Tagungsthema
Mit Medienpädagogik in die Zukunft
Entwürfe, Begründungen und (inter-)disziplinäre Begegnungen
In Zukunft erwartet uns ein Leben, das in all seinen Bereichen stärker als bisher von Digitalisierung, Technologisierung, Datafizierung, Hybridisierung und intensiveren Verschmelzungen von Menschen und Maschinen geprägt sein und uns gleichzeitig mit Krisen, Konflikten oder möglichen (Cyber-)Kriegen konfrontieren wird. Verunsicherungen und das damit einhergehende Bedürfnis nach Antworten entstehen, z. B. durch den Einsatz von Algorithmen und daraus resultierende Fragen nach «Reduktion» und «Kontrolle», durch das Aufkommen datenintensiver digitaler Plattformen und damit verbundene Steuerungserwartungen an Bildung durch grosse Datenmengen und Analysetools, durch neue epistemische Akteure wie ChatGPT und andere (Sprach-)Bots sowie durch Technologien, die für uns entscheiden, Empfehlungen geben, künftiges Handeln prognostizieren, aber auch Intransparenz evozieren.
Angesichts zu erwartender gravierender Veränderungen in allen Lebensbereichen stehen diese Themen allerdings nicht mehr nur im Fokus der Medienpädagogik, sondern sind zunehmend Diskussions- und Forschungsgegenstand weiterer Teildisziplinen der Erziehungs-/Bildungswissenschaft und darüber hinaus. Zugleich fordern wissenschaftliche wie bildungspolitische Initiativen die Medienpädagogik auf, sich zu positionieren. Damit rufen aktuelle gesellschaftliche Veränderungen infolge der veränderten Mensch-Technik-Beziehung nicht nur eine unklarer werdende Stellung der Subjekte in medialen Lebenswelten und neue Aktanden hervor, sondern sie erfordern vor allem eins: viele Entwürfe, neue und alte Begründungen und (inter-)disziplinäre Begegnungen mit und von Medienpädagogik als Disziplin und Profession.
Auch daher steht Medienpädagogik vor der Anforderung, (ihre) Zukunftsentwürfe zu explizieren, ebenso wie ihre disziplinären Begründungen offenzulegen und damit die eigene Befassung mit Digitalisierung und Digitalität zu ihrem Gegenstand zu machen. Dass dafür (inter-)disziplinäre Begegnungen und Reflexionen nötig sind, macht bereits der Blick auf die Entwicklungsgeschichte der Medienpädagogik deutlich. So liegt die Entstehung der wissenschaftlichen Medienpädagogik etwas mehr als 50 Jahre zurück. Die Gründung als DGfE-Sektion hat die Medienpädagogik vor 25 Jahren vollzogen. Und nicht zuletzt durch eine Reihe engagierter politischer Aktionen hat sich die Medienpädagogik als erziehungswissenschaftliche Disziplin auch gesellschaftlich etabliert: «KBOM! – Medienbildung als gesamtgesellschaftliches Handlungsfeld gestalten» oder das Dagstuhl- und Frankfurt-Dreieck als Resultat der interdisziplinären Tagung zu digitaler Bildung sind hier exemplarisch zu nennen.
Wir möchten daher ausdrücklich nach den Errungenschaften von Medienpädagogik als Disziplin und Profession fragen, nicht zuletzt, um ihren disziplinären Forschungs- und Erkenntnisvorsprung zum Verhältnis von Erziehungs-/Bildungswissenschaft und Medien/Technik herauszuheben, nach ihren (normativen) Zielsetzungen und Menschenbildern bzw. sozio-/ontologischen Vorannahmen, aber auch nach ihren Positionen, Aufgaben- und Handlungsfeldern bzw. Forschungsbereichen mit Blick auf die Zukunft.
Das Tagungsmotto «Mit Medienpädagogik in die Zukunft» nimmt diese Überlegungen kritisch-reflexiv auf: Indem wir etwa die Historizität aktueller Medienpädagogik bestimmen und befragen, haben wir im Sinne einer Bestandsaufnahme somit ein ausgeprägtes Interesse daran, auf der Herbsttagung die (historischen) Gewordenheiten gemeinsam nachzuzeichnen, Entwicklungslinien zu skizzieren, ebenso wie nach möglichen Leitideen und Positionsbestimmungen zu fragen, die die Medienpädagogik seit ihrer Gründung trägt und zukünftig voranbringen will. (Rück-)Blicke in die Themenhefte und Jahrbücher der Medienpädagogik erweisen sich dabei als hilfreich. Von Anbeginn werden beispielsweise Schlüsselbegriffe der Medienpädagogik (z. B. in Themenheft 20 der Zeitschrift MedienPädagogik) genauso diskutiert wie Methoden und Methodologien (z. B. in Jahrbuch 10). Mit der Medienpädagogik als Teildisziplin der Erziehungs-/Bildungswissenschaft setzt sich insbesondere Jahrbuch 6 auseinander. Es nimmt eine Standortsuche und -bestimmung vor und weist Forschungsfelder und -methoden ebenso aus wie Hinweise zu einer medienpädagogischen Aus-/Bildung. Zugleich werden darin inter- und transdisziplinäre Bezüge und Kontexte sichtbar. Die Vielfalt an Zugängen und Perspektiven demonstrierte die Medienpädagogik als «lebendige Disziplin» (Jahrbuch 6, Editorial), deren Stärke sich in ihrer Offenheit, Aufnahmefähigkeit, ihrer kritischen Reflexionskraft, ihrem Mitwirkungs- und Gestaltungswillen offenbart(e).
Der Call for Papers ist abgeschlossen.