E-Learning bietet vielfältige Potenziale – eines davon ist auch die Möglichkeit eigene Lehr-Lernsettings internationaler auszurichten (bspw. durch zu jeder Zeit und von jedem Ort abrufbare Lerninhalte). Doch funktioniert E-Learning eigentlich überall gleich oder gibt es möglicherweise lokale Unterschiede, die Einfluss auf die Gestaltung und den Umgang mit digitalen Lehr-Lernmedien haben können? Ein Aufenthalt im Rahmen des Erasmus-Staff-Exchange-Programms der FernUniversität bot mir die Chance, dies einmal an der University of Edinburgh in Schottland unter die Lupe zu nehmen.
Ein paar Infos zur University of Edinburgh
Die University of Edinburgh ist die größte Universität in Schottland und gilt als sehr forschungsstark – laut eigener Aussage steht sie UK-weit an dritter Stelle (nach Oxford und Cambridge). Mich hatte allerdings weniger die Forschung zu E-Learning dort interessiert – ich wollte vor allem mehr über die dort angebotenen Online-Studiengänge, die dort eingesetzten Medien und die Unterstützungsangebote für Lehrende in der Onlinelehre wissen. Ohne jetzt komplett ins Detail gehen zu können (und auch zu wollen), sind mir die folgenden Punkte als besonders markant hängengeblieben.
Weiterbildungen im Bereich Hochschuldidaktik
An der University of Edinburgh gibt es verschiedenste Programme für die Lehrenden im Bereich E-Learning – dies reicht von Zertifikatsprogrammen, sogenannten PG Certicificates (PG= Post Graduate) oder PG Diplomas, bis hin zu kompletten Masterprogrammen. Im Unterschied zu unseren Kursen wird hier sehr konsequent auf der Basis von Credit Points gerechnet. Ein einzelner Kurs umfasst in der Regel 20 oder 10 CP und ist auch mit einem entsprechend hohen Arbeitsaufwand verbunden. Zum erfolgreichen Abschluss sind vorher festgelegte Aufgaben (sogenannte Assignments) zu bearbeiten, die auch immer benotet werden. (Ebenfalls ein großer Unterschied zu unserem Angebot hier, wobei ich mir nicht sicher bin, wie ich das finde. Aus Lehrendensicht bin ich eigentlich recht froh, keine Benotungen in der Weiterbildung vornehmen zu müssen.)
Blogs, wohin man schaut
Blogs sind sehr verbreitet, sie werden sehr häufig in den Weiterbildungen eingesetzt und die Teilnehmenden dazu angeregt (oder auch im Rahmen der Assignments quasi „gezwungen“) über ihre Lernprozesse und Erfahrungen zu reflektieren und sich kritisch mit Tools oder Lernformen auseinanderzusetzen. Eingesetzt wird dabei WordPress – was zunächst zu Diskussionen führte, da die Hochschule eigentlich mit einem anderen CMS arbeitet.
Die Entscheidung für WordPress fiel dann aber wohl vor dem Hintergrund dreier Argumente:
- seiner Verbreitung, weshalb die Fähigkeit mit WordPress zu arbeiten als „digital literacy“ angesehen wird,
- seiner Niedrigschwelligkeit im Umgang und der Einrichtung (dies ist bspw. in einigen Studienprogrammen besonders relevant, deren Teilnehmende nicht aus UK, sondern größtenteils aus Ländern mit schlechter IT-Struktur kommen)
- der vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten in WordPress (dies wurde bspw. als Chance für Diversität gesehen, da damit neue multimediale Ausdrucksformen abseits reiner Textkommunikation möglich sind)
MOOCs sind in Schottland verbreitet
Ebenfalls interessant fand ich, wie häufig MOOCs in der Lehre eingesetzt werden. (Diese sind häufig für alle Interessierten geöffnet und umsonst – Lernende, die ein Zertifikat oder eine Prüfung in dem Kurs ablegen, zahlen dafür dann eine entsprechende Gebühr.) Edinburgh ist laut eigener Aussage führend in UK, was den Einsatz von MOOCs angeht. Dies scheint mir ein ziemlicher Gegensatz zu Deutschland zu sein, wo sich dieses Format meines Erachtens kaum durchgesetzt hat. Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass die vermittelten Inhalte für die meisten Studierenden im Rahmen ihrer regulären Programme verpflichtend sind und sie daher an den MOOCs teilnehmen müssen. (Aussagen dazu, wie die Studierenden dieses Angebot finden, habe ich leider nicht herausfinden können – nur, dass es anfangs Beschwerden von denen gab, die für die Prüfungen zahlen mussten, weil sie das Modell wohl nicht verstanden haben.)
Fellowship der Higher Education Academy
Bei aller Vielfalt gibt es für die Weiterbildungen im Bereich Lehre eine Gemeinsamkeit: Sie stellen alle unterschiedliche Zugangswege zu einem Fellowship der Higher Education Academy dar. Die HEA ist eine, zunächst UK-weite, mittlerweile auch internationale Non-Profit-Organisation, die sich für Qualität und Standards im Bereich der Universitätslehre einsetzt. Mitglied bzw. Fellow kann man auf unterschiedlichen Stufen werden, aber schon die erste wird nicht einfach so erreicht, sondern es müssen die jeweils erforderlichen Kompetenzen auf jeder Stufe nachgewiesen und durch ein lokales Komitee an der eigenen Hochschule bestätigt werden. Fellowships sind nicht verpflichtend, wenn man in UK an Universitäten lehren will, aber bei Bewerbungen wird mittlerweile darauf geachtet und teilweise halten wohl auch Vorgesetzte ihre Mitarbeitenden dazu an. (Dies scheint also ein wenig vergleichbar mit dem HD-Zertifikat bei uns zu sein.)
Ein Webblog zur universitären Lehre
Und schließlich als letzter Punkt: der Blog „Teaching Matters“ der University of Edinburgh. Ich muss ehrlich sagen, ich bin schon ein bisschen neidisch. Der Blog hat über 3.000 regelmäßige Leser*innen, davon sind wir wohl leider noch weit entfernt (was aber nicht heißt, dass wir da nicht auch mal hin wollen). Veröffentlicht werden pro Woche zwei neue Artikel – das ist also durchaus mit dem e-KOO-Blog vergleichbar. Gut gefallen hat mir auch, dass nicht nur das Blogteam diese Artikel schreibt, sondern sehr häufig auch Lehrende in Gastbeiträgen über ihre Lehre und Projekte berichten. (Eine Idee, über die wir hier auch schon nachgedacht haben.) Dies ist noch etwas, das mir häufig in Edinburgh aufgefallen ist: Es gibt sehr viele Communities, die sich mit der universitären Lehre beschäftigen, sich regelmäßig treffen und austauschen. Diese werden häufig bewusst als Angebote für erfahrene Lehrende beworben, die weniger Interesse an den Zertifikats- oder Workshopprogrammen haben. Auch hier war es leider schwierig, herauszufinden, wie diese Communities angestoßen bzw. am Leben gehalten werden. Meine Gesprächspartner*innen berichteten häufig, dass diese schon existierten, als sie anfingen an der University of Edinburgh zu arbeiten und aufgrund der hohen Bedeutung, die Lehre (insbesondere von politischer Seite) beigemessen wird, so regen Zulauf haben.
Fazit
Dies soll erst einmal genug der Eindrücke für diesen Artikel sein. Wer mehr erfahren möchte, kann mich gerne direkt kontaktieren. Infos zum Erasmus-Staff-Exchange an der FernUni gibt es beim International Office. Ich persönlich kann diese Möglichkeit wirklich nur jeder *jedem empfehlen. Es war eine unglaublich tolle Woche mit vielfältigen Eindrücken und Anregungen für meine Arbeit hier. Manchmal hat mir zwar etwas der Kopf geraucht, weil es so viele Infos waren, aber auch das lies sich verschmerzen. Was ich jedoch völlig vergessen habe, vor lauter Eindrücken, war tatsächlich ein paar Fotos für diesen Artikel zu machen. Es gibt allerdings eins von meinen schottischen Gastgeber*innen, die mich natürlich prompt zu einem kleinen Beitrag für den Blog ihres Instituts „verhaftet“ haben.