von Maria-Luisa Barbarino und Alexander Sperl
Der Gender Day 2017 am 12.12. bot ein stimmiges Programm aus Vorträgen und Workshops rund um das Thema „Gender in der Lehre“. Die Workshops am Nachmittag beschäftigten sich mit Geschlechterstereotypen und wie man sie vermeiden kann. Die e-KOO war mit zwei Workshops zur gendergerechten Erstellung von Studienmaterialien am Nachmittag dabei. Dabei wurde sowohl Schriftsprache als auch Bildsprache analysiert.
Rektorin Prof.in Dr.in Pellert wies am Anfang des Tages darauf hin, dass die Beschäftigung mit dem Themengebiet Gender zu einer Qualitätssteigerung in allen Bereichen führt. Darüber hinaus ist die Vermittlung von Gender-Kompetenz an Studierende ein wichtiges gesellschaftliches Feld. Im täglichen beruflichen Zusammenleben trägt der respektvolle Umgang miteinander zu einer besseren Atmosphäre bei.
Chancengleichheit als Grundsatz
Die Vizepräsidentin für Studium, Lehre und Chancengleichheit der Georg-August-Universität Göttingen, Prof.in Dr.in Andrea Bührmann, stellte in ihrem Vortrag die Aktivitäten an ihrer Uni vor. Da sie gleichzeitig die Direktorin des Instituts für Diversitätsforschung ist, gab es im Vortrag einen großen theoretischen Anteil. Ziel und Zweck des Themas sind für sie gerechte und transparente Bildungsprozesse. Diskriminierung bzw. Privilegierung beeinträchtigen ausgeglichene Bildungserfolge. Der Grundsatz der Chancengleichheit ist aber im Grundgesetz verankert und muss daher von allen Institutionen beachtet werden. Natürlich ist es schwierig an altehrwürdigen Universitäten mit einer langen, erfolgreichen Geschichte Veränderungsprozesse anzustoßen. Dennoch gab es auch an der Uni Göttingen ein Diversitäts-Audit und die Uni ist der Charta der Vielfalt beigetreten. Prof.in Bührmann stellt heraus, dass zielgruppenspezifische Maßnahmen und Projekte realisiert werden, wenn dies nötig ist. Wenn möglich, können aber auch zielgruppenübergreifende Projekte und Maßnahmen zum Einsatz kommen.
Nach der Vorstellung des Projekts Gender in der Lehre und einer Science Corner mit den beiden Professorinnen der FernUni, die einen Forschungsschwerpunkt in den Gender Studies vertreten, Prof.in Dr.in Ulrike Lembke (Lehrstuhl Gender im Recht) und Jun.-Prof.in Dr.in Irina Gradinari (Junior-Professur für literatur- und medienwissenschaftliche Genderforschung), standen dann am Nachmittag drei Workshops auf dem Programm.
Vermeidung von Geschlechterstereotypen in der Lehre
Der erste Workshop „Geschlechterstereotype, ihre Folgen und wie wir sie in der Lehre vermeiden!“ von Maria-Luisa Barbarino diente zur Selbstreflexion über eigene Stereotype und zur Sensibilisierung für ungleiche Chancenverteilung in unserer Gesellschaft und im Studium. Er startete damit, dass sich alle Teilnehmenden in die Rolle einer Studentin oder eines Studenten mit ganz unterschiedlichen Merkmalen hineinversetzen sollten. So gab es die alleinerziehende Mutter mit drei Kindern, den Insassen einer Strafvollzugsanstalt, die erblindete Studentin oder aber den Spitzensportler. Nach diesem eingenommenen Perspektivwechsel starteten alle an einer Ausgangslinie. Es wurden daraufhin verschiedene Situationen vorgelesen, die die Teilnehmenden in ihrer Rolle mit Ja oder Nein beantworten sollten. Für jedes Ja durften die Teilnehmenden sich einen Schritt von der Ausgangslinie wegbewegen. So verteilten sich die Teilnehmenden schnell im Raum. Manche blieben nahe der Ausgangslinie stehen, andere ginge große Schritte. Die meisten aber verteilten sich in der Mitte des Raums. So wurde schnell deutlich, dass Menschen unterschiedliche Chancen haben, nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch im Studium. In der anschließenden Diskussion, in der alle Teilnehmenden nun wieder ihre Rollen verlassen konnten, wurde herausgearbeitet, dass wir alle Stereotype über bestimmte Gruppen haben und dass das Wissen über diese über ganz unterschiedliche Informationskanäle bezogen wird. Anschließend wurde diskutiert, was Lehrende tun können, um die eigene Lehre möglichst chancengerecht zu gestalten.
(Bild-)Sprache als Reflexion der Gegebenheiten
Im zweiten Workshop „Gendersensibler Sprachgebrauch und was es zu beachten gilt!“ wurden die verschiedenen Möglichkeiten ausgelotet, wie gesellschaftliche Gegebenheiten in der Sprache reflektiert werden. Tanja Adamus stellte die Vorschläge vor, die unter anderem jetzt auch vom Duden Verlag gemacht werden (Richtig gendern). Dass dabei schnell eine intensive Diskussion um die richtigen Formen entbrannte war abzusehen. Richtig ist aber auch der Hinweis eines Teilnehmers, dass Sprache ein dynamisches System ist, das ständigen Veränderungen unterworfen ist. Vielleicht wird es in 50 Jahren mit Kopfschütteln quittiert, dass Anfang des Jahrtausends über Studierende oder Student_innen oder Student*innen diskutiert wurde, und eine der genannten Formen ist in den Schriftgebrauch der Menschen wie selbstverständlich übergegangen.
Schließlich wurde im dritten Workshop „Geschlechterstereotype in Bild- und Videomaterial und wie ich sie vermeide!“ die Bildsprache ins den Fokus genommen. Alexander Sperl zeigte die wenig verwunderlichen Ergebnisse bei einer Google Bildersuche nach Sekretärin und Chef. Die Stereotype, die in den ausgegebenen Bildern transportiert werden, werden nur ganz selten durch abweichendes Bildmaterial korrigiert. Allerdings gibt es auch einen starken Zusammenhang zwischen den Stereotypen, die in unserer Vorstellung existieren – und die zunächst einmal auch ganz neutral sein können – und dem, was in sogenannten Stock Photos dementsprechend bedient wird. Das wiederum ist ein guter Ausgangspunkt zur Vermeidung von Geschlechterstereotypen. Wenn wir selbst die Aussagen, dass Frauen und Männer nun einmal so oder so sind, hinterfragen, können wir auch bei der Auswahl von Bildern auf die Vermeidung von negativen Stereotypen achten.
Auch in nächsten Jahr wird es wieder einen Gender Day geben, voraussichtlich auch wieder am 12.12. Sobald es genaueres darüber zu berichten gibt, werden wir das hier im Blog tun. Weitere Informationen zum Thema Gender finden Sie auf den Seiten zur Gleichstellung an der FernUniversität in Hagen.