Innovative Lehrprojekte – Interview mit Dr. Christian Julmi

Portrait Dr. Christian Julmi
Foto: Nadezhda Julmi

In der Reihe „Innovative Lehrprojekte“ stellen wir die Projekte vor, die im Rahmen der Zertifikatsprogramme HD-NRW und E-Teaching-Zertifikat entstanden sind. Diesmal mit: Dr. Christian Julmi aus der Fakultät Wirtschaftswissenschaft, der sich im Rahmen seines Projekts mit der Umgestaltung eines Präsenzseminars zum Thema „Einsatz von ästhetischen Methoden in Unternehmen“ beschäftigt hat. Das Thema eignet sich besonders für den Einsatz innovativer didaktischer Methoden. Im Interview erzählt Christian Julmi von den Ideen die dem Projekt zugrunde lagen.

Wie bist du auf die Idee zu deinem Projekt gekommen?

Die Idee, ein Seminar zum Thema Ästhetik in Organisationen zu machen, schleppe ich schon eine Weile mit mir herum. Als ich mir erste Gedanken über die Inhalte des Projekts machte, war mir recht schnell klar, dass sich die Ästhetik in besonderem Maße anbietet, alternative Methoden in der Lehre auszuprobieren. In der Ästhetik geht es ja nicht nur darum, dass etwas schön ist, sondern auch darum, dass wir etwas auf eine neue Art und Weise sehen und begreifen. Ein ästhetisches Erlebnis durchkreuzt unsere Erwartungen und löst einen positiven Überraschungs- oder Aha-Effekt aus. Dadurch öffnet sich unsere Aufmerksamkeit für neue Einflüsse und es können Lernprozesse in Gang gesetzt werden. Ästhetik und Lernen hängen eng zusammen. Der didaktische Reiz des Themas für das Seminar bestand also darin, dass die Ästhetik didaktisch gesehen Inhalt und Methode vereint.

Welche Überlegungen lagen der Umsetzung des Projekts zugrunde?

Die Studierenden sollten im Rahmen einer zweitägigen Präsenzveranstaltung verschiedene Themen aus dem Feld der organisationalen Ästhetik präsentieren, also zum Beispiel zum Einsatz von Unternehmenstheater. Die Präsentation erfolgte jedoch nicht als Einzel-, sondern als Gruppenarbeit, wobei eine Gruppe aus drei bis vier Studierenden bestand.
In der Ausgestaltung ihrer Präsentation hatten die Studierenden freie Hand. Die einzige Anforderung bestand darin, das Thema so innovativ und interaktiv wie möglich zu präsentieren und klassische Vortragsformate möglichst zu vermeiden. Anstatt der üblichen Berieselung in Präsenzveranstaltungen hatten die Studierenden dadurch die Möglichkeit, die verschiedenen Themen als Beteiligte zu erfahren. Die direkte praktische Anwendung sollte zu einer Verstärkung der Lerneffekte und zu einer erhöhten Aktivierung der Teilnehmenden während der gesamten Veranstaltung führen.

Welche Herausforderungen sind dir während der Planung und der Durchführung begegnet?

Die größte Herausforderung schien mir im Vorfeld die Vorbereitung auf die Präsenzveranstaltung zu sein. Schließlich sollten die Studierenden mit anderen, die sie nicht kennen und denen sie vorher noch nie begegnet sind, ein innovatives und interaktives Konzept entwickeln. Den Studierenden ging es da ganz ähnlich, wie sich in Gesprächen während der Veranstaltung herausgestellt hat. Es zeigte sich aber, dass diese Bedenken im Vorfeld unbegründet waren und sich nach einer kurzen Findungsphase eine tolle Eigendynamik entwickelt hat. Schade war lediglich, dass in dem Themenfeld „Kunstbasierte Methoden in Unternehmen: Bildende Kunst“ nur eine von vier Studierenden ihre Arbeit abgegeben hatte. Dies ist relativ ungewöhnlich, da man eigentlich einen ganz guten Puffer hat, aber so war eine Gruppenarbeit hier nicht mehr möglich und wir mussten uns spontan ein passendes Alternativformat für das Themenfeld überlegen. Dass dies am Ende so gut geklappt hat, ist nicht zuletzt dem tollen Engagement der Studierenden zu verdanken!

Wie war die Reaktion der Studierenden?

Die Intensität und die Qualität des in erster Linie von den Studierenden getragenen Seminars waren unglaublich. Die präsentierenden Studierenden wechselten sich in ihren Rollen beständig ab, während die übrigen Teilnehmenden die meiste Zeit über mit einbezogen wurden, beispielsweise durch Gruppenarbeit, kleine Workshops, aktivierende Übungen oder die direkte Anwendung der vorgestellten Methoden. Am Ende waren es zwei Tage auf permanent höchster Konzentrationsstufe, in denen die gesamte Runde als Einheit zusammengewachsen ist und niemand negativ aus der Reihe fiel. In der abschließenden Feedback-Runde waren die Studierenden entsprechend vom Niveau der Veranstaltung begeistert. Insbesondere der interaktive Charakter und das besondere Format des Seminars haben bei den Studierenden einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Auch die schriftliche Evaluation des Seminars war durchweg positiv.

Was planst du noch für die Zukunft im Zusammenhang mit dem Projekt?

Als Seminar ist das Projekt ja jetzt gelaufen. Insgesamt hat sich aber gezeigt, dass der Aufwand des Projekts sowohl für die Studierenden als auch für das Betreuerteam überdurchschnittlich hoch war. Auch wenn es sich am Ende für alle bezahlt gemacht hat, ist das Seminar in diesem Format – auch aufgrund der Besonderheit des Themas – so nicht wiederholungsfähig. Es gibt aber viele einzelne Elemente, wie zum Beispiel die Nutzung von Adobe Connect, die ich zukünftig beibehalten möchte. Mein didaktisches Repertoire hat durch das Projekt auf jeden Fall ordentlich an Umfang und Qualität gewonnen.

Wie hat sich die Teilnahme an den Workshops des Zertifikatsprogramms auf dein Projekt ausgewirkt?

Ziemlich umfassend, würde ich sagen. So kamen zum Beispiel aktivierende Methoden und Adobe Connect zum Einsatz, für die ich im Rahmen der Workshops sensibilisiert wurde. Das wichtigste war in meinen Augen aber, dass man sich aufgrund des Projektcharakters mal umfassend Gedanken über mögliche Innovationen in der eigenen Lehre macht. Das ist etwas, das im Alltag leider nur allzu schnell untergeht.



Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert