Kolloquium
- Thema:
- „Wir sind hier seltsam frei“: Begriff und Erfahrung von Freiheit preußischer Amerikaauswanderer zwischen 1830 und 1880. Ein Werkstattbericht.
- Referent/-in:
- Dennis Möbus, Hagen
- Adresse:
- FernUniversität Hagen Neubau KSW, Universitätsstraße 33 Gebäudeteil B, Raum B 0.025
- Termin:
- 09.01.2018, 18:15 Uhr
Das Promotionsvorhaben widmet sich den Begriffen und Erfahrungen von Freiheit preußischer Amerikaauswanderer im 19. Jahrhundert. Dazu werden hauptsächlich Briefserien herangezogen, die aufgrund ihrer zeitlichen Erstreckung eine biographische Perspektive auf den Migrations- und Akkulturationsprozess erlauben. Vor diesem methodischen Hintergrund soll eine narrative Spurensuche den subjektiven Interpretationen von Freiheit nachgehen. Als analytische Schablone dient ein semantisches Feld, dem eine lexikalische Auswertung des Freiheitsbegriffs im Untersuchungszeitrum zugrunde liegt.
Der historische Rahmen für diese Untersuchung ist signifikant: Die Möglichkeit des Landerwerbs und die Gewährung von Bürgerrechten in den USA bedeuteten für die preußischen Auswanderer einen eklatanten Zugewinn an persönlicher, politischer und wirtschaftlicher Handlungsfreiheit. Den Erfahrungen mit diesen Spielräumen soll nachgespürt werden, um diese mit den individuell entwickelten Begriffen von Freiheit ins Verhältnis zu setzen.
Ziel ist es, die großen kollektiven Freiheitsnarrative des 19. Jahrhunderts – sowohl auf deutscher als auch auf amerikanischer Seite – durch eine subjektive Perspektive zu ergänzen bzw. sie ihnen als Korrektiv gegenüberzustellen. Denn der Verheißung von Freiheit folgte zwar zuweilen deren Erfahrung, oft aber auch das Scheitern – was die Frage aufwirft, ob die „seltsame“ Freiheit einen preußischen Auswanderer überfordern konnte. Berücksichtigt werden muss in diesem Zusammenhang, dass die von den weißen, christlichen Einwanderern in den USA genossenen Freiheiten anderen Bevölkerungsgruppen verschlossen blieben. Diese Asymmetrie wurde unter den Auswanderern zum Teil leidenschaftlich diskutiert und bildet eine wichtige Facette des in der Geschichtswissenschaft längst kritisch diskutierten Selbstverständnisses des „Land of the Free“.