MedienPädagogik.

Helsper, W. (2021). Professionalität und Professionalisierung. Eine Einführung. Opladen: Barbara Budrich.

Hugger, K.-U. (2001). Medienpädagogik als Profession. Perspektiven für ein neues Selbstverständnis. München: Kopaed.

Hugger, K.-U. (2008). Berufsfeld und Arbeitsmarkt für Medienpädagogen. In U. Sander, F. von Gross & K.-U. Hugger (Hrsg.), Handbuch Medienpädagogik (S. 564–570). Wiesbaden: VS Verlag.

Hugger, K.-U. (2021). Professionalität und Professionalisierung im Handlungsfeld Medienpädagogik. In J. Dinkelaker, K.-U. Hugger, T.-S. Idel, A. Schütz, & S. Thünemann (Hrsg.), Professionalität und Professionalisierung in pädagogischen Handlungsfeldern: Schule, Medienpädagogik, Erwachsenenbildung (S. 83–140). Opladen & Toronto: Verlag Barbara Budrich.

Kraul, M., Marotzki, W. & Schweppe, C. (2001). Biographie und Profession. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

Thumel, M. (2024). Handeln im Feld der Medien- und informatischen Bildung. Eine explorative Interviewstudie mit Bildungspraktiker:innen über deren teilformalisierte Aktivitäten mit Kindern im mittleren Kindesalter. Zürich: Zeitschrift MedienPädagogik.

Mediendidaktik | 11.10.2024