Kolloquium
- Thema:
- Die Anfänge des letzten Zarentums. Politische Eschatologie in der Moskauer Rus’ zwischen Byzanz und dem Heiligen Römischen Reich
- Referent/-in:
- David Khunchukashvili, Berlin
- Adresse:
- FernUniversität, Universitätsstraße 33, Gebäude 2, Raum 4+5
Sofern Sie an einer TN per Zoom interessiert sind, wenden Sie sich bitte an karin.gockel@fernuni-hagen.de - Termin:
- 05.03.2024, 18:15 Uhr
Ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts fing das lose Konglomerat der russischen Teilfürstentümer schrittweise an, sich in eine christliche Autokratie mit dem Moskauer Großfürsten und späteren Zaren an der Spitze zu verwandeln. Eine entscheidende Rolle in der Legitimation des christlichen Zarentums spielten die in der gesamten orthodoxen Ökumene weit verbreiteten Endzeiterwartungen. Sie hingen mit dem Glauben an das Ende der Welt im Jahre 7000/1492 zusammen. Sowohl der Fall Konstantinopels im Jahre 1453 als auch das nicht eingetretene Jüngste Gericht brauchten eine theologische Erklärung. Diese bestand in der erstmaligen Projektion der eschatologischen, auf das Buch Daniel zurückgehenden Vorstellung vom letzten christlichen Reich auf das aufstrebende Moskauer Großfürstentum durch den Metropoliten Zosima im Vorwort zur Ostertafel für das angebrochene 8. Millennium.
Ausgehend von dieser Entwicklung, die bereits in der vorrevolutionären Forschung Aufmerksamkeit erlangte und die besonders in den letzten 30 Jahren immer ausführlicher thematisiert wird, werden im Rahmen dieses Vortrages die folgenden Fragen diskutiert: Auf welche Weise wurde das politisch-eschatologische Gedankengut in der Moskauer Rus’ rezipiert und zum Zweck der Herrschaftslegitimation herangezogen? Worin bestehen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Aktualisierung dieses Gedankenguts in der Moskauer Rus’ im Vergleich zu den anderen christlichen Reichen? Und schließlich: Wie können diese Gemeinsamkeiten und Unterschiede erklärt werden? Die vergleichende Perspektive auf die politische Eschatologie ermöglicht es, eine Brücke zwischen den west- und osteuropäischen Endzeitvorstellungen zu schlagen und dadurch die Geschichte der Moskauer Rus’ als Teil der Geschichte des christlichen Europa zu verstehen.