Was für eine Frage! Natürlich kennen Sie Twitter. Schließlich ist der Kurznachrichtendienst seit 2006 zu einer der wichtigsten Quellen für Informationen geworden. Wir möchten Ihnen den Dienst trotzdem noch einmal vorstellen und zeigen, wie er in der Lehre eingesetzt werden kann. Ein paar Beispiele und Vorschläge sollen zeigen, dass es sehr unterschiedliche Ideen gibt, wie die 280 Zeichen (vormals 140), die für einen Tweet zur Verfügung stehen, gewinnbringend genutzt werden können.
Der sogenannte Microbloggingdienst Twitter wird von ca. 330 Millionen monatlich aktiven Mitgliedern genutzt (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Twitter). Manche davon sind sehr bekannt, manche eher nicht. Die große Chance wie auch die Gefahr von Twitter ist die Tatsache, dass jede Person Nachrichten verfassen kann, die von allen gesehen werden können. So werden Verschwörungstheorien leider genauso verbreitet wie wichtige Nachrichten. Wie so oft kommt es also darauf an, was daraus gemacht wird.
Wie Twitter genau funktioniert und welche Funktionen es gibt, kann auf der Seite Twitter in der Bildung der Bundeszentral für politische Bildung nachgelesen werden. Wir möchten uns in diesem Beitrag auf konkrete Beispiele beschränken, die die Vorlage für eigene Ideen werden können.
Eine kleine Vorbemerkung ist dennoch notwendig: Studierende dürfen generell nicht „gezwungen“ werden, Konten bei externen Anbietern anzulegen. Sollen Studierende also mit persönlichen Konten Beiträge leisten, kann diese Aufgabenstellung nur freiwillig sein. Abhilfe könnte eine kollaborative Aufgabenstellung schaffen, bei der alle Beteiligten ein gemeinsames Twitter-Konto benutzen.
Meet the Experts!
Viele Wissenschaftler*innen sind selbst auf Twitter unterwegs. Natürlich gehört ein wenig Glück dazu, genau die Expert*innen auf Twitter zu treffen, die für den jeweiligen Themenbereich wichtig sind, der gerade mit den Studierenden bearbeitet wird. Wenn die Personen jedoch gefunden werden, können Studierende direkt mit ihnen in Kontakt kommen. Dadurch ist die Kontaktaufnahme mit Wissenschaftler*innen sehr viel einfacher als noch vor 20 Jahren. Ob die Expert*innen dann auch antworten, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Aber einen Versuch ist es allemal wert. Als Lehrende*r können diese Kontaktaufnahmen gefördert werden, wenn bekannt ist, wer auf Twitter aktiv ist. In dem Fall kann gesteuert werden, welche Fragen bearbeitet werden und welche Meinungen von den Expert*innen dazu eingeholt werden sollen.
Historische Ereignisse aufleben lassen
An der University of Luxembourg wurde im Master in European Contemporary History 2014 ein Projekt gestartet, dass die Ereignisse des Ersten Weltkriegs 100 Jahre später in Form von Tweets wiederholte. Unter dem Twitter-Handle @RealTimeWW1 arbeiteten Studierende des Masters an daran, die Ereignisse Tag für Tag zu rekonstruieren. Dabei war eine der größten Herausforderungen, die Quellen zum Ersten Weltkrieg zu sichten und zu analysieren, um dann zu entscheiden, welche Ereignisse in dieser Zeit von besonderer Relevanz waren.
Eine ähnliche Herangehensweise kann für jedes historische Ereignis gewählt werden. Studierende müssen dabei in einer Gruppenarbeit Quellen sichten, in eine zeitliche Reihenfolge bringen und analysieren, welche Informationen wichtig sind und welche nicht.
Detailierte Informationen zu dem immer noch laufenden Projekt können auf der Website des Projekts abgerufen werden.
[Update, 26.8.2020] Unter dem Handle @Krieg7071 werden Ereignisse des deutsch-französischen Kriegs von 1870/71 nacherzählt.Diskutieren Sie!
Seit einigen Jahren werden unter den Hashtags #EdChat und #EdChatDE auf Englisch und Deutsch Ereignisse und Meinungen rund um das Thema Bildung diskutiert. Die Hashtags sind mittlerweile sehr etabliert und eine Plattform für rege Diskussionen. Jede*r kann sich an der Diskussion beteiligen, den Hashtags kann aber auch ohne eigenen Beiträge befolgt werden. Das Problem bei dieser Art von Diskussion ist, dass die Diskussionsbeiträge sehr ungeordnet sind und vielfach nicht genau nachvollzogen werden kann, wie eine Diskussion verlief. Zwar gibt es auch bei Twitter Threads, die über das Beantworten von Tweets entstehen, das wird aber nicht von allen Nutzenden eingehalten. Auf der anderen Seite ist der Vorteil bei dieser Art von Diskussion, dass viele unterschiedliche Stimmen zu hören sind und die Menge an Ideen für Werkzeuge und Szenarien sehr vielfältig ist.
Eine weitere Idee für die Anregung von Diskussionen in Präsenzveranstaltungen ist die Einrichtung einer sogenannten Twitterwall. Bei Anbietern wie wall.io oder tweetwally.com können teilweise kostenlos Twitterwalls eingerichtet werden, die in Echtzeit die Tweets zu einem bestimmten Hashtag oder Konto anzeigen. Das dient dann zur Sammlung von Anregungen, Fragen und weiterführenden Materialien. Lehrende können die Fragen in einer Präsenzveranstaltung aufgreifen.
Ach ja, bevor wir es vergessen… Die e-KOO ist natürlich auch auf Twitter unterwegs, nur für den Fall, dass Sie es noch nicht wussten. 🙂
Haben Sie weitere Ideen zur Nutzung von Twitter in der Lehre? Haben Sie von Beispielen an anderen Hochschulen gehört, die auch für die FernUni interessant wären? Hinterlassen Sie gerne einen Kommentar unten.
Die Nutzung von Twitter bei Präsenzveranstaltungen kann – wenn die Veranstaltung z.B. nicht gestreamt wird – die Inhalte dennoch nach draußen tragen und so andere teilhaben lassen. Oftmals werden dann Fragen oder Diskussionbeiträge, die auf Twitter gepostet werden, von Präsenzteilnehmer*innen in die Veranstaltung gebracht (z.B. bei Barcamps). Bei einem Stream ist die Twitterwall sehr praktisch, um den Teilnehmendenkreis zu erweitern. Diese sollte dann aber nach Möglickeit moderiert werden, damit nicht alles ungefiltert dort landet.
Twitter eignet sich für Studierende wie Mitarbeitende für den Aufbau einer Community, in der man eigene Ideen zur Diskussion stellen kann, sehen kann, an was andere arbeiten oder welche Lösungen andere entwickelt haben. Es dient selbstredend auch der Vernetzung – wie viele habe ich über die Jahre zunächst auf Twitter getroffen und später dann im „richtigen Leben“ – einige sind zu sehr guten Freund*innen geworden!
Darüber hinaus kann Twitter eine Art „Kaffeeküche“ sein, in der man sich auf einen Schnack trifft, Neuigkeiten informell austauscht, sich verabredet oder einfach mal Dampf ablässt. Während einer Klausur-/Hausarbeitenphase habe ich Twitter mit einigen Kommilitoninnen so genutzt: Wir haben alle brav an unseren Studienaufgaben gearbeitet und uns ca. alle 1,5 Stunden für 15 Minuten auf Twitter „getroffen“ – haben unser Leid geklagt, Fortschritte ausgetauscht, Fragen beantwortet oder einfach nur beim Käffchen prokrastiniert. Herrlich. Und danach ging es wieder an die Aufgaben. Es half uns sehr, zu wissen, dass wir nicht alleine in unserem Kämmerlein hocken, sondern wir das irgendwie „gemeinsam“ machen.
Schließlich ist Twitter gerade für Institutionen auch ein schönes Tool, Neuigkeiten, Veranstaltungshinweise etc. schnell und unkompliziert zu teilen sowie mit den Nutzer*innen ins Gespräch zu kommen, aber auch, sich mit anderen, ähnlichen Institutionen zu vernetzen und gegenseitig informell zu schauen, was man so macht. Auch hier muss zunächst natürlich eine entsprechende Community aufgebaut werden.