Eine Methode zur stärkeren Aktivierung von Studierenden, die sich besonders für Blockveranstaltungen eignet, bei denen die Inhalte nicht von Anfang an feststehen müssen, ist die BarCamp-Methode. Dabei wählen die Teilnehmenden der Veranstaltung aus, welche Themen sie vorstellen, diskutieren oder gemeinsam erarbeiten möchten. Der Beitrag stellt die Methode im Detail vor und schlägt sinnvolle Einsatzmöglichkeiten vor.Der Begriff BarCamp setzt sich aus den englischen Wörtern „bar“ (hier: in der Informatik gebräuchlicher Begriff für einen Platzhalter) und „camp“ (hier: (Zelt-)Lager) zusammen (vgl. BarCamp auf Wikipedia). Es handelt sich also von der Wortbedeutung her um ein Zusammentreffen – oft auch über mehrere Tage –, bei dem vorher noch nicht klar ist, welche Themen bearbeitet werden sollen. Es gibt lediglich eine thematische Klammer, ansonsten sind die Teilnehmenden aufgefordert, die Themen einzubringen, die sie interessieren. Für jedes Thema gibt es eine Session.
Ablauf eines BarCamps
Es gibt nur eine Handvoll klar definierter Regeln, wie ein BarCamp ablaufen sollte. Allerdings kann gleich zu Anfang festgehalten werden, dass diese Regeln nicht unbedingt befolgt werden müssen. Vielmehr können sich die Veranstaltenden und die Teilnehmenden auch über Abweichungen einigen. Generell läuft ein BarCamp im klassischen Sinn aber folgendermaßen ab:
- Die Veranstaltenden legen den Zeitplan fest und organisieren Räumlichkeiten und Moderationsmaterial etc. für die Sessions. Je nach Größe des Teilnehmendenkreises kann das bedeuten, dass mehrere Sessions parallel laufen müssen.
- Am Anfang wird ein Kick-Off eingeplant, bei dem jede*r Teilnehmende aufgerufen ist, einen Themenvorschlag für eine Session zu machen. Vorgefertigte Karten für die Sessions helfen ihnen dabei. Nachdem die Teilnehmenden Zeit bekommen haben, sich Sessions auszudenken, werden Sie gebeten, sie vorzustellen und zusammenzufassen, was in der Session geplant ist. Alle anderen dürfen daraufhin abstimmen, ob sie die Session besuchen würden oder nicht. Tatsächlich werden Sessions, für die sich niemand meldet, auch nicht mit ins Programm genommen. Mit den „genehmigten“ Session wird der Zeitplan nach und nach aufgefüllt (s. Foto oben).
- Die Teilnehmenden, die eine Session vorgeschlagen haben, sind für die thematische und methodische Ausgestaltung der Sessions verantwortlich. Regeln gibt es dabei keine, allerdings ist es wünschenswert, dass es keine reinen „Referatssessions“ gibt.
- Die Session-Leiter*innen sind dafür verantwortlich, die Ergebnisse der Sessions zu dokumentieren. Wie das geschieht, sollte durch die Veranstaltenden vorher festgelegt werden. Es bietet sich an, z. B. kollaborative Dokumente anzulegen oder einzelne Interview-Videos mit den Leiter*innen aufzunehmen.
- Gegebenenfalls wird noch eine Abschlusssession mit eingeplant, in der die Leiter*innen die wichtigsten Ergebnisse vorstellen, sodass alle anderen Teilnehmenden die Möglichkeit haben, sich einen Überblick zu verschaffen.
Neben den Ablaufregeln werden häufig weitere Regeln für alle Teilnehmenden aufgestellt, die den Rahmen für das BarCamp bilden. Im Bild rechts ist ein Beispiel zu sehen, dass einem BarCamps an der TH Köln entnommen wurde. Die abgebildeten Regeln lauten:
- Rede über das BarCamp.
- Blogge über das BarCamp.
- Wenn du teilnehmen möchtest, trage deine Idee in den Sessionplan ein.
- Stelle dich mit maximal 3 Hashtags vor.
- So viele parallele Sessions wie es die Räumlichkeiten vorgeben.
- Keine vorgeplanten Präsentationen, keine passiven Besucher.
- Eine Session dauert genau so lange wie nötig, aber maximal 45 Minuten.
- Nimmst du zum ersten Mal an einem BarCamp teil, dann sein präsent, stell Fragen oder finde Gleichgesinnte.
Das ist nur ein Beispiel für die BarCamp-Regeln, die beliebig angepasst werden können.
Adaption des Formats auf die Hochschullehre
Das Format BarCamp eignet sich sicherlich nicht ohne weiteres für die Übernahme als Lehr-/Lernmethode im Hochschulbereich. Da das vorrangige Ziel eines „normalen“ BarCamps der Austausch und das Entwickeln von neuen Ideen ist, wird in der Regel nur eine sehr lockere thematische Klammer vorgegeben. Sollen jedoch in einer Blockveranstaltung bestimmte Inhalte bearbeitet werden, muss vorher genau bedacht werden, wie die „traditionellen“ Regeln angepasst werden.
- Räumlichkeiten und Teilnehmendenzahl: die Teilnehmendenzahl ist nach oben hin unbegrenzt, allerdings sollten mind. 20 Personen an der Veranstaltung teilnehmen. Räumlichkeiten müssen nach Bedarf gebucht werden. Bei kleinen Kursen reicht aber auch evtl. ein größerer Raum.
- Die Auswahl an Themen kann natürlich auch vorgegeben werden. Je nachdem, ob die Teilnehmenden vorher bereits die Gelegenheit bekommen haben, Sessions vorzubereiten oder nicht, müsste eine Vorbereitungssession mit eingeplant werden. Beispielsweise könnten mehrere Fälle oder Problemstellungen vorgegeben werden, die die Teilnehmenden bearbeiten und vorstellen müssen. Bei geringer Sessionzahl kann es auch nur einen Strang geben, sodass alle Studierenden an allen Sessions teilnehmen können.
- Ebenso kann auch die Ausgestaltung der Sessions vorgegeben werden, etwa durch die Vorgabe von Entwurfsmustern.
Fazit
Die BarCamp-Methode kann nur dann funktionieren, wenn die Inhalte stimmen und die Zielgruppe bereit ist, sich darauf einzulassen. Daher sollten Lehrende, die den Einsatz der Methode planen, sich vorher genau überlegen, welche Inhalte sie für welche Zielgruppe auswählen und wie eng die Begleitung des gesamten Prozesses ausfallen muss. Eines sollte allerdings immer bedacht werden: Dadurch, dass die Studierenden die Eigenverantwortung in den Sessions übernehmen, besteht die Gefahr, dass nicht alle Aspekte erarbeitet werden können, die vorher von den Verantwortlich vorgesehen waren. Die Methode eignet sich also vor allem dann, wenn das Ergebnis des Prozesses offen sein darf.
Wie schätzen Sie den Nutzen der Methode für Ihre Lehre ein? Haben Sie bereits selbst in anderen Zusammenhängen an einem BarCamp teilgenommen? Teilen Sie Ihre Erfahrungen mit anderen, indem Sie unsere Kommentarfunktion benutzen!
Methodensteckbrief
Voraussetzungen
- Raumbuchung: Anzahl Räume abhängig von Teilnehmendenzahl und voraussichtlicher Zahl der Sessions
- Material: Laptops, Beamer, Moderationsmaterial
- Inhalte: Entscheidung, ob Inhalte vorgegeben oder durch Teilnehmende vorgeschlagen werden sollen
Ablauf
- Kick-Off: Einteilung Sessionplan
- (Vorbereitungssession)
- Durchführung Sessions durch Teilnehmende
- Ergebnissicherung durch Session-Leiter*innen
- Abschlusspräsentationen der wichtigsten Ergebnisse
Ziele und Vorteile
- hohe Aktivierung der Studierenden
- Eigenverantwortlichkeit bei der Inhaltserarbeitung stärken
- Einbettung vieler unterschiedlicher Perspektiven auf ein Thema
- Abwechslungsreiche Gestaltung von Blockveranstaltungen
- Regeln zur Durchführung variabel
Nachteile
- eignet sich nur für bestimmte Inhalte und Zielgruppen
- teilweise Verlust der dozentischen Deutungshoheit bei Inhalten