Rückblick: Tagung „Künstliche Intelligenz und Diversität in der Hochschulbildung“

Bisher stand der November als Tagungsmonat an der FernUniversität immer im Zeichen des Mobile Learning Day, der von der Forschungsgruppe Mobile Learning um Professorin de Witt ausgerichtet wurde. In diesem Jahr war allerdings alles anders, denn der etablierte Termin wurde nun für eine Tagung genutzt, die sich den aktuellen Themenfeldern Künstliche Intelligenz und Diversität in Bezug auf Hochschulbildung widmete und gemeinsam mit dem Forschungsschwerpunkt D2L2 durchgeführt wurde.

Aufgrund anderer Termine konnte ich leider an den Vorträgen am Vormittag nicht teilnehmen, was mich auch jetzt noch etwas ärgert, weil sie alle sehr interessant klangen. Da es aber nun mal ist, wie es ist, werde ich im folgenden ein paar Eindrücke aus den Beiträgen vom Nachmittag wiedergeben.

Prof. Dr. Enkelejda Kasneci von der Eberhard-Karls-Universität Tübingen stellte in ihrem Vortrag „Machine Learning in Education“ vor. Sie selbst kommt aus der Informatik und hat ihren Fokus Mensch-Computer-Interaktionen gelegt, was sich auch an den methodischen Ansätzen, der von ihr vorgestellten Forschungsprojekte zeigte (ein starker Schwerpunkt auf den Einsatz von Eye-Tracking und Blickanalysen). Für mich als jemanden, die nicht so tief im Thema Künstliche Intelligenz drinsteckt, war die zu Beginn des Vortrags noch einmal verdeutlichte Abgrenzung zwischen den Begriffen deep learning, machine learning und artificial intelligence interessant. Im Anschluss stellte Frau Kasneci verschiedene Vorteile des Einsatzes von maschinellem Lernen in Bildungskontexten vor, wobei sie einen besonderen Schwerpunkt auf die Verbesserung der Effizienz von Lernprozessen sowie Learning Analytics legte. Diese Punkte verdeutlichte sie anhand von Einblicken in Forschungsprojekte, die sich vor allem mit der Analyse von Aufmerksamkeit sowohl bei Lehrenden als auch bei Lernenden befassen. Spannend war dabei ihr Befund zur Synchronität von Lernenden – um es etwas salopper auszudrücken: Das alte Vorurteil von Eltern und Lehrer*innen scheint sich zu bestätigen – nebeneinander sitzende Schüler*innen passen sich in ihrem Aufmerksamkeitsverhalten einander an. Der altbekannte Rat, sich im Unterricht nicht neben jemanden zu setzen, der*die nicht aufpasst, scheint also wirklich zu stimmen.

Dr. Anja Gottburgsen vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung beschäftigte sich in ihrem Vortrag mit dem Zusammenhang von Diversität, Digitalisierung und Studienerfolg. Bereits zu Beginn wies sie dabei auf einen für sie zentralen Punkt hin: In Bezug auf Diversität kann nicht vorab festgelegt werden, welche Kategorie jeweils relevant wird. Hier ist eine starke Situationsabhängigkeit gegeben, darüber hinaus sind die einzelnen Kategorien auch nicht immer klar voneinander abgrenzbar in ihrem Einfluss. Insbesondere von der Digitalisierung im Bildungsbereich wird erwartet, dass sie die Diversität der Lernenden unterstützt bzw. diverse Lehr-Lernsettings fördert. Die Untersuchungen von Frau Gottburgsen konnte diese Annahme nicht jedoch nicht so eindeutig bestätigen, auch hier scheint wieder der Faktor der Situationsabhängigkeit wirksam zu werden. Für die FernUni aus meiner Sicht besonders interessant waren zwei weitere ihrer Befunde: Studierende in Blended Learning Settings schnitten besser ab als in reiner Präsenz – das scheint mir unseren Ansatz hier zu stärken. Allerdings zeigte sich auch, dass der Dropout bei reinen Onlineangeboten immer noch hoch ist – hieran sollten wir auch als FernUni durch geeignete Blended Learning Ansätze arbeiten. Frau Gottburgsen kritisierte abschließend, dass in der Forschung bisher systematische Vergleiche der Nutzungsmuster von Medien fehlen sowie experimentelle Untersuchungen. Insbesondere bei dem letzten Punkt bin ich etwas unsicher, wie dies umsetzbar sein soll: Eine zufällige Zuordnung von Diversitätsmerkmalen, die für eine Aufteilung in Experimental- und Kontrollgruppe gegeben sein müsste, scheint mir nicht möglich – vielleicht denke ich da jetzt aber auch in eine falsche Richtung.

Prof. Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der FernUniversität stellte in ihrem abschließenden Vortrag schließlich die Frage nach den rechtlichen Voraussetzungen der Nutzung von Daten in der Bildungsindustrie. Für mich war dabei vor allem der weite Blick interessant, den sie aufspannte und dabei zeigte, wie unterschiedlich Daten in den verschiedenen Rechtsgebieten (etwa Strafrecht oder Zivilrecht) behandelt werden. Wichtig scheint mir auch der Hinweis, dass für den Datenschutz nicht nur personenbezogene Daten relevant sind, sondern auch personenbeziehbare Daten, worunter noch einmal eine deutlich größere Anzahl potenzieller Fälle zu rechnen ist. Auch die Ausführungen dazu, dass data ownership, also die Frage, wem eigentlich welche Daten gehören, immer wichtiger wird, waren für mich Anknüpfungspunkte, über die ich noch einmal weiter nachdenken möchte. Schließlich stellt Frau Völzmann-Stickelbrock das Modell der Lizenzerteilung zur Datennutzung durch die Datengeber*innen als möglichen Lösungsansatz vor – ebenfalls ein spannender Gedanke, wobei ich hier gerne noch mehr Informationen hätte, wie das konkret umgesetzt wird.

Auch wenn ich leider nur die Hälfte der Vorträge hören konnte, war es eine für mich sehr gewinnbringende Tagung und ich bin gespannt, ob es eine Fortsetzung im nächsten November geben wird oder ein anderes Thema im Fokus liegt. Sofern es der Kalender zulässt, werde ich aber versuchen, wieder dabei zu sein.



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